Am Gründonnerstag der vergangenen Woche hat die islamistische Al-Shabaab-Miliz einen Terroranschlag auf die Universität in der kenianischen Stadt Garissa verübt und mindestens 152 Menschen getötet. Bei dem Attentat kamen laut verschiedenen Medienberichten 142 Studenten mit vorwiegend christlichem Hintergrund ums Leben. Die Attentäter hatten gezielt Christen umgebracht.
Im Gegensatz zum Anschlag auf das französische Satiremagazin Charlie Hebdo im Januar findet der Anschlag auf die Studenten in Kenia deutlich weniger Beachtung in den sozialen Medien. Bei den Anschlägen von Paris hatte sich das Motto „Je suis Charlie“ weltweit in kürzester Zeit über das Internet in sozialen Netzwerken und als Hashtag #JeSuisCharlie über den Micro-Bloggingdienst Twitter verbreitet und eine Welle der Solidarität ausgelöst. Nicht so bei dem Anschlag von Garissa. Auf der Internetplattform Twitter bekunden bislang deutlich weniger Nutzer mit dem Hashtag #JeSuisKenyan ihre Solidarität mit den afrikanischen Studenten. Der Hashtag ist nach Angaben des Branchendienstes Topsy seit dem Anschlag bislang in rund 47.000 Tweets gesetzt worden. Zum Vergleich: Vom 11. März bis zum 10. April, also etwa zwei Monate nach den Anschlägen in Paris, wurde der Hashtag #JeSuisCharlie noch in mehr als 82.000 Tweets gesetzt.
Der französische Premierminister Manuel Valls hatte früh seine Solidarität mit den Opfern in Kenia bekundet. Er teilte am Ostermontag über seinen offiziellen Twitter-Account den Hashtag #JeSuisKenyan versehen mit einem gleichlautenden Bild. Auf der Internetplattform Twitter kritisieren unterdessen viele Nutzer, dass die Toten in Kenia weniger Aufmerksamkeit und Solidarität erhalten als die Opfer des Anschlages auf Charlie Hebdo. Viele der Kritiker verbreiten nach Angaben der französischen Tageszeitung Le Monde vom Donnerstag ihren Unmut über die vermeintlich mangelnde Solidarität mit den Hashtags #148notjustanumber (sprich: „148 ist nicht nur eine Zahl“) und #TheyHaveNames (sprich: „Sie haben Namen“).
Unter den Opfern sind nach Angaben der Studentenmission in Deutschland (SMD) auch zahlreiche Studenten der kenianischen Partnerorganisation „FOCUS Kenya“. Demnach wollten sich die Studenten an dem Tag des Anschlags zu einer Gebetsversammlung auf dem Campus treffen. Der Generalsekretär von FOCUS Kenya, George Odhiambo Ogalo, sagte angesichts der Tragödie und der zahlreichen Opfer am Donnerstag auf Anfrage von pro: „Mitten in diesem Auftreten von Finsternis scheint das Licht des Herrn, wenn wir Stück für Stück Überlebensberichte zu hören bekommen. Darüber hinaus geht die Freude über das Wissen, dass die christlichen Studenten nicht verloren sind, sondern friedlich bei ihrem Schöpfer ruhen, den sie so sehr liebten. Einige von ihnen hatten an jenem tragischen Tag im Gebetstreffen sein Angesicht aufsuchen wollen.“ Eine Woche nach dem Terroranschlag erinnert FOCUS Kenya in Nairobi im Rahmen eines Gedenkgottesdienstes an die Opfer der Bluttat.
Nach SMD-Angaben kümmern sich derzeit alle hauptamtlichen Mitarbeiter von FOCUS Kenya um die überlebenden Studenten und leisten Notfallseelsorge. Die Organisation hat nach eigener Aussage ihre Räumlichkeiten in Nairobi den Verwandten der Opfer als Unterkunft zur Verfügung gestellt. In der Hauptstadt werden zur Zeit noch die Opfer des Anschlages identifiziert.
900 Studenten beten auf Osterkonferenz
Mit Entsetzen und Trauer haben auch christliche Studenten in Deutschland auf das Attentat reagiert. Auf der SMD-Osterkonferenz „studikon“ in Baunatal bei Kassel beteten die rund 900 Teilnehmer für ihre Glaubensgeschwister in Kenia und für Frieden in den Konfliktregionen der Welt. Der Vorsitzende der SMD, Paul-Gerhard Reinhard, erklärte auf Anfrage von pro: „Die ersten Nachrichten vom Anschlag machten uns bereits betroffen. Als wir dann hörten, dass es sich um eine Studentengruppe von FOCUS Kenya handelte, mit der wir über unseren weltweiten Dachverband IFES verbunden sind, rückte das Geschehen nochmals deutlich näher und macht sprachlos.“ Nach Angaben von Reinhard beteiligt sich die SMD an den Hilfsmaßnahmen der weltweiten „International Fellowship of Evangelical Students“ (IFES), die einen Sonderfonds für FOCUS Kenya eingerichtet hat.
Bei einem früheren Anschlag hatte der zuständige Regionalsekretär der IFES für das englischsprachige Afrika, Gideon Para-Mallam, auf die Bedrohung durch islamistischen Terror hingwiesen: „Terrorgruppen sowohl in Kenia als auch in Nigeria haben unmissverständlich klargemacht, dass sie islamische Gottesstaaten errichten und die Scharia einführen wollen.“
Die SMD ist ein Netzwerk von Christen in Schule, Hochschule und Beruf und hat ihren Sitz in Marburg. Die Organisation ist Mitglied der Diakonie Deutschland der Evangelischen Kirche. International ist die SMD über den Dachverband IFES mit etwa 160 nationalen christlichen Studentenbewegungen verbunden. (pro)