„Terror ist des Teufels“

Der Islam trage keine Schuld an Anschlägen und Terror. Das hat der Großscheich der Al-Azhar-Universität in Kairo, Ahmad al-Tayyeb bei seinem Vortrag auf dem Kirchentag betont. Terror müsse ein gemeinsamer Feind sein.
Von Jonathan Steinert
Großscheich Ahmad al-Tayyeb von der Al-Azhar in Kairo rief auf dem Kirchentag zum gemeinsamen Kampf gegen Terrorismus auf

Der Großscheich der Al-Azhar-Universität, Ahmad al-Tayyeb, eine der höchsten Autoritäten des sunnitischen Islam, hat auf dem Kirchentag Terror grundsätzlich verurteilt. Er machte deutlich, dass Terror und Gewalt nicht das eigentliche Wesen des Islam seien. „Diese Verbrechen sind verabscheuungswürdig und stehen nicht für den Islam und die Muslime“, sagte Al-Tayyeb. Sie trügen keine Schuld an den Terroranschlägen, „die nur Schaden bringen und zu dem Bild beitragen, der Islam sei brutal und blutrünstig“. Er kritisierte die Medien, die diese Bluttaten „noch abstoßender“ darstellten, sodass sich bei den Betrachtern ein noch schlimmeres Bild festsetze. Er wisse nicht, wie der Islam eine Religion des Terrors sein solle, wenn die meisten Opfer selbst Muslime seien.

Westliche Religionsgelehrte bat der Scheich, das „ falsche Bild“ des Islam zu korrigieren. Er rief dazu auf, den Terror als gemeinsamen Feind anzusehen und sich dem entgegenzustellen. „Terror ist des Teufels und kann kein Werk von Gottesgläubigen sein.“ Es sei an der Zeit, „einstimmig die Glocken zu läuten und zum Gebet zu rufen und zu sagen: Schluss mit diesem Verbrechen im Namen von Religionen.“ Christen und Muslime im Orient und Okzident müssten gemeinsam gegen Terror aufstehen, „sonst schaffen wir es nicht, dagegen anzukommen“.

Al-Azhar will gegen Extremismus vorgehen

Al-Tayyeb wandte sich besonders an die jungen Menschen. Sie müssten eine Friedensbotschaft aussenden, die Kultur des Hasses beenden, die trennenden Mauern zwischen Kulturen zu überwinden und Brücken bauen, damit die Menschen so leben können, wie es dem 21. Jahrhunderts angemessen sei. Er äußerte die Hoffnung, dass ein Leben in Frieden und Brüderlichkeit zwischen Religion möglich sei. Es sei ein Anliegen seiner Institution, den Ruf des Islams zu retten und eine Botschaft des Friedens zu lehren. Dazu wolle die Al-Azhar auch Muslime aufklären, dass sich Extremisten nicht auf den Koran berufen könnten.

Thomas de Maizière betonte in seiner Rede, dass religiöse Toleranz ein Verständnis vom eigenen Glauben voraussetze Foto: idea/kwerk.eu
Thomas de Maizière betonte in seiner Rede, dass religiöse Toleranz ein Verständnis vom eigenen Glauben voraussetze

Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) lobte die Bemühungen der Al-Azhar im Kampf gegen islamistischen Extremismus. Er warb für mehr religiöse Toleranz. Die Globalisierung mache dies notwendig, da sich die Religionen nicht mehr aus dem Weg gehen könnten. Interkulturelle Kompetenz werde daher zunehmend wichtiger. „Unwissenheit ist der erste Schritt zur Intoleranz.“ Er betonte zudem, dass die Religionen selbst ein friedliches Miteinander organisieren müssten, nicht in erster Linie die Politik. Er wies auf den Friedensgedanken hin, der zum Kern aller drei monotheistischen Religionen gehöre. „Wir werden die Probleme gemeinsam lösen müssen – Antijudaismus, Christenverfolgung, Islamophobie.“

Viele Menschen in Deutschland und Europa hätten Angst, dass sich die eigene Identität und Kultur zu sehr verändert, wenn andere Religionen großzügige Entfaltungsmöglichkeiten erhielten.Deshalb bedeute religiöse Toleranz, sich der eigenen Identität bewusst zu machen, und die Kultur und den Glauben anderer Menschen zu respektieren. „Auch Muslime sind Tei unseres Volkes und Teil unseres Landes.” Es sei wichtig, dass Muslime, die nach Deutschand kämen, ein Teil der Gesellschaft würden. „Unser Land tut viel dafüür. Aber natürlich fordern wir auch von ihnen, unsere Grundwerte zu akzeptieren. Wir zeigen Respekt und wir fordern Respekt ein.“

Neuer Terroranschlag auf Christen in Ägypten

Während der Veranstaltung erhielt de Maizière die Information, dass es in Kairo einen erneuten Anschlag auf Christen gegeben habe, bei dem 23 Menschen starben. Angesprochen darauf wie auch auf frühere Attentate auf Christen in Ägypten, drückte Al-Tayyeb sein Beileid aus. „Seien sie sich bitte sicher, dass kein Ägypter mit solchen Taten sympathisiert. Kein Christ, kein Muslim.“ Bei Taten wie diesen gehe es darum, die Stabilität in Ägypten zu erschüttern und die unterschiedlichen Bevölkerungsgruppen gegeneinander aufzuwiegeln.

Großscheich Al-Tayyeb und Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) haben sich auf dem Kirchentag nicht zum ersten Mal getroffen: Im vorigen Jahr war Al-Tayyeb bereits schon einmal in Deutschland und sprach in Berlin und Münster, de Maizière hielt seinerseits einen Vortrag in der Al-Azhar. Foto: idea/kwerk.eu
Großscheich Al-Tayyeb und Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) haben sich auf dem Kirchentag nicht zum ersten Mal getroffen: Im vorigen Jahr war Al-Tayyeb bereits schon einmal in Deutschland und sprach in Berlin und Münster, de Maizière hielt seinerseits einen Vortrag in der Al-Azhar.

Die Täter seien keine ägyptischen Staatsbürger, sondern hätten den Auftrag, das Land zu destabilisieren und in Chaos zu stürzen, wie es auch in anderen Ländern des Nahen Ostens der Fall sei. „In Ägypten werden keine Terroristen erzogen.“ Auch Ägypter kämen bei solchen Anschlägen zu Tode – Soldaten, Polizisten, Sicherheitskräfte, die beispielsweise auch Kirchen beschützten.

„Gewalt ist kein Element des Islam“

Er gestand ein, dass es auch Spannungen zwischen Christen und Muslimen gebe. „Das sind normale Probleme, die es in jeder Gesellschaft gibt, auch unter Muslimen selbst. Oft bekommt das gleich so eine Note, als wäre es ein Konflikt zwischen Christentum und Islam in Ägypten.“ Auf Nachfrage verwahrte sich der Scheich dagegen, dass der Islam auf irgendeine Weise Gewalt gegen Andersgläubige befürworte. „Gewalt ist kein Element des Islam. Jeder, der sagt, dass der Islam mit Gewalt gegen andere vorgeht, ist unwissend oder will gezielt falsche Informationen verbreiten.Wenn es eine Beziehung zwischen Islam und Gewalt gibt, dann die, dass wir sie grundsätzlich ablehnen.“

Am Ende der Veranstaltung rief Al-Tayyeb zu einer Schweigeminute für die Opfer des Anschlags in Ägypten an diesem Tag auf. (pro)

Von: jst

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