Während in Deutschland die Menschen Weihnachten feiern, feiert man in Uruguay den „Tag der Familie“. Im traditionellerweise sehr katholischen Südamerika gilt Uruguay als das Land, in dem die Kirche am wenigsten Einfluss hat. Staat und Kirche sind hier getrennt, christliche Inhalte spielen im Alltag normalerweise keine große Rolle.
Dieses Jahr ist das anders. Seit Tagen berichten uruguayische Medien von der Aktion „Navidad con Jesús“, Weihnachten mit Jesus, die das ganze Land bewegt. Die Katholische Kirche in der Hauptstadt Montevideo wollte der „Entchristianisierung des Weihnachtsfestes“ entgegenwirken, ein Phänomen, das man auch in Deutschland kennt. Sie ließ 5.000 Plakate mit dem Slogan der Aktion drucken und forderte die Gläubigen dazu auf, sie an ihre Wohnungstüren zu hängen und jeweils ein Foto davon auf Twitter zu verbreiten.
Der eigentliche Grund für das Weihnachtsfest sollte zurück in die Herzen der Menschen: die Geburt Jesu Christi. Die Aktion begann am 8. Dezember und läuft noch bis zum 8. Januar, wenn die Weihnachtszeit nach katholischer Lesart zu Ende ist.
Die Idee fand ungewöhnlich viel Resonanz. Nachdem Daniel Kardinal Sturla, der Erzbischof von Montevideo, ein Foto von Papst Franziskus mit dem Aktionsplakat nach einem Treffen in Rom auf Twitter postete, sind aus den ursprünglich eingeplanten 5.000 Transparenten für Montevideo mittlerweile über 25.000 Plakate im ganzen Land geworden, die vierfache Menge. Mehrmals musste die Kirche nachdrucken lassen, berichtete die Tageszeitung El Observador. Die Weihnachtsbotschaft wurde so zum Medienereignis, viral verbreitet auf Twitter.
Marketing-Erfolg für die Kirche
Am 20. Dezember wurde bekannt, dass sogar der Staatspräsident Uruguays sich der Aktion angeschlossen und ein Plakat an seiner Residenz angebracht hatte – in einem laizistischen Land wie Uruguay ein beachtliches Signal. In einer Pressekonferenz am darauffolgenden Tag erklärte Bischof Sturla der Tageszeitung El País zufolge, die Aktion habe alle Erwartungen seiner Kirche übertroffen. „Niemand feiert einen Geburtstag, wenn das Geburtstagskind nicht anwesend ist“, und an Weihnachten habe schließlich Jesus Geburtstag, so Sturla. Daran wollte er wieder erinnern. „Das war wirklich ein großer Erfolg, und das erfüllt mich mit Freude. Er spiegelt einen großen Hunger nach Spiritualität in unserem Land wieder“, erklärte der Bischof weiter.
Natürlich sei dies ein auch ein Marketingerfolg für seine Kirche gewesen, doch er habe keine Angst vor diesem Vorwurf: schließlich habe die Kirche in der Tat eine Frohe Botschaft zu verkünden, und das sei ihr hiermit gelungen. Außerdem mache die Kirche mit der Aktion keinen Gewinn. Besonders froh ist diese Botschaft auch für viele Arme des Landes, denn Teil von „Weihnachten mit Jesus“ ist es, dass jeder, der das Transparent vor seinem Haus aufhängt, ein „Werk der Barmherzigkeit“ zu Weihnachten begehen soll. Uruguay, ein kleines Land, das eigentlich nichts mit Weihnachten zu tun haben wollte: auf einmal ist es begeistert von der befreienden Botschaft von Betlehem. (pro)
Von: Jan Doria