Jana Highholder: „Jeder Mensch ist ein Influencer“

Studentin und Poetry-Slammerin Jana Highholder will über YouTube junge Menschen mit dem Glauben in Berührung bringen. Dahinter steht die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD). „Wenn ich Menschen nicht in die Gottesdienste bringen kann, dann bringe ich den Gottesdienst eben zu den Menschen", sagt sie.
Von PRO
Jana Highholder studiert in Münster Medizin. Für die Evangelische Kirche betreibt die Poetry-Slammerin seit März einen Video-Podcast auf YouTube.

Jana Highholder ist 19 Jahre alt und studiert in Münster Humanmedizin. Das Energiebündel steht schon seit vier Jahren regelmäßig auf Poetry-Slam-Bühnen, und dann sprudeln ihre kreativen Gedanken nur so aus ihr heraus. Schon zwei CDs mit eingesprochenen Texten von ihr sind erschienen. Die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) ermöglicht diesen YouTube-Auftritt, den das Gemeinschaftswerk der Evangelischen Publizistik (GEP) und die Arbeitsgemeinschaft der evangelischen Jugend (aej) vorgeschlagen hatten, denn sie wollten mit Jana einen Versuch starten: Sie soll neben ihrem Studium als „ganz normaler Mensch“, wie sie selbst sagt, aus ihrem Leben berichten in der Art, wie es Influencer heutzutage tun. Die Besonderheit: Jana ist bekennende Christin.

Ihr YouTube-Kanal, der schlicht den Namen „Jana“ trägt, hat nicht in erster Linie das Ziel, die Zuschauer zum christlichen Glauben zu bekehren. „Das ist keine Missionsarbeit“, sagt Jana gegenüber pro. „Wir wollen in dem Kanal zunächst mal Berührungspunkte schaffen, ins Gespräch kommen. Das ist eine Plattform, die anbietet, auch mal über Glauben zu sprechen, und zwar aus einer christlichen Perspektive.“ Sie stellt sich das so vor: Wenn sie wiedermal in ihren begeisterten Redeschwall gerät, kann es zum Beispiel sein, dass jemand sie unterbricht und fragt: „Aber Jana, was heißt ‚errettet sein‘ eigentlich?“ Und dann kann sie auf derartige Zuschaueranfragen antworten. Sie möchte ganz natürlich auftreten und keineswegs wie eine Schauspielerin nur so tun, als ob sie eine Christin wäre.

Inhalte betreut die Kirche redaktionell

Im Alter von sechs Jahren erkrankte sie an Krebs. Diese Zeit und auch der Sieg über den Krebs haben ihr Leben bis heute geprägt. Sie lernte schon früh: Jeder Tag ist ein Geschenk. Und diese positive Einstellung zum Leben kommt bei jenem, der sie trifft, sofort rüber. Von der Idee des YouTube-Kanals war sie begeistert. „Wir begegnen jungen Menschen dort, wo sie sind. Meine Generation verbringt viel Zeit in den Sozialen Medien. Wenn ich Menschen nicht in die Gottesdienste bringen kann, dann bringe ich den Gottesdienst eben zu den Menschen.“

Dass sie einen Spagat herstellen muss zwischen einer Person, die sich privat darstellt, und jemandem, der von einer Organisation dazu beauftragt wurde, stellt für sie kein Problem dar. Das Unternehmen „Mediakraft Networks“ in Köln produziert die Videos und betreut den Kanal nebst Instagram und Facebook. Die Experten haben bereits YouTubern wie ApeCrime, daaruum, Taddl, Y-Titty und Die Lochis zu mehr Reichweite verholfen. Einen Knacks bekam das Image des Konzerns, als der YouTuber Simon Unge mit damals rund 30 Millionen monatlichen Klicks sowie der Influencer LeFloid die Zusammenarbeit mit Mediakraft beendeten. Unge warf der Firma vor, ihn nicht ausreichend unterstützt und ohne sein Einverständnis Folgen auf seinem Kanal gelöscht zu haben.

