Eisham Ashiq gibt die Hoffnung nicht auf. Die 18-jährige Tochter der wegen Blasphemie inhaftierten Pakistanerin Asia Bibi glaubt weiterhin an die Freilassung ihrer Mutter. „Ich vertraue Gott, dass er sie befreien wird“, sagte Eisham der britischen Zeitung Daily Mail. Anlass ist die Entscheidung in Bibis Berufungsverfahren, die der Oberste Gerichtshof Pakistans noch diese Woche bekannt geben will. Die letzte Anhörung in dem Verfahren hatte am Montag stattgefunden.
Nur 20 Minuten mit der Mutter
Die Katholikin Asia Bibi war 2010 wegen angeblicher Beleidigung des muslimischen Propheten Mohammed und des Islam in Pakistan zum Tode verurteilt worden. Seitdem sitzt sie im Todestrakt – aus Angst vor Übergriffen anderer Häftlinge in Einzelhaft. Sollte das Gericht ihr Berufungsverfahren ablehnen, wäre sie die erste Pakistanerin, die wegen Blasphemie hingerichtet wird.
Tochter Eisham befindet sich zur Zeit mit ihrem Vater Ashiq Masih auf einer von der katholischen Hilfsorganisation „Kirche in Not“ organisierten Reise durch England, um Aufmerksamkeit für den Fall ihrer Mutter zu erhalten. Die Familie war nach Morddrohungen zwischenzeitlich untergetaucht. „Seit neun Jahren vermisse ich meine Mutter sehr. Ich stand ihr sehr nahe und es gab keinen Tag, an dem ich nicht gebetet hätte, dass sie nach Hause kommt“, sagte Eisham der Daily Mail. Das jüngste Treffen am Montag sei sehr emotional gewesen. Es habe wie üblich nur rund 20 Minuten gedauert und unter Aufsicht der Wachleute stattgefunden.
Vorwürfe gegen Asia Bibi sind unklar
2009 hatten Mitarbeiter auf einem Bauernhof, auf dem auch Bibi arbeitete, die Vorwürfe vorgebracht. Bibi soll muslimischen Kolleginnen Wasser angeboten haben; diese hätte erwidert, eine Christin solle nicht aus demselben Becher wie Muslime trinken und das Christentum beleidigt. Bibi habe dem entgegnet: „Ich glaube an Jesus Christus, der am Kreuz für die Sünden der Menschheit gestorben ist. Was hat euer Prophet Mohammed je getan, um die Menschheit zu retten?“ Daraufhin hätten die Frauen sie bei einem örtlichen Imam der Blasphemie beschuldigt. Ihre Aussagen hatten sich laut Bibis Anwälten jedoch im Nachgang als widersprüchlich herausgestellt.
Ein Mob war kurz darauf in Bibis Haus eingedrungen und hatte sie vor den Augen ihrer Kinder verprügelt. Die Polizei rettete sie zwar, nahm sie dann jedoch wegen der Blasphemievorwürfe fest. Eisham, eines von fünf Kindern, war damals 9 Jahre alt. Die Familie war die einzige katholische in dem Dorf.
Islamisten fordern Exekution
Der Fall schlug in Pakistan und darüber hinaus hohe Wellen. Zahlreiche westliche Hilfsorganisationen forderten Bibis Begnadigung. 2011 waren gar zwei pakistanische Politiker wegen ihrer Unterstützung Bibis ermordet worden. Der Gouverneur von Punjab, Salman Taseer, hatte dem Blasphemiegesetz, das zu Bibis Verurteilung geführt hatte, kritisch gegenüber gestanden. Der Minister für religiöse Minderheiten, Shahbaz Bhatti, war seinerzeit der einzige Christ in der pakistanischen Regierung und hatte Bibi ebenfalls unterstützt. Zu seiner Ermordung bekannte sich die radikalislamische Taliban.
Radikale Islamisten in Pakistan fordern seit der Anhörung am Montag, dass das Gericht die Todesstrafe für Bibi beibehalte. Die radikalislamische Partei Tehreek-e-Labbaik drohte den obersten Richtern mit „schweren Konsequenzen“, sollte Bibi freikommen. Für Freitag plant die Partei eine Kundgebung, auf der sie erneut die Todesstrafe für Bibi fordern will.
Bibi „wie Daniel in der Löwengrube“
Bibis Mann und Kinder sind seither trotz Gefahr für Leib und Leben zu Personen des öffentlichen Interesses geworden. 2015 trafen sie etwa Papst Franziskus. Bibi können sie nur aller ein paar Monate besuchen – die Reise zu dem Gefängnis dauert rund sechs Stunden und ist teuer.
„Wir vertrauen Gott, dass er sich in ihrer Leidenszeit um sie kümmert“, sagte Ehemann Masih der Daily Mail. Er verglich ihre Situation mit der biblischen Geschichte „Daniel in der Löwengrube“ und sagte, Bibi sei bereit, notfalls für Christus zu streben. „Wir glauben daran, dass sie freikommt. Aber die Umstände würden es nicht erlauben, dass sie in Pakistan als freie Frau lebt. Das würde sie nicht überleben.“
Westen muss Bibi Asyl gewähren
Die „British Pakistani Christian Association“ (Vereinigung britischer christlicher Pakistaner, BPCA) sieht das ähnlich – und forderte daher, jedes westliche Land müsse Bibi im Falle ihrer Freilassung Asyl anbieten. Vorsitzender Wilson Chowdhry sagte dem britischen Nachrichtenportal Christian Today, der Westen müsse Pakistan zur Verantwortung ziehen.
BPCA-Mitglied Leighton Medley sagte der Nachrichtenplattform Christian Today, man werde bald wissen, ob die Extremisten siegen oder verlieren – „und ob es Frieden und Gerechtigkeit in Pakistan geben wird oder einfach nur mehr Hass, Vorurteile und Intoleranz, was traurigerweise der Normalfall geworden ist“.