Kees-de-Kort-Bibeln gibt es mittlerweile in 65 Ländern. Für so manchen sind sogar die Bibelgeschichten in der Erinnerung aus Kindheitstagen eng verknüpft mit den bunten, eindringlichen, weil so einfachen Malereien des niederländischen Malers.
Sein Atelier liegt hinter seinem Wohnhaus in Bergen, einem gemütlichen kleinen Ort in Nordholland, nicht weit von der Nordsee entfernt. Den Raum, einen ehemaligen Schuppen, hat de Kort zu einem schicken Studio umgebaut, mit großen Fenstern im Schrägdach. Hier lagern seine Gemälde auf Leinwand, hier kann er in Ruhe an großen Tischen an den Bildern arbeiten. In einem Regal stehen nicht nur die vielen Ausgaben von Kees-de-Kort-Bibeln, sondern auch Literatur über Maler wie Vincent van Gogh Buchrücken an Buchrücken mit theologischer Literatur.
Erstes Bild zu „Jesus ist geboren“
De Korts Sohn Hjalmar unterstützt seinen Vater seit vielen Jahren bei der Arbeit. Auch er ist Maler. Der zweite Sohn ist Dozent für Malerei geworden. Noch immer mag de Kort seine eigenen Bibel-Illustrationen, und er steht dazu. Noch immer findet er seinen Ansatz, die Geschichten der Bibel mit möglichst einfachen Bildern zu begleiten, richtig. Wie es zu den ersten Bibel-Bildern kam, erzählt der 84-Jährige, an seinem Maltisch sitzend, die Beine übereinandergeschlagen, voller guter Erinnerungen:
In den Sechzigerjahren wollte die Niederländische Bibelgesellschaft eine Bibel in einfacher Sprache herausbringen. Dementsprechend schrieb sie einen Wettbewerb aus für die Illustrierung des Buches. Mehrere Künstler reichten ihre Werke ein, erinnert sich de Kort, und eine große Jury musste entscheiden, wer den Zuschlag bekommen sollte. „Das waren wichtige Personen aus dem ganzen Land, dazu gehörten Theologen und Psychologen.“ Er hebt seinen Arm und umreißt einen Kreis: „25 bis 30 Leute standen damals um den Tisch herum und begutachteten die Zeichnungen.“ Lachend fügt er hinzu: „Viel zu viele, wenn man mich fragt!“
Die anderen Künstler reichten meistens fünf oder sechs Zeichnungen ein; er selbst habe an einem Abend ein einziges Bild gemalt: Josef und Maria, die nach Bethlehem gehen. Die Experten-Kommission entschied sich für de Kort. Von da an sollte die Kees-de-Kort-Bibel geradezu ikonisch für viele Menschen auf der Welt werden. Seither erinnern sich immer noch viele Kinder und auch Erwachsene zuallererst an die manchmal etwas rundlichen Menschen in bunten Gewändern aus seinen Zeichnungen, wenn sie an bestimmte Bibelgeschichten denken. „Es gab auch einige Leute, die meine Bilder nicht so mochten“, erzählt der Maler. „Ein paar Ordensschwestern aus Island meldeten sich und meinten, ich sei wohl nicht ganz gesund.“
Seine allererste Zeichnung mit Maria und Josef kam in sein erstes Buch, das den Titel „Jesus ist geboren“ trug. Es war in den Niederlanden sehr erfolgreich. Zeitungen schrieben sehr positive Kritiken, erinnert sich de Kort, auch im Fernsehen wurde berichtet.
Wichtig war damals, Bilder zu schaffen, die für den Betrachter nicht zu kompliziert sind. „Denn die Zielgruppe waren Menschen mit geistiger Behinderung“, sagt de Kort. Die Texte sollten in einfacher Sprache verfasst werden, also Sprache, die auch Kinder und sprachbehinderte Menschen sofort verstehen können. Darum war es dem Illustrator wichtig, die Personen auf den Bildern in einer Ebene abzubilden. Es gibt daher kaum perspektivische Tiefe. Ein wenig erinnert das an die Abbildungen der alten Ägypter. Und tatsächlich befasste sich de Kort damals intensiv mit Hieroglyphen sowie mit den Zeichnungen der alten Völker Mesopotamiens. Denn Kinderzeichnungen seien im Grunde genauso konstruiert. Dass er selbst zwei kleine Kinder hatte, habe ihm damals sehr geholfen, sagt de Kort. Er schaute genau hin, welche Kleider die Menschen damals trugen, einmal zog er sogar selbst einen Kaftan an. Auch das Land Israel und seine Landschaft und Häuser studierte er genau.
