Der bayerische Landesbischof und Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Heinrich Bedford-Strohm, hatte sich in einem Interview der Süddeutschen Zeitung zu Ostern auch zur Bewältigung der wirtschaftlichen Folgen der Corona-Pandemie geäußert. Auf die Frage, ob er eine Vermögensabgabe befürworte, hatte Bedford-Strohm geantwortet: „Ich lege mich nicht fest auf die Form. Ich bin kein Politiker und auch kein Wirtschaftsexperte, ich bin Bischof. Aber dass sich die Solidarität in geeigneten Maßnahmen zeigen muss, das kann ich auch als Bischof sagen.“
Zudem hatte Bedford-Strohm in dem Gespräch erkennen lassen, dass er Steuererhöhungen befürwortet. Auf die Frage „Wären Sie auch bereit für höhere Steuern?“ antwortete der EKD-Ratsvorsitzende. „Ich bin ohne jedes Zögern bereit dazu, und ich hoffe, viele andere Menschen auch. Dass wir als Gesellschaft, dass die, denen es gut geht, zu dieser Solidarität bereit sein müssen, dafür trete ich ein.“ Und: „Und wenn es um das Materielle geht, dann insbesondere um die Solidarität derer, denen es – wie mir – materiell gut geht.“
Markwort: „Unter dem Talar schlägt immer noch das Herz des Sozialisten“
Für seine Äußerungen muss der EKD-Chef harschen Widerspruch einstecken. Kritiker werfen Bedford-Strohm vor, er würde die aktuelle Situation politisch missbrauchen. Am vergangenen Mittwoch zitierte das Nachrichtenmagazin Focus auf seiner Webseite aus einem offenen Brief der Präsidentin des Wirtschaftsrates der CDU, Astrid Hamker, an den Ratsvorsitzenden. „Offensichtlich verstehe ich die österliche Botschaft anders als Sie“, schreibt sie Bedford-Strohm und wirft dem bayerischen Landesbischof vor, sein Amt statt zur Ermutigung für politische Botschaften zu missbrauchen. Hamker kritisierte Bedford-Strohm, weil der sich in dem Interview offenbar nicht explizit gegen die Besteuerung von Vermögen ausgesprochen hatte und verlangte „mehr wirtschaftliches Wissen […] auch von führenden Kirchenvertretern“.
In der aktuellen Ausgabe des Focus geht nun auch der Gründungschefredakteur des Nachrichtenmagazins und bayerische FDP-Landtagsabgeordnete Helmut Markwort mit Bedford-Strohm ins Gericht. Markwort wirft dem EKD-Chef vor, wiederholt seine „linke Gesinnung“ zu verbreiten und sich ins politische Tagesgeschäft einzumischen. „Unter dem Talar schlägt immer noch das Herz des Sozialisten“, wirft Markwort dem SPD-Mitglied vor, das derzeit seine Mitgliedschaft ruhen lässt. Markwort unterstellt in seinem Beitrag Bedford-Strohm, von einem „Kollateralnutzen“ für die Kirchenkasse zu wissen, sollten die Steuern erhöht werden. Denn bei der Erhöhung der Steuern wüchsen auch die Kirchensteuereinnahmen. Markwort schreibt: „Von Bedford-Strohm, der gerne andere zum Verzicht animiert, ist kein Wort zu einem Verzicht der Kirche bekannt. Es wäre praktizierte Nächstenliebe, in Zeiten der Corona-Krise Kirchensteuer zu erlassen.“
Bestseller-Autor: „Ideologische Vorstellungen dürfen nicht mit der Autorität des Amtes vermischt werden“
Auch der Volkswirt und Bestseller-Autor Markus Krall hat kein Verständnis für die Äußerungen von Bedford-Strohm und sieht darin den Versuch, „die Corona-Krise zum Anlass für Umverteilung“ zu nehmen. Krall, der Sprecher der Geschäftsführung der Degussa Goldhandel GmbH ist, gesteht Bedford-Strohm das Recht auf eine eigene Meinung zu. Auf Anfrage erklärte er jedoch, der Bischof habe „nicht das Recht, seine linken ideologischen Vorstellungen mit der Autorität seines Amtes ausgestattet unter die Gläubigen zu bringen und so zu tun, als gäbe es für den Sozialismus, und nur darum handelt es sich bei seinen Ideen, ein theologisches Mäntelchen, das die Amtskirche ihm anlegen dürfe“.
Krall, bis 2012 Mitglied der CDU, sieht im Sozialismus eine freiheitsfeindliche Ideologie. Der Teufel stelle dem freien Willen, in dem sich die Liebe Gottes zu den Menschen zeige, mit dem Sozialismus ein „Antikonzept“ entgegen. Ein Kirchenmann, der sozialistischen Ideen das Wort rede sei daher kein Theologe, „sondern ein Häretiker“, der sich mit der Autorität seines Amtes am Glauben vergreife.
„Kirchen werden wegen Corona-Krise ökonomisch leiden, aber spirituell wachsen“
Krall sieht die Hauptaufgabe der Kirchen in einer spirituellen Natur, nicht einer wirtschaftlichen. „Die lautstarke Stille, das dröhnende Schweigen der Kirchen in der Corona-Krise, ihr krampfhafter Fokus auf ihre vermeintlich viel wichtigere Aufgabe als Glied der staatlichen Sozialindustrie übertüncht ihr Versagen im Spirituellen“, schreibt Krall, und weiter: „Jetzt wäre es an der Zeit, an Gott und den Glauben als Quelle des Trostes, der inneren Stärkung und der Rückbesinnung auf die Erlösungsbotschaft Christi zu erinnern.“
Krall rechnet mit zwei bis drei Jahren wirtschaftlicher Depression und damit einhergehender Armut von Millionen Menschen als Folge der Coronakrise. Die Kirche müsse „ihre Ressourcen umsteuern um den Ärmsten zu helfen“, fordert Krall. Er rechnet damit, dass der wirtschaftliche Einbruch das Kirchensteueraufkommen ebenso wie das Steueraufkommen des Staates dramatisch reduzieren wird. Die Kirchensteuer habe dazu geführt, dass sich die Kirche von der „Gnade der Politik“ abhängig gemacht und sich von ihren seelsorgerlichen Aufgaben abgewandt habe. Die „halbstaatliche Rolle“ stärke nicht die Kirchen, sondern unterminiere den Glauben. Als Resümee stellt Krall fest, dass die Kirchen wegen der Coronakrise ökonomisch leiden werden. „Aber spirituell werden sie wachsen.“
Zu der Kritik am Ratsvorsitzenden wollte sich die EKD auf Anfrage von pro nicht äußern.
Von: Norbert Schäfer