Der 27-jährige Schauspieler Maximilian Pulst, der festes Ensemblemitglied am Hessischen Staatstheater Wiesbaden ist, glänzt derzeit als „überheblicher“ Martin Luther auf der Bühne der Bad Hersfelder Festspiele. In „Luther – Der Anschlag“ spielt er mit ganzem Körpereinsatz eine der drei Luther-Figuren, die unterschiedliche Facetten und Lebensabschnitte des Reformators im Stück widerspiegeln.
pro: Ihre Luther-Figur hat den Beinamen „Der Überhebliche“ erhalten. Wie würden Sie selbst die hervorstechenden Facetten Ihrer Interpretation beschreiben?
Maximilian Pulst: Der Beiname stand am Anfang der Produktion. Nach sechs Wochen Proben wird daraus aber eine eigene, komplexere Interpretation. Ich würde meine Rolle eher als den jungen Luther bezeichnen, der in dieser Phase aus Selbstzerfressenheit besteht und der auf der Suche nach der wirklichen Wahrheit und nach Gott ist.
Inwiefern hat Ihre Arbeit mit dem Charakter Ihren Blick auf die historische Figur Martin Luther verändert?
Sehr. Als ich die Rolle bekam, fing ich natürlich an zu recherchieren. Ich bin in der Evangelischen Kirche und christlich aufgewachsen. Aber alle Schriften – besonders die späten – waren mir nicht bewusst. Auch sein Antisemitismus war mir nicht gegenwärtig. Darüber war ich ehrlich gesagt auch erschrocken. Wenn man spielt, ist es großartig, wenn solche Differenzen in einer Figur auftauchen. Das weckt den Forschergeist.
Welche Originaltexte Luthers haben Sie gelesen, um sich vorzubereiten?
Ich habe den „Briefverkehr“ zwischen Papst Leo X. und Luther gelesen. Ich habe mich auch mit der Bibel beschäftigt, vor allem mit seiner sprachlichen Vielfalt, die in der Bibel besonders wortgewaltig daherkommt.
Wie gläubig sind Sie? Gehen Sie regelmäßig in die Kirche?
Ich gehe nicht regelmäßig, aber meine Eltern sind sehr aktiv in der Kirche. Wenn ich sie besuche, gehe ich auch immer mit in die Kirche. Durch meinen Beruf gestaltet sich das meist schwierig, was ein wenig schade ist. Mein eigener Glaube wurde sehr bestimmt und geprägt durch den französischen Pilgerort Taizé. Da war ich mehrfach. Diese Ökumene ist bezaubernd. Dieser Ort, in den im Sommer zehntausend Jugendliche kommen und in dem es egal ist, ob man evangelisch oder katholisch ist. Alle nehmen am Abendmahl teil. Jeder macht das, wie er es für richtig hält. Es gibt nur Gott. Und die Institution zieht sich zurück. Das fand ich ganz toll, zu sehen, dass das funktioniert und Menschen aus der ganzen Welt zusammenbringt. Das hat meinen Glauben ganz stark beeinflusst und gestärkt und viele Fragen beantwortet und neue aufgeworfen.
Wie war die Schauspielführung von Regisseur Dieter Wedel?
Das war spannend: Herr Wedel hat eine ganz eigene Art, Proben zu führen. Am Anfang hat er über die Szenen gesprochen, die wir an den Tagen geprobt haben. Er hat ein unglaubliches historisches Wissen und hat sich über die Figur Martin Luther viel angeeignet. Somit baute er einen großen Rahmen, in den wir uns als Schauspieler hineinbegeben durften. Das war spannend, weil er uns mit viel Material gefüttert hat. Am Anfang hat man nahezu eine Stunde vorher gesprochen, bis man dann gespielt hat.
Janina Stopper über ihre Rolle als Luther
Die 28-jährige Schauspielerin Janina Stopper ist als junger Luther mit Tonsur auf der Bühne fast nicht wiederzuerkennen. Mit ihrer größtenteils pantomimischen Interpretation dient sie im Stück „Luther – Der Anschlag“ auch als Übersetzerin der Emotionen der anderen beiden Luther-Darsteller.
Sie spielen laut Vorankündigung Luther, den Verzweifelten. Wie haben Sie sich Ihrer Rolle genähert?
Janina Stopper: Der Verzweifelte stimmt tatsächlich. Wenn wir proben, schreibe ich mir immer passende Subtexte oder eine Überschrift zu einer Szene in mein Textbuch. Ich habe mir zum Beispiel reingeschrieben: Trauer, Wut, Verzweiflung, auch Angst.
Sie spielen eine eher jüngere Persönlichkeit Luthers?
Als das Buch zum Stück geschrieben wurde, war vorgesehen, dass die Rolle eine weibliche Facette von Luther darstellen solle. Auf der Bühne trage ich eine Tonsur und sehe sehr jung aus, fast wie ein Kind. Ich spiele Luther als Kind beziehungsweise kleinen Jungen mit einem „weiblichen, sanften Touch“.
