Der kanadische Pastor Hyeon Soo Lim war zwei Jahre und sieben Monate in nordkoreanischer Haft. Vergangene Woche wurde der 62-Jährige aufgrund seines Gesundheitszustands überraschend freigelassen. Zurück in Kanada hat er von seiner Haft und der Freilassung berichtet. „Es ist für mich ein Wunder, hier zu sein“, sagte Lim laut der Zeitung The Guardian.
Der Geistliche vermutet, dass Pjöngjang ihn freiließ, um die zunehmenden Spannungen zwischen Nordkorea und den USA zu verringern. „Ich glaube, [Nordkoreas Machthaber] Kim Jong-un hat mich als eine Geste des guten Willens gehen gelassen, angesichts so vieler Rhetorik“, erklärte Lim.
Mehr als 2.000 Mahlzeiten in Isolation
Das Oberste Gericht warf Lim „staatsfeindliche Umtriebe“ und Missionierung vor und verurteilte ihn im Dezember 2015 zu lebenslanger Haft und Zwangsarbeit. Letztere sei körperliche Schwerstarbeit gewesen. Der Geistliche musste etwa im Winter Löcher aus dem gefrorenen Boden ausheben, die einen Meter tief und breit waren. Im Sommer musste er unter der brennenden Hitze arbeiten. Die harte Arbeit wirkte sich auf seinen Körper aus. Im Rahmen der Haft war er vier Mal im Krankenhaus, einmal davon zwei Monate lang.
Sein Essen nahm Lim stets alleine zu sich. „Vom ersten Tag meiner Inhaftierung bis zu dem Tag, an dem ich freigelassen wurde, aß ich 2.757 Mahlzeiten in Isolation.“ Für ihn war es schwer absehbar, wann und ob seine Haft ende.
Bibel und Propaganda
Lim habe im ersten Jahr seiner Gefangenschaft mehr als 100 Bücher gelesen und rund 300 Filme über Nordkorea gesehen. „Ich habe zudem die Bibel gelesen – sowohl in Englisch, als auch in Koreanisch, – fünf Mal – und mir mehr als 700 Verse eingeprägt.“ Und weiter: „Ich hatte Momente der Entmutigung, der Verbitterung und des Gemurres, die sich bald in Mut, Freude und Danksagung verwandelt haben.“
In dem Bericht heißt es, dass sich Kanada seit 2015 dauerhaft für Lims Freilassung eingesetzt hatte. Der Pastor dankte dafür. Er merkte an, dass die schwedische Botschaft eine wichtige Rolle bei seiner Freilassung gespielt habe, da Kanada selbst kein Büro und keine Vertretung in Nordkorea habe.
Für humanitäre Hilfsaktion ins Land gereist
Über 100 Mal war der kanadische Pastor vor seiner Festnahme in Nordkorea, um dort humanitäre Hilfe zu leisten. Im Januar vor zwei Jahren war er als Teil einer regulären humanitären Hilfsaktion in das Land eingereist.
Sechs Monate später bekannte er sich bei einer Pressekonferenz in der nordkoreanischen Hauptstadt Pjöngjang zu vermeintlich staatsfeindlichen Aktivitäten. Kritiker sprachen schon damals von einem erzwungenen Geständnis. „Sein Geständnis folgt dem typischen Muster. Es war inszeniert. Er wurde gezwungen, Dinge zuzugeben, die er nicht getan hat“, sagte Jan Vermeer von Open Doors damals gegenüber pro zur Verurteilung Lims.
Lim ist Pastor einer evangelischen koreanischen Gemeinde in Toronto. Er ist gebürtiger Südkoreaner und hat einen kanadischem Pass. (pro)
Von: mab