Für viele ist Sri Lanka ein reizendes Reiseziel. Das türkis schimmernde Wasser, tropische Temperaturen und Landschaften, aber auch das Hochland mit Bergen und die zahlreichen Tempel locken viele Touristen. Der Buddhismus hat in dem Inselstaat im Indischen Ozean einen Sonderstatus, heißt es in der Verfassung. Diese sichert Religionsfreiheit zu, jedoch erfahren Minderheiten wie christliche Protestanten immer wieder Diskriminierung und auch Verfolgung, berichtet das Nachrichtennetzwerk Mission Network News.
Vor zwei Wochen griffen radikale Buddhisten eine kleine christliche Gemeinde in Paharaiya an und zerstörten ihre Kirche. Das Dorf liegt im Nordwesten Sri Lankas. Es soll sich um zwölf buddhistische Angreifer gehalten haben, die von einem Mönch angeführt wurden, berichtet die Nachrichtenseite Asia News.
Gottesdienst unter einem Baum
Nach dieser Tat wollen die Christen auch ohne Kirche Gottesdienst feiern. „Kein Angriff kann uns stoppen. Wir werden Gott weiterhin lieben und unter einem Baum beten“, sagte Kamal Wasantha, der Leiter des Kithu-Sevana-Gebetszentrums und Landwirt. Die Kirche war ein bescheidener Bau, in dem sich rund 15 Familien und 20 andere Teilnehmer zum Gebet trafen.
Die Gemeinde strebe nicht nach Rache, erklärte Wasantha Asia News: „Wir haben sie nicht verflucht […] und werden sie nicht in Vergeltung angreifen. Das Urteil gehört Gott. Wir tun unseren Teil: Die Gebete sollen unter einem Baum weitergehen.“
Den Tathergang beschreibt Wasantha, der vom Buddhismus zum Christentum konvertiert ist, wie folgt: „Zuerst bedrohten sie uns verbal. […] Dann kamen sie mit Holzstöcken, Eisenstangen und Messern und zerstörten alles.“ Die Christen hätten die Angreifer angefleht, das Gebetshaus nicht zu beschädigen, aber es „wurde vor unseren Augen abgerissen, während wir Gott baten, ihnen zu vergeben“. Obwohl laut Asia News rund 200 Zeugen den Mönch und seine zwölf Begleiter als die Angreifer benannt hatten, kamen diese auf Kaution wieder frei.
Das Gebetshaus wurde vor über 15 Jahren errichtet, sagte Pfarrer Ranjan Palitha. Er komme jede Woche für den Gottesdienst aus dem mehr als 90 Kilometer entfernten Chilaw, um Wasantha zu helfen. „Es wurde noch nie zuvor angegriffen, es gab nur verbale Drohungen. Das ist der erste Vorfall, der das Ausmaß einer echten Katastrophe hat.“
„Sri Lanka hat versagt, die Religionsfreiheit aufrecht zu erhalten.” Lakshan Dias
Ein christlicher Rechtsanwalt aus Sri Lanka, Lakshan Dias, beschwert sich über die Haltung der Polizisten in diesem Fall. Sie „kennen die Namen und die Fakten über die Täter, die im selben Dorf leben. Sri Lanka hat versagt, die Religionsfreiheit aufrecht zu erhalten. Die vorherrschende Ideologie der buddhistischen Singhalesen untergräbt die Minderheiten.“ Gut sechs Prozent der Bevölkerung im Land sind Katholiken und 1,3 Prozent Christen anderer Konfessionen.
Verfolgungssituation hat ihren Ursprung im religiös motivierten Nationalismus
Im Weltverfolgungsindex 2017 des Hilfswerks Open Doors rangiert Sri Lanka auf Platz 45. Darin heißt es: „Sehr präsent sind […] extremistische buddhistische Gruppen, auch wenn sie momentan ihre Übergriffe gegen religiöse Minderheiten eingestellt haben. Trotzdem unterbrechen Banden, die häufig von buddhistischen Mönchen angeführt werden, immer wieder christliche Gottesdienste.“ In der neuen Verfassung des Landes gebe es eine deutliche Hinwendung zurück zum Buddhismus.
„Die gesamte Verfolgungssituation in Sri Lanka hat ihren Ursprung im religiös motivierten Nationalismus, angeheizt durch die Vorherrschaft des Buddhismus als Staatreligion in Regierung und Gesellschaft“, so Open Doors. Es gebe „ein hohes Maß an Gewalt gegen Christen“. Diese falle aktuell jedoch geringer aus als noch im Weltverfolgungsindex 2016.
Konvertiten oft als Verräter angesehen
Christen aus traditionellen Kirchen wie die römisch-katholische Kirche und die Kirchen unter dem Dachverband des Nationalen Kirchenrats werden laut Open Doors nicht so stark verfolgt oder bedroht. Von der buddhistischen Vorherrschaft seien sie trotzdem betroffen und würden „von Zeit zu Zeit am (Aus-)Bau von Kirchengebäuden gehindert“. „Konvertiten”, die vorher dem Buddhismus, Hinduismus oder Islam angehörten, würden oft als Verräter angesehen und dementsprechend „schikaniert, körperlich und verbal angegriffen und von ihrem sozialen Umfeld isoliert“.
Christen aus protestantischen Freikirchen seien oft von gewalttätigen Übergriffen betroffen. Im vergangenen Berichtszeitraum hätten diese vor allem vorherrschende extremistische Buddhistengruppen begangen. Heute kämen die Angriffe „hauptsächlich von lokalen buddhistischen Mönchen und örtlichen Regierungsbeamten, die den Christen gesetzliche Auflagen erteilen oder gewalttätige Übergriffe gegen sie vertuschen“, heißt es im Open-Doors-Bericht. Die Triebkräfte der Verfolgung hätten sich verändert, jedoch sei das Maß an Verfolgung im Großen und Ganzen gleich geblieben. (pro)
Von: mab