In Paris findet derzeit die Klimakonferenz der Vereinten Nationen statt. Ziel ist, die Erde vor steigender Erwärmung durch CO2-Ausstoß zu schützen. Dabei könnten Christen weltweit eine tragende Rolle einnehmen. Davon ist der Micha-Arbeitskreis der Deutschen Evangelischen Allianz überzeugt.
Von PRO
Foto: pro/Norbert Schäfer
Stefanie Linner koordiniert die Arbeit der Micha-Initiative in Deutschland
Vom 30. November bis zum 12. Dezember findet in Paris die Klimakonferenz der Vereinten Nationen statt. Die Weltgemeinschaft will Vereinbarungen treffen, mit denen der CO2-Ausstoß reduziert werden soll, damit sich das Klima der Erde bis zum Jahr 2100 nicht mehr als zwei Grad Celsius erwärmt.
Was für die einen als Alarmismus und das Beschwören von Schreckens- und Endzeitszenarien gilt, sehen andere als letzte Möglichkeit, einer drohende Katastrophe entgegenzuwirken. Zu ihnen gehört die Koordinatorin der „Micha-Initiative“, Stefanie Linner. „Vom Weltklimagipfel erwarte ich vor allen Dingen, dass ernst genommen wird, dass eine konsequente Dekarbonisierung der Weltenergiesysteme erreicht werden muss“, erklärt sie im Gespräch mit pro. Der Micha-Arbeitskreis der Deutschen Evangelischen Allianz will Christen für Themen globaler Gerechtigkeit und Nachhaltigkeit aus christlicher Überzeugung und Schöpfungsverantwortung begeistern und sensibilisieren. Zur Arbeit von Micha gehört es einerseits die Nachhaltigkeitsziele der Vereinten Nationen für Christen verständlich zu machen, andererseits die christliche Perspektiven dieser Nachhaltigkeitsmaßstäbe zurück in die Politik zu tragen und diese bei der Umsetzung zu unterstützen.
Gottes Ruf nach Gerechtigkeit
„Christen müssten bei diesen Themen selbstverständlich vorweg gehen und als Vorbilder erkennbar sein“, sagt Linner. Dass Glaube und Religion große Wirkungskraft in Bezug auf den gesellschaftlichen Wandel besitzen, hat auch das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) erkannt. „Kirchen sind weltweit in der Lage, den ihnen nahestehenden Teil der Zivilgesellschaft zu mobilisieren“, heißt es auf der Internetseite des Ministeriums. Dem stimmt Linner zu: „Glaubensbasierende Organisationen gelten als eine der treibenden Kräfte für den positiven gesellschaftlichen Wandel“. Der sei notwendig, um die Klimakatastrophe abzuwenden. Bei Christen sei der Wille vorhanden, etwas zu tun, sich zu engagieren. „Die Gemeinden stellten weltweit eine enorm große Aktionsbasis dar“, sagt Linner. Bei vielen Menschen, auch bei vielen Christen, herrsche jedoch noch die Meinung vor, dass „die Debatte um den Klimawandel und die Klimaschutzkonferenz in Paris (COP21) eh nichts bringt“ und der einzelne „nichts tun“ könne. Das sieht die Micha-Initiative anders und will Überzeugungsarbeit leisten, damit Christen aktiv werden und auf „auf Gottes Rufen nach Gerechtigkeit antworten“.
Änderung des Lebensstils zwingend
„Ohne die Umstellung der weltweiten Energiewirtschaft hin zu erneuerbaren Energiequellen ist der Klimawandel nicht zu stoppen“, erklärt Linner. Es gelte heute schon, den Schutzbedürftigsten, die bereits unter den ersten Folgen des Klimawandels litten, aus historischer Verantwortung der Industrienationen heraus dabei zu helfen sich den veränderten klimatischen Bedingungen anzupassen und bisher schon entstandene Schäden mit zu tragen. „Die reichen Nationen müssen Unterstützung leisten, wo es sich Schwellen- und Entwicklungsländer nicht leisten können, erneuerbare Energien einzuführen“, sagt die Politikwissenschaftlerin, die seit August 2015 die Arbeit der Micha-Initiative in Deutschland koordiniert. Zur Einführung erneuerbarer Energiesysteme wollen die Vereinten Nationen erreichen, dass ab dem Jahr 2020 jährlich 100 Milliarden Dollar an die Länder, die vom Klimawandel besonders betroffen sind, bereitgestellt werden. Deutschland will sich mit 10 Prozent an dieser Summe beteiligen. Der Umschwung hin zu erneuerbaren Energien sei nicht „ohne Änderung unseres Lebensstils“ erreichbar.
1,3 Milliarden leben in Armut
„Die Verabschiedung der Millenniumsziele um die Jahrtausendwende ist für viele evangelikale Christen weltweit ein Knackpunkt gewesen“, sagt die Politikwissenschaftlerin. Das Bewusstsein sei geweckt worden, dass die Weltpolitik „ein historisches Momentum“ aufgegriffen habe und Christen dahinter nicht zurückbleiben dürften. Mit den Millenniumszielen, also dem Armtusbekämpfungsprogramm der Vereinten Nationen, setzte sich die Weltgemeinschaft zum Ziel, bis zum Jahr 2015 weltweit Armut in Entwicklungsländern zu halbieren. Dazu gehörte auch die Bekämpfung von Hunger, verseuchtem Trinkwasser sowie der Kinder- und Müttersterblichkeit. „Diese Ziele wurden jedoch nur zum Teil erreicht. Aktuell leben noch rund 1,3 Milliarden Menschen in extremer Armut, davon sind etwa 800 Millionen gezwungen, täglich Hunger zu leiden“, sagt Linner und weiter: „Als eine Art Nachfolgeplan zu den Millenniumszielen streben die Vereinten Nationen nun an, bis zum Jahr 2030 mittels 17 Nachhaltigkeitszielen alle Formen extremer Armut überall in der Welt vollständig zu überwinden.“ Diese Ziele will Micha unterstützen, weil aktuell ein „menschengemachtes System der Ungerechtigkeit“ herrsche. „Wir wollen dabei helfen, dass der rote Faden der Bibel als Gottes Herz für Gerechtigkeit erkennbar gemacht und in der Kultur christlicher Gemeinden verankert wird.“
2004 starteten Christen verschiedener Nationalitäten unter der Ägide der Weltweiten Evangelischen Allianz (WEA) die „Micah Challenge“, um das weltweite Engagement für die Erreichung der Millenniumsziele zu unterstützen und so aktiv einen Beitrag zu Bewahrung der Schöpfung, gegen Armut und Hunger und für soziale Gerechtigkeit zu leisten. Seit 2006 engagieren sich Christen in Deutschland in der „Micha-Initiative“, einem Arbeitskreis der Deutschen Evangelischen Allianz (DEA). 2016 will sich „Micha“ die Rechtsform eines eigenständigen Vereins geben. Stefanie Linner ist seit August 2015 als Koordinatoren der Arbeit in Berlin angestellt und hat die Arbeit von Alexander Gentsch übernommen, der den Arbeitskreis bislang geleitet hat. (pro)
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