Der Impuls kam vom Bischof selbst. Der Seelsorger und Sportsmann Michael Gerber ist vor seiner Amtseinführung als Bischof des Bistums Fulda gepilgert. Auf der 47 Kilometer langen Strecke, die vom Hoherodskopf im Vogelsberg nach Fulda führte, war es ihm wichtig, mit den Gläubigen ins Gespräch zu kommen. Vor allem die junge Generation liegt ihm am Herzen.
Pilgern begeistert den Theologen schon lange. Seit rund 30 Jahren pilgert er regelmäßig. „Im vergangenen Sommer waren es drei Wochen – meistens mit jungen Leuten“, erklärt er gegenüber pro. So kann er sich einerseits sportlich betätigen, aber auch ganz bewusst mit Menschen unterwegs sein. Am liebsten mit jungen Menschen, weil sie die Zukunft der Kirche sind.
Alte Weggefährten und neue Freunde
Am Freitag begleitet ihn eine ausgewählte Gruppe von etwa 40 Personen. Ein großer Teil sind langjährige Freunde und Weggefährten aus seiner Zeit in Freiburg. Hier war Gerber Weihbischof, bis ihn Papst Franziskus als Bischof nach Fulda beorderte. Die jüngsten Teilnehmer an diesem Tag kommen aus einer katholischen Schule im hessischen Hanau. Die Schule wird in diesem Jahr 100 Jahre alt. Zwei Lehrerinnen hatten gefragt, ob sie mit dabei sein dürften. Ein paar Teilnehmer kommen aus den Jugendverbänden des Bistums.
Durch die hügelige Landschaft des Vogelsbergs geht es für die Gruppe manchmal schleppend voran. Für den Bischof ist das kein Problem. Er hat einen 40 Jahre alten Pilgerstab dabei: „Mit dem Stab bin ich schon lange unterwegs. Auf ihm ist das Kreuz der Einheit zu sehen.“ Er spricht mit den Menschen. Manchmal teilen sie private Erlebnisse, manchmal werden auch Glaubensthemen oder Entwicklungen innerhalb der Katholischen Kirche thematisiert. Gerber bereitet das sichtlich Freude.
An Krisen nicht zerbrechen
Ihm ist wichtig, dass die Kirche möglichst schnell möglichst viel für ihre Glaubwürdigkeit tut. Der Theologe nimmt aber auch eine „massive Verunsicherung in der Gesellschaft“ wahr. „Früher hatte man das Gefühl, dass immer alles besser wurde. Heute wankt vieles – auch in demokratischen Staaten“, beobachtet er. Unterwegs und in den Pausen beantwortet Gerber geduldig die Fragen der Pilger und der Medienvertreter. Er nimmt sich auch Zeit für Fotowünsche.
Für ihn geht es natürlich darum, „sein“ Bistum erst einmal kennenzulernen. Der groß gewachsene Mann möchte aber auch, dass der Glaube seiner Schäfchen wächst. Wichtig sind ihm Glaubenskurse und dass Kirche den Menschen eine Heimat gibt. Die Apostelgeschichte ist für ihn ein Beispiel dafür, dass die Menschen an Krisen nicht zerbrechen müssen: „Ich möchte die Menschen in die Weite führen.“
Parallelen sieht er zwischen Sportlern und Theologen: „Beide habe ein klares Ziel vor Augen und müssen sensibel sein für die Menschen in ihrem Umfeld. Das bedeutet, auch kritische Rückmeldungen des Gegenübers zuzulassen.“ Zur Halbzeit der ersten Etappe kann er sich vorstellen, auch als Bischof eine solche Wanderung zu wiederholen.
In den Gesprächen möchte er herausfinden, was er dazu beitragen kann, dass Menschen den Glauben als relevant für ihr Leben erfahren. Dafür biete das Pilgern Zeit. Gerber ist Realist. Er benennt die Chancen und Herausforderungen seiner Kirche klar. Die zweite Etappe am Samstag war für jeden, der mitpilgern wollte, geöffnet. Am Samstag haben sich laut Bistum 600 Pilger mit auf den Weg gemacht, die die Etappe ganz oder nur teilweise begleitet haben.
Papst Franziskus hatte Gerber am 13. Dezember 2018 zum neuen Fuldaer Bischof ernannt. Der Geistliche kommt aus dem Erzbistum Freiburg. Dort war er fünfeinhalb Jahre Weihbischof. Am Sonntag wurde er im Dom in Fulda offiziell in sein Amt eingeführt.
Von: Johannes Blöcher-Weil