Der ehemalige Chefredakteur und Leiter der evangelischen Nachrichtenagentur idea Helmut Matthies ist am Donnerstag 70 Jahre alt geworden. Der Journalist und Theologe hat über Jahrzehnte die christliche Publizistik durch Veröffentlichungen und Meinungsbeiträge mitgeprägt.
Helmut Matthies wurde am 7. Mai 1950 in Dungelbeck bei Peine in Niedersachsen geboren. Nach einem Theologiestudium in Berlin, Hamburg und Heidelberg war Matthies maßgeblich am Aufbau der 1970 gegründeten evangelischen Nachrichtenagentur idea beteiligt, die seit 1979 neben dem Nachrichtendienst auch wöchentlich das Magazin ideaSpektrum veröffentlicht. Von 1978 bis 2017 war er Chefredakteur und Leiter des Medienhauses.
Rotbuch Kirche
Gemeinsam mit Pastor Jens Motschmann gab er 1976 das „Rotbuch Kirche“ heraus, in dem sich Theologistudenten mit dem Einfluss der 68er-Bewegung auf Teile der westdeutschen evangelischen Kirchen beschäftigen.
Für seine Tätigkeit als Journalist und idea-Leiter war der Pfarrer der Evangelischen Kirche von Hessen und Nassau (EKHN) von seiner Kirche beurlaubt. Seit seinem Eintritt in den Ruhestand im Februar 2018 ist Matthies ehrenamtlicher Vorsitzender des idea-Trägervereins. Seit vorigem Jahr lebt der Witwer und Vater eines Sohnes in Brandenburg an der Havel.
Peter Hahne: „Weggefährte und Freund“
In der aktuellen Ausgabe von ideaSpektrum würdigt der ehemalige Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Wolfgang Huber, den Jubilar als einem Mann, dessen Einsatz für das Evangelium wichtiger als das Durchsetzen der eigenen Meinung gewesen sei.
Der ehemalige ZDF-Fernsehjournalist und Bestsellerautor Peter Hahne bezeichnete Matthies als einen „alten Weggefährten und Freund“, der unbeirrt seiner Linie treu geblieben sei, auch wenn Matthies „vor die Throne von Kirche und Politik zitiert“ worden sei.
Der Geschäftsführer und Chefredakteur der Christlichen Medieninitiative pro, Christoph Irion, nannte Matthies ein „Markenzeichen der evangelikalen Publizistik“, der stets mit klaren Worten aus christlicher Perspektive Stellung zu Entwicklungen in Kirche und Gesellschaft bezogen habe: „Helmut Matthies hat als meinungsstarker Journalist und gläubiger Christ seit mehr als vier Jahrzehnten Kante gezeigt. Etliche in Kirche und Politik haben sich daran gerieben. Wer ihn kennt, weiß aber auch, dass Helmut Matthies verlässlich, fair und sogar liebenswürdig ist“, sagte Irion. Unter seiner Leitung habe sich idea von bescheidenen Anfängen zu einer unverwechselbaren Stimme in der christlichen Publizistik entwickelt.
Kritik am eigenen Lager
Matthies war nach Einschätzung des Politikbeauftragten der Deutschen Evangelischen Allianz (DEA), Uwe Heimowski, in der christlichen Publizistik über Jahrzehnte ein „scharfzüngiger und unerbittlicher Kritiker“. Er habe den Kirchen in Deutschland, der Politik – aber auch der evangelikalen Szene immer wieder den Spiegel vorgehalten, und sie an biblischen Maßstäben gemessen. „Der Journalist Matthies wurde nicht müde, in Meinungsbeiträgen anzuprangern, wenn sich die Kirchen zu sehr an den Zeitgeist angepassten, und zu aktuellen Entwicklungen der Politik Stellung bezogen.“ Dabei sei er auch manchmal über das Ziel hinausgeschossen. „Er war als Chefredakteur von ideaSpektrum sicher einer der führenden Köpfe der Evangelikalen in Deutschland, auf jeden Fall der am besten Informierte“, erklärte Heimowski.
Matthies sei auch in der eigenen Szene nicht vor Kritik zurückgeschreckt, sich andererseits aber auch für die Kritik an ihm und seinem Blatt offen gezeigt, etwa indem er regelmäßig prominente Gäste zur Blattkritik in die Redaktion einlud. Matthies, der selber über Jahre dem Hauptvorstand der DEA angehörte, gilt nach Einschätzung Heimowskis als „kompromissloser Befürworter des Lebensschutzes in Deutschland“, der sich gemeinsam mit seiner verstorbenen Frau, einer Ärztin, „vehement gegen Abtreibung stark gemacht“ habe. ideaSpektrum veröffentlicht wöchentlich die aktuellen Zahlen abgetriebener Kinder als Mahnung gegen Abtreibung. Beeindruckt zeigte sich Heimowski von Matthies’ großem Einsatz für die Christen in der DDR vor der friedlichen Revolution. „Für Helmut Matthies war die Wiedervereinigung ein Wunder, und er wird nicht müde, davon zu erzählen.“
Stress mit den Kirchenoberen
In Leitartikeln und Meinungsbeiträgen trat Matthies seit den Siebzigerjahren stets vehement für die Wiedervereinigung des geteilten Deutschlands ein. Als er ein Jahr vor der Wiedervereinigung, fünf Wochen vor dem Mauerfall, einen Kommentar unter dem Titel „Wiedervereinigung, was sonst?“ veröffentlichtlichte, wurde der idea-Chef von seinem Kirchenpräsidenten einbestellt. „Der Kirchenpräsident rief mich an und sagte, es sei friedensgefährdend, wenn man die Wiedervereinigung fordere. Ein Pfarrer der hessen-nassauischen Kirche, wie ich einer bin, dürfe so etwas nicht schreiben“, erinnerte sich Matthies im Interview von pro. Was er geschrieben hatte, habe die Kirchenleitung damals als „rechtsradikal“ gewertet.
Teils heftige Kritik
2009 wurde Matthies mit dem Gerhard-Löwenthal-Ehrenpreis ausgezeichnet. Der Journalistenpreis wurde 2004 von der rechtskonservativen Wochenzeitung Junge Freiheit, einer konservativen Förderstiftung sowie der Witwe des jüdischen Journalisten und Holocaust-Überlebenden, Ingeborg Löwenthal, ins Leben gerufen. Für die Annahme des Preises wurde Matthies teilweise heftig kritisiert. Christhard Wagner, Bildungsreferent der Evangelischen Kirche in Mitteldeutschland (EKM), sprach im Zusammenhang mit der Preisverleihung davon, dass idea unter der Leitung von Matthies „auf dem Grat zum Rechtsextremismus balancieren“ würde. Matthies wies solcherlei Vorwürfe immer wieder zurück.
In seinem 2019 veröffentlichten Buch „Gott kann auch anders“ berichtet Matthies als Zeitzeuge und Journalist über seine bewegenden Erfahrungen mit Gott und im Glauben.
Von: Norbert Schäfer