Diener tritt aus „geistlichen Beweggründen“ nicht mehr an

Der scheidende Präses des Gnadauer Verbandes, Michael Diener, hat auf der gestern endenden Mitgliederversammlung über den Verzicht seiner erneuten Kandidatur gesprochen. Demnach trage der Sächsische Gemeinschaftsverband eine Mitverantwortung dafür. Kritik äußerte Diener auch an Teilen der evangelikalen Bewegung.
Von PRO
Präses Michael Diener kandidiert nicht für eine weitere Amtszeit beim Gnadauer Verband

Ende Dezember letzten Jahres kündigte Michael Diener, Präses des Gnadauer Gemeinschaftsverbandes, in einem internen Brief an, die Bereitschaft zu erneuter Kandidatur „aus persönlichen Gründen, zurückzuziehen“. Auf der Mitgliederversammlung vom 13. bis 15. Februar nannte Diener nun erstmals die Gründe für diese Entscheidung. Gegenüber den Mitgliedern in Elbingerode sagte er, dass er nicht „vertrieben worden sei“. Vielmehr lasse er aus „geistlichen Beweggründen los“.

Seine Berufung habe er an dem Tag zurückgegeben, an dem der Sächsische Gemeinschaftsverband der Kritik an seiner Person zugestimmt habe. Sachsen sei „das Herz und die Mitte Gnadaus“. Umso mehr habe ihn dieses Votum „persönlich beschwert und verletzt“. Eine mögliche Wiederwahl hätte die Zusammenarbeit mit seinen Kritikern nicht einfacher gemacht. Er sei nicht bereit, für seine, von den „Konservativen“ abweichenden Überzeugungen für den Rest seiner Dienstzeit in Frage gestellt zu werden.

In seinem Bericht wehrte sich Diener weiterhin gegen den Vorwurf, sich der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) in theologischen und ethischen Fragen zu sehr angenähert zu haben. „Ich bin kein ‚trojanisches Pferd‘ und kein ‚falscher Fuffziger‘, sondern ein ehrlicher Sachverwalter unserer Themen und Anliegen.“ In seiner Amtszeit habe er immer konservative Positionen vertreten.

„Bin Pietist“

Dennoch sieht sich der 57-Jährige eher als Pietist. Auch wenn pietistisch und konservativ gemeinsame Schnittmengen hätten, würde er sich „ungern als konservativ“ bezeichnen. Die dabei „mitschwingenden“ Inhalte seien ihm zu „unbestimmt“. Diener warnte in diesem Zusammenhang, sich über die „durchgängigen Warnungen der Heiligen Schrift vor dem Richten“ hinwegzusetzen. Dies gehöre aber „offensichtlich zu diesem konservativen Profil“. Besonders Konservative wie der Vorsitzende des Mecklenburgischen Gemeinschaftsverbandes, Hartmut Zopf, gebrauchten einen „völlig unreflektierten Umgang mit dem Wortpaar biblisch-unbiblisch“. Demnach werde als biblisch die eigene Meinung dargestellt, als unbiblisch dagegen die abweichende der anderen.

Sein Ziel, Brücken zwischen den Strömungen zu bauen, sei daher genau dort gescheitert, wo Menschen auf der einen Seite kein Interesse daran gehabt hätten, erklärte Diener. „Wo Pluralität an der eigenen Nasenspitze endet, wo alles Fremde immer gleich beurteilt und schubladisiert werden muss, wo man die ganze geistliche Wahrheit schon längst gebunkert hat, wo das Reich Gottes nicht größer ist als die eigene Sichtweise, da braucht es keine Brücken.“ Diener gestand sich ein, in diesem Punkt gescheitert zu sein. Es sei „illusorisch und wirklichkeitsfremd“ gewesen, das „konservative Milieu“ mit anderen verbinden zu wollen.

Michael Diener hatte Ende Dezember in einem internen Schreiben angekündigt, 2021 für keine weitere Amtszeit zu kandidieren. Stattdessen wird er Ende August 2020 aus seinem Amt scheiden und ein einjähriges Sabbatjahr einlegen.

Von: Martin Schlorke

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Eine Antwort

  1. Bin selbst in tief pietistischem Umfeld und Familie im Badischen aufgewachsen und kenne den Konflikt zwischen denen, die unbedingt an Althergebrachtem unveränderlich festhalten wollen und denen, die immer wieder fragen; „was hätten die Alten heute in unsrer Zeit getan, was hätte Jesus getan“.

    Wir Jungen waren damals -vor über 60 Jahren!- die Letzteren und haben für viel Auseinandersetzung in unsrem Umfeld (CVJM) gesorgt. Doch unsre Prägung konnten wir nicht verleugnen. Die Liebe der Alten zu der Botschaft Jesu war so ansteckend, dass wir uns im Jungmännerkreis sehr intensiv damit ausenandersetzten. Dabei kamen jedoch oft andere Antworten für uns heraus, als sie die Alten für sich gefunden hatten.
    Und Gott sei Dank respektierten die Alten unsre Ansätze, wenn es ihnen ganz offensichtlich auch manchmal sehr schwer fiel.
    Die Gemeinschaft blieb so lebendig, wir konnten auch weiterhin zusammen in der Gemeinschaft leben, beide Seiten respektierten sich gegenseitig und haben viel voneinander gelernt. Ich denke noch heute -als 83-Jähriger- mit Freude an diese Zeit zurück.
    Sie hat mich so geprägt, dass auch heute noch mein Glaube das tragende Fundament meines Lebens ist.
    Über 40 Jahre Jugendarbeit im CVJM, fast 25 Jahre Kirchenvorstandsarbeit in der Landeskirche lasen mich auf erfüllte Lebensjahre zurückblicken.
    Ich bin inzwischen ganz sicher, dass wir uns gegenseitig brauchen zum geistlichen Wachstum.

    Ich als alter Mann verstehe das Grundanliegen, das leider auch heute noch viel zu oft in der „Sprache Kanaans“ artikuliert wird, statt es in eine jungen Menschen verständliche Sprache zu übersetzen. Es dürfen dabei nicht wesentliche Teile unterdrückt werden, aus welchen Gründen auch immer. Dazu bedarf es des ständigen Dialogs zwischen beiden Seiten, die ja auf ihre Art beide Recht haben.
    Das halte ich für so unglaublich wichtig, weil diese bedeutendste Botschaft der Welt unsrer heutigen Generation abhandenzukommen droht.
    Und wenn wir schweigen, werden die Steine schreien… Lk 19,40

    In seiner Predigt sagte Ihr neuer Präses Kern bei seiner Einführung hier in Kassel, dass die Schlüsselfrage der Kirchen und Gemeinschaften nicht sei, wie man neue Mitglieder finden könne.
    „Was uns am meisten fehlt, sind weder Kirchensteuern noch Spenden, weder Mitglieder noch Mitarbeitende, weder Konzepte noch Programme. Was uns fehlt, ist die tiefe Freude von dem, wer Jesus Christus für uns ist.“
    Die Leitfrage für Verantwortliche in Kirche und Gemeinschaft laute „Wem können wir dienen?“

    Ich wünsche mir und Ihnen, dass wir, die Pietisten, als „Konservative“ und „Moderne“ neu lernen, miteinander zu reden und zu erkennen, „Wem können wir dienen?“
    Es soll doch heute gelingt, die Botschaft jungen Menschen so schmackhaft zu machen, wie es meinen „Alten“ vor über 60 Jahren bei uns gelungen ist. Und dazu braucht es beide Seiten.

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