„Das ist doch Chagall!“
Als künstlerische Vorbilder nennt de Kort Rembrandt van Rijn, Emil Nolde und Marc Chagall. Aber er betont sofort: „Ich mag es, meinen eigenen Weg zu suchen.“ Tatsächlich erinnern viele Bilder des Holländers an den Maler Chagall. De Kort ist mit dem Vergleich allerdings nicht ganz einverstanden. „Viele sehen meine Bilder und sagen: Das ist doch Chagall! Dann sage ich ihnen: Hört mal, ihr habt wohl noch nie Chagall-Bilder gesehen!“
Dass seine Bilder in den Bibeln weltweit so eine große Verbreitung finden, freut ihn bis heute sehr. Einmal habe er in Wien direkt neben dem Stephansdom eine Buchhandlung entdeckt, in deren Schaufenster alle seine Bilderbücher standen. „Das hat mich schon beeindruckt“, sagt de Kort. Auch in Jerusalem gab es ein Schaufenster mit seinen Büchern, sein Sohn habe ihm davon ein Foto geschickt. „Das war schön.“
Auf die Frage, ob er selbst gläubig sei, antwortet er ohne zu zögern: „Ja, sehr, das kann man so sagen“, er schiebt aber genauso schnell hinterher: „Aber auf keinen Fall fundamentalistisch!“ Den Ansichten mancher Evangelikaler, die derzeit auch in Holland öffentlich diskutiert würden, etwa dass Homosexualität Sünde sei, könne er nichts abgewinnen. Auf die Frage, was ihm denn beim Glauben wichtig sei, sagte der Illustrator: „Menschlichkeit und dass alle gut miteinander umgehen. Und dass man irgendein Ziel im Leben hat.“ Manchmal denke er an das zurück, was ihm in Sachen Glauben in seiner Kindheit mitgegeben wurde. Aber nachdenklich fügt der Maler hinzu: „Das ist mir heute weniger wichtig.“ Ihm sei aber natürlich bewusst, wie sehr seine Arbeit stets vom Christentum inspiriert sei. Doch Offenheit und Toleranz im Glauben anderen Denominationen gegenüber ist dem Holländer besonders wichtig. „Ich gehe in einen protestantischen Gottesdienst genauso wie in einen katholischen. Das macht mir nichts aus.“
Stolz war er, als Vertreter des Vatikans zu ihm kamen und zehn Bilder in Auftrag gaben. „Die Bilder wurden letztes Jahr mit einem Beamer an eine Wand projiziert. Wir waren in Rom. Hier saß ich, dort der Papst“, sagt de Kort, und zeigt in einem Buch Fotos von dem Event. Und wieder murmelt er: „Das war sehr schön.“
Die Niederlande seien allgemein eher atheistisch geworden, stellt der Maler fest. Was auch bedeute, dass sich die Menschen weniger für seine Bibel-Bilder interessierten. „Du malst ja immer nur die Bibel!“, sagen sie manchmal. Dann verweist der Künstler auf seine anderen Bilder. Die von den Schweinen etwa. Ein Sujet, das ihm besonders am Herzen liegt. „Wenn die Leute meine Schweine-Bilder sehen, finden sie die auch gut“, sagt de Kort und schmunzelt. Warum gerade Schweine? Das habe mit seinen Erinnerungen aus der Kindheit zu tun, erklärt er. Die Nachbarn damals waren Bauern und hatten Schweine. „Da haben wir oft von dem Fleisch etwas abbekommen.“
De Kort, dem weltbekannten Bibel-Illustrator, ist es wichtig, nicht auf seine Bibel-Arbeiten reduziert zu werden. „Ich bin ja Künstler und ich male auch andere Sachen. Das ist auch wichtig.“ Und weiter: „Ich bin 84 Jahre alt, aber ich male noch immer, jeden Tag.“ Farbe und Pinsel seien nun mal für ihn die besseren Werkzeuge als Worte, um sich mitzuteilen. Dass er aber vor allem berühmt wurde, weil er die Bibel-Bilder gemalt hat, findet er gut. „Ich habe es nie bereut.“
Diesen Artikel finden Sie auch in der Ausgabe 2/2019 des Christlichen Medienmagazins pro. Sie können die Zeitschrift kostenlos und unverbindlich bestellen unter der Telefonnummer 06441/5667752, via E-Mail an info@pro-medienmagazin.de oder online.
Von: Jörn Schumacher