Jana ist bei der Themenwahl, die sie ansprechen möchte, ganz frei, wie sie sagt. Aber: „Natürlich lasse ich das, was ich sage und tue, von der Redaktion abnehmen. Das Gemeinschaftswerk der evangelischen Publizistik (GEP) steht schließlich im Impressum und verantwortet den Kanal und Mediakraft produziert. Und Redaktion ist nicht nur ‚Abnahme‘, sondern beginnt schon bei der Themenfindung.“ Das Konzept sei es zunächst einmal, dass die Zuschauer die Person Jana „kennenlernen“, eben „eine normale junge Frau, die ihren Glauben lebt“. Glaube ist für sie nicht etwas, was am Sonntag in der Kirche stattfindet, sondern jeden Tag im Alltag. Und wer ihren Alltag zeigt, zeigt auch ihren Glauben. Bisher ist tatsächlich hauptsächlich eine normale junge Medizinstudentin in ihren durchschnittlich zehnminütigen Filmchen zu sehen, die den ganz normalen Stress des Studentenlebens stemmen muss, aber zudem auch als Poetry-Slammerin durch christliche Gemeinden tourt. Jana ist zu sehen, wie sie sich auf ihr Studium vorbereitet, mit Freunden ausgeht oder zu einem Foto-Shooting geht.

Offenbar wolle die Evangelische Kirche eine „christliche Dagi Bee“ heranzüchten, ätzte das Livestyle-Magazin Vice, anspielend auf die sehr erfolgreiche deutsche YouTuberin, die durch Schmink-Tipps berühmt wurde. „Auf den ersten Blick“ sehe Jana Highholder auch aus „wie eine ganz normale YouTuberin“, hieß es weiter. „Auch sie verkauft Dinge – nur eben nicht Lippenstift oder Abnehm-Tees, sondern Jesus.“ In der Tat ist es am Ende nicht eine beliebige Person, die Mitteilungsdrang hat und aus ihrem privaten Leben erzählt, sondern eine von einer Organisation beauftragte Studentin, die – mehr oder weniger – eine Agenda hat. Einerseits spricht hier Jana, die Poetry-Slammerin, die sagen kann, was sie denkt, andererseits spricht sie im Auftrag einer Kirche. Doch sie solle gar nicht Botschafterin der Institution sein, sondern des evangelischen Glaubens. Jana möchte da vom Glauben sprechen, wo es ihr tatsächlich auf dem Herzen liegt. Sie selbst ist in einem christlichen Elternhaus aufgewachsen, ging früher in eine Freie evangelische Gemeinde in Koblenz, bezeichnet sich als „evangelisch“ und mit einem facettenreichen Glauben ausgestattet.

Den Begriff Influencer benutzt sie mit Vorsicht, denn er sei für viele Menschen negativ konnotiert. Im Grunde werde jeder Mensch permanent beeinflusst und beeinflusse auch selbst ständig andere. „Ich finde es falsch zu sagen: ‚Ich bin ab jetzt Influencer‘“, sagt Jana, „denn im Grunde hat jeder Mensch seine Bühne, und zwar genau dort, wo er ist. Die Mutter, die für ihre Kinder kocht, hat auch eine Bühne, etwa indem sie ihren Kindern Mutterliebe zeigt. Jeder Mensch ist Influencer.“ Was ihr am Glauben besonders wichtig ist? „Beständigkeit. Denn das ganze Leben besteht ja fast immer aus Phasen: Schule, Abitur, Freunde ziehen weg, dann hat man eine Uni-Phase. Mein Glaube und mein Gott, und die Beziehung, die ich mit ihm führe, sind beständig und begleiten alle Phasen. Das gibt mir Halt.“

Dieser Text ist in der Ausgabe 3/2018 des Christlichen Medienmagazins pro erschienen. Bestellen Sie pro kostenlos hier.

Von: Jörn Schuhmacher

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