In seiner Kolumne „Rezo stört“ schreibt der YouTuber Rezo regelmäßig auf Zeit Online einen Kommentar. In der aktuellen Ausgabe schreibt er: „Traue dich, o Christenheit!“ Er habe zur Kirche ein schwieriges Verhältnis, erklärt Rezo. „Als Pfarrerssohn habe ich die christlichen Werte kennen und schätzen gelernt, weiß um die zahlreichen positiven Einflüsse der Kirche und die tatkräftige soziale Arbeit vieler ihrer Mitglieder. Auf der anderen Seite komme ich mir manchmal vor, als müsste ich Teile der Kirche und viele selbst ernannte Christen schütteln und an ihre eigenen Glaubenssätze erinnern.“
Die „tatkräftige soziale Arbeit“ von Kirchenmitgliedern beeinflusse die Gesellschaft positiv. Es gelte aber auch, Christen immer wieder „an ihre eigenen Glaubenssätze“ zu erinnern. Hier nehme er eine Diskrepanz zwischen „den gelehrten und den gelebten christlichen Werten“ wahr. „Allerdings bringen uns pauschale Bewertungen von ‚den Christen‘ genauso wenig weit wie Verallgemeinerungen über ‚die Gamer‘“, schreibt Rezo. „Kritik sollte stets belegt werden und nicht nur auf Bauchgefühlen beruhen.“
Papst prangert regelmäßig Verfehlungen an
Er findet jedoch nicht, dass die Evangelische und Katholische Kirche zur Entwicklung des Klimas nicht klar genug Stellung bezögen. Die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) werbe auf ihrer Internetseite mit dem Klimawandel als Hauptthema. Auch der EKD-Ratsvorsitzende Heinrich Bedford-Strohm äußere sich regelmäßig dazu. Die EKD habe zudem ein 78 Seiten starkes Impulspapier zur „Agenda 2030“ erarbeitet. Die Katholische Kirche habe schon 2015 in der Enzyklika „Laudato si“ den Klimawandel zum zentralen Thema gemacht. Der Papst prangere regelmäßig die Verfehlungen verschiedener Staaten an.
Auch auf nationaler Ebene sei die Katholische Kirche aktiv. Der Rat der Deutschen Bischofskonferenz habe „Zehn Thesen zum Klimaschutz“ mit klaren Positionen verabschiedet. Im Herbst habe die Konferenz einen offenen Brief an den UN-Gipfel gerichtet „mit der Aufforderung, endlich die nötigen ‚konkreten gesetzlichen Regelungen, spürbaren Verpflