Zuerst ist Franz Silbereisen skeptisch. Eigentlich will er dem Journalisten kein Interview geben. Zu oft hat er erlebt, dass sein christlicher Glaube nur der Vorwand für Journalisten war, um etwas über seinen jüngsten Bruder Florian zu erfahren: den Sänger, Schauspieler, Showmaster. Erst Ende vorigen Jahres zerbrach dessen zehnjährige Beziehung zu Schlagerstar Helene Fischer, was die Illustrierten in helle Aufregung versetzte. Die Berichte über angebliche Gründe für die Trennung, den vermeintlichen emotionalen Zustand der beiden, Spekulationen über neue Partner und darüber, ob vielleicht alles nur ein PR-Coup war, rissen nicht ab. Und dann wurde auch noch bekannt, dass Florian Silbereisen als neuer Kapitän mit dem ZDF-„Traumschiff“ in See sticht. Die Medien waren vollauf beschäftigt mit dem Unterhaltungsstar.
Sein Bruder Franz kann damit wenig anfangen. Er sieht in all dem eine Scheinwelt, die bei ihren Fans und Protagonisten nur Leere hinterlässt. Er ist überzeugt: Wahre Erfüllung finden Menschen nur bei Jesus. Das ist seine Botschaft; für sie lebt er. Und damit das noch mehr Menschen erfahren, ist er dann doch bereit, mit dem Journalisten zu sprechen.
Franz Silbereisen ist der älteste von vier Geschwistern, elf Jahre liegen zwischen ihm und seinem berühmten Bruder. Als dessen Fernsehkarriere 1991 mit Akkordeon im „Musikantenstadl“ im Alter von zehn Jahren beginnt, ist Franz schon im Begriff, von zu Hause auszuziehen. Der Große ist damals eher ein Sonderling in seiner Familie, fühlt sich von ihr nicht verstanden, erzählt er. „Ich war immer rastlos, immer auf der Suche nach Sinn im Leben.“ Er macht Karate, Bodybuilding, er boxt und liebt es, mit dem Motorrad die Straßen unsicher zu machen – auf der Suche nach Befriedigung und Erfüllung. „Der Herr ist mir nachgegangen“, sagt er heute. Mit dem christlichen Glauben war er schon als Kind in Berührung gekommen – wie sollte es anders sein im katholischen Niederbayern. Da gehört es dazu, mindestens an Weihnachten in die Kirche zu gehen. Im Kino sieht er als Schüler einmal den Jesus-Film und hört, wie Christen dazu aufrufen, eine persönliche Beziehung zu ihm anzufangen.
Zeugen Jehovas sind Irrweg
Später hat er einen besten Freund, der zu den Zeugen Jehovas geht. Er stürzt sich selbst „mit Haut und Haaren hinein“, erzählt Silbereisen. Bis er eines Abends vor dem Bett kniet und um Klarheit betet: Heißt Jesus „Jesus“ oder „Jehova“? Bei mehreren Begegnungen mit Christen wird ihm schließlich klar: Die Zeugen Jehovas sind ein Irrweg. All das sind Schritte auf dem Weg, an dessen Ende sich Silbereisen in einer Baptistengemeinde taufen lässt. An der Bibelschule Brake macht er, genauso wie seine Frau, die er einen Monat zuvor heiratet, eine dreijährige theologische Ausbildung.
Gemeinsam sehen sie ihre Berufung darin, Gemeinden zu gründen und aufzubauen. In Salzburg, im Bayerischen Wald, im Raum Passau, der Heimat Silbereisens. Er predigt, hält Vorträge, veranstaltet Freizeiten, verteilt christliche Literatur. Mit Frau und sieben Kindern lebt er von seinem Gehalt als Krankenpfleger einer geschlossenen psychiatrischen Einrichtung und von einigen Spenden für seine missionarische Arbeit.
Knochenjob im Schlagerparadies
„Wir leben in zwei verschiedenen Welten“, sagt Silbereisen mit Blick auf seinen Bruder. Er lehnt nicht ab, was Florian tut, eine seiner Shows hat er besucht und genossen, wie er sagt. Aber er ist überzeugt, dass in der Unterhaltungsindustrie viel menschliche Armut steckt. „Im Showgeschäft suchen die Menschen das Glück am falschen Platz“, sagt Silbereisen. „Vieles, was sie dort suchen, gibt es nur bei Jesus.“ Zwar jubelten Tausende seinem Bruder zu. „Aber was soll er denen vor dem Bildschirm geben können, die er doch gar nicht kennt?“ Umgekehrt könne auch ein Fan dem Star nicht wirklich helfen. „Sie haben eine irreale Beziehung.“ Entscheidend sind persönliche Beziehungen, betont Silbereisen: sich in die Augen schauen, reden, zuhören, berühren, füreinander da sein. „Da können Medien nicht mithalten.“ Und das ist auch das, was ihm an der vermeintlich schönen heilen Welt der Schlager- und Unterhaltungsindustrie widerstrebt. „Florian hat einen Knochenjob. Ich weiß, dass ihn sein Leben in der Branche viel kostet“ – nicht zuletzt seine Beziehung zu Helene Fischer. „Die Stars leiden, weil ihre Beziehungen über alledem zerbrechen.“
2007 sang Florian Silbereisen „Ich glaube an Gott, ich glaub daran! Ich bin ein Teil von seinem Plan!“, ein Lied, das sich wie ein Glaubensbekenntnis anhört. Was und wie er glaubt, möchte sein Bruder Franz nicht beurteilen. „Ich hoffe, dass der Erfolg ihn nicht hindert, nach dem wahren Sinn des Lebens zu suchen“, sagt er. Der Kontakt zu seiner Familie ist sporadisch geworden, obwohl alle Geschwister in der Nähe wohnen. Seit sich die Eltern 2004 scheiden ließen, gibt es keine festen Anlässe mehr, um sich zu treffen. Und mit seinem frommen Lebensstil fällt Franz ohnehin aus der Reihe – ein Sonderling in der Familie, wie schon als Jugendlicher, nur jetzt mit anderen Vorzeichen.
Als Silbereisen Christ wird, ist das eine radikale Wende für ihn. Er wirft seinen Fernseher raus, verkauft und verschenkt seine CD-Sammlung – Cat Stevens, Peter Maffay, Rainhard Fendrichs müssen gehen – und die Bücher von Stephen King und anderen Autoren. Es bedeutet ihm nichts mehr, sagt er. Heute hat er extra keine schnelle Internetverbindung, um nicht der Versuchung zu erliegen, seine Zeit im Netz zu vergeuden. Der Frage, ob das weltfremd sei, kommt er zuvor: Das sei er nicht. Seine größeren Kinder im Teeniealter hätten auch ein Smartphone. „Wenn man mit Jesus lebt, muss man sich auch von den Dingen verabschieden, die damit konkurrieren.“ Und es klingt nicht nur wie eine Floskel, sondern wie die ernsthafte Überzeugung eines Mannes, der die Prioritäten seines Lebens völlig neu sortiert hat. „Ich habe viel gesehen, was die Welt zu bieten hat. Aber mit Jesus sind alle meine Fragen beantwortet.“
Dieser Text erschien zuerst in der Ausgabe 3/2019 des Christlichen Medienmagazins pro. Sie können die Zeitschrift kostenlos und unverbindlich bestellen unter der Telefonnummer 06441/5667752, via E-Mail an info@pro-medienmagazin.de oder online.
Von: Jonathan Steinert