Vor rund 60 Jahren stürzten die kommunistisch geprägten kubanische Revolutionäre unter der Führung von Fidel und Raúl Castro und dem Argentinier Ernesto Guevara (genannt Che), den kubanischen Diktator Fulgencio Batista und errichteten einen sozialistischen Staat. „Bis zum Niedergang der ehemaligen UdSSR, dem Hauptgeldgeber der kubanischen Kommunisten, Anfang der Neunzigerjahre war Kuba ein verschlossenes Land, in dem auch Christen verfolgt wurden“, erklärt Dorothee Kuhs, Projektleiterin Lateinamerika des christlichen Hilfswerkes „Hilfe für Brüder International“ im Gespräch mit pro.
Mit dem Zerfall der ehemaligen Sowjetunion habe sich Kuba zunehmend gegenüber dem Westen ein wenig geöffnet. Seit 1992 ist die Religionsfreiheit wieder in der kubanischen Verfassung verankert. Das habe dazu geführt, dass viele Menschen sich dem christlichen Glauben zugewandt hätten und es Mitte der Neunzigerjahre zu einer geistlichen Erweckung kam.
Internet ist für viele zu teuer
„Auf Kuba wachsen viele christliche Gemeinden nach wie vor sehr stark, haben aber kaum Möglichkeit, an theologische Fachliteratur zu kommen“, erklärt Kuhs im Gespräch mit pro. Es mangele zum Beispiel an Druckerpapier in dem Land und an den finanziellen Mitteln, um große Druckmaschinen zu kaufen oder Bibelseminare auszubauen. Zur Zeit gibt es mehr als 40 evangelikal gesinnte Gemeindeverbände in dem Land. Einen Dachverband, vergleichbar der Evangelischen Allianz, gibt es in Kuba nicht.
Nach Einschätzung von Kuhs können Christen in dem autoritär regierten Land relativ frei ihren Glauben leben, auch wenn es nach wie vor Einschränkungen gebe. Zu Gottesdiensten dürfe beispielsweise öffentlich eingeladen werden. Viele Gemeinden in dem Land existierten jedoch als Hauskirchen, da der Staat den Gemeinden keinen Grundbesitzerwerb zubillige.
Mit anderen Christen weltweit in Kontakt zu kommen, sei schwierig. Dies liege an den horrenden Kosten für einen Internetzugang. In öffentlichen Parks sei zwar WLAN eingerichtet, aber die Gebühr von umgerechnet einem Dollar für eine Stunde Internetnutzung könne sich bei einem durchschnittlichen Monatslohn von rund 25 Dollar kaum jemand leisten. Seit diesem Jahr sei es in dem Land erstmals möglich, einen privaten Internetzugang im eigenen Haus zu haben. „Das ist für die allermeisten Kubaner schlicht unerschwinglich“, sagt Kuhs.
Pressefreiheit existiert nicht
Der Austausch von digitalen Inhalten erfolgt auf Kuba auf sehr ungewöhnliche Art. Eine offizielle Stelle der kommunistischen Partei veröffentlicht einmal im Monat das sogenannte „El Paquete“ (Das Paket), eine Sammlung staatlich geprüfter Inhalte von rund einem Gigabyte, das dann mittels USB-Sticks von Rechner zu Rechner weitergegeben wird. „Da sind unter anderem auch christliche Musik und christliche Filme mit dabei“, erklärt Kuhs. „Das Paket verteilt sich innerhalb von drei, vier Tagen auf ganz Kuba.“
Pressefreiheit existiert in dem Land nicht, alle Medien sind staatlich. Kontrolle über die verbreiteten Inhalte hat die Abteilung für Ideologie des Zentralkomitees der Kommunistischen Partei Kubas. Die Granma beispielsweise, eine Zeitung der kommunistischen Partei, sei zwar überall erhältlich, erklärt Kuhs, verbreite jedoch reine Propaganda der Partei.
Das sei sehr deutlich und leicht erkennbar. „Wer die internationalen Medien dagegen hält, kann da nur den Kopf schütteln.“ Auf der Rangliste der Pressefreiheit, die von „Reporter ohne Grenzen“ herausgegeben wird, belegte Kuba 2017 Platz 173 von insgesamt 180 Ländern.
Die christliche Menschenrechtsorganisation Open Doors listet Kuba bislang nicht auf dem Weltverfolgungsindex, beobachtet jedoch die Entwicklung der Religionsfreiheit in dem Land. Open-Doors-Angaben zufolge sind in dem Land alle Kirchenformen von der „staatlichen Kontrolle beeinträchtigt“. Gegenüber dem Weltverfolgungsindex 2017 habe es im jüngsten Berichtszeitraum mehr Verhaftungen von Christen gegeben, die an nichtregistrierten Versammlungen teilgenommen oder sich offen gegen das Regime ausgesprochen hatten.
Von: Norbert Schäfer