Wie hat sie Regisseur Dieter Wedel auf die Rolle vorbereitet? Mit Texten?
Ich habe mir eine Biografie besorgt: Lyndal Ropers Buch „Der Mensch Martin Luther“, das zum Beispiel untersucht, wie Luthers Beziehung zu seiner Mutter gewesen sein muss. Sehr interessant und spannend. Da habe ich mir die Passagen herausgesucht, wo es um den jungen Luther geht. Und ich hatte natürlich das Textbuch.
Was bedeutet Ihnen die historische Person Luther?
Das ist eine nicht leicht zu beantwortende Frage, da ich nicht gläubig bin. Was ich aber durch das Stück gelernt habe: Ich setze mich eher emotional mit Menschen auseinander. Für mich ist Luther aufgrund seiner Zerrissenheit eine sehr spannende Figur. Für mich steht Luther für einen sehr interessanten, zwiespältigen Charakter, der unfassbar viele Facetten hatte. Eine Person, in der sich das Gute und das Böse vereinte. Jeder Mensch hat diese Anteile in sich. Wenn man sich ein wenig damit beschäftigt, ist Luther ein gutes Paradebeispiel, dass wir Menschen eine wahnsinnig tolle, aber auch eine wahnsinnig fragwürdige Seite haben.
War es eine besondere Herausforderung, dass Sie mit Luther einen Mann auf der Bühne spielen?
Na, ich finde das als Schauspielerin natürlich toll. Ich liebe das, in andere Persönlichkeiten zu schlüpfen, Perücken zu tragen und mein Äußeres zu verändern. Ich habe schon einmal einen kleinen Jungen gespielt, das war der Protagonist in „Der kleine Prinz“. Das passte, weil ich auch so klein und zierlich bin. Aus meiner Körperlichkeit kann ich nicht ausbrechen, aber aus dem Geschlecht. Das ist die Herausforderung: Facetten von einer Figur wahrnehmen, die man ansonsten nicht wahrnimmt – wie aktuell in der Rolle Luther.
Vielen Dank für das Gespräch!
Sie spielen laut Vorankündigung Luther, den Verzweifelten. Wie haben Sie sich Ihrer Rolle genähert?
Janina Stopper: Der Verzweifelte stimmt tatsächlich. Wenn wir proben, schreibe ich mir immer passende Subtexte oder eine Überschrift zu einer Szene in mein Textbuch. Ich habe mir zum Beispiel reingeschrieben: Trauer, Wut, Verzweiflung, auch Angst.
Sie spielen eine eher jüngere Persönlichkeit Luthers?
Als das Buch zum Stück geschrieben wurde, war vorgesehen, dass die Rolle eine weibliche Facette von Luther darstellen solle. Auf der Bühne trage ich eine Tonsur und sehe sehr jung aus, fast wie ein Kind. Ich spiele Luther als Kind beziehungsweise kleinen Jungen mit einem „weiblichen, sanften Touch“.
Wie hat sie Regisseur Dieter Wedel auf die Rolle vorbereitet? Mit Texten?
Ich habe mir eine Biografie besorgt: Lyndal Ropers Buch „Der Mensch Martin Luther“, das zum Beispiel untersucht, wie Luthers Beziehung zu seiner Mutter gewesen sein muss. Sehr interessant und spannend. Da habe ich mir die Passagen herausgesucht, wo es um den jungen Luther geht. Und ich hatte natürlich das Textbuch.
Was bedeutet Ihnen die historische Person Luther?
Das ist eine nicht leicht zu beantwortende Frage, da ich nicht gläubig bin. Was ich aber durch das Stück gelernt habe: Ich setze mich eher emotional mit Menschen auseinander. Für mich ist Luther aufgrund seiner Zerrissenheit eine sehr spannende Figur. Für mich steht Luther für einen sehr interessanten, zwiespältigen Charakter, der unfassbar viele Facetten hatte. Eine Person, in der sich das Gute und das Böse vereinte. Jeder Mensch hat diese Anteile in sich. Wenn man sich ein wenig damit beschäftigt, ist Luther ein gutes Paradebeispiel, dass wir Menschen eine wahnsinnig tolle, aber auch eine wahnsinnig fragwürdige Seite haben.
War es eine besondere Herausforderung, dass Sie mit Luther einen Mann auf der Bühne spielen?
Na, ich finde das als Schauspielerin natürlich toll. Ich liebe das, in andere Persönlichkeiten zu schlüpfen, Perücken zu tragen und mein Äußeres zu verändern. Ich habe schon einmal einen kleinen Jungen gespielt, das war der Protagonist in „Der kleine Prinz“. Das passte, weil ich auch so klein und zierlich bin. Aus meiner Körperlichkeit kann ich nicht ausbrechen, aber aus dem Geschlecht. Das ist die Herausforderung: Facetten von einer Figur wahrnehmen, die man ansonsten nicht wahrnimmt – wie aktuell in der Rolle Luther.
Vielen Dank für das Gespräch!
Die Fragen stellte Michael Müller. (pro)
Von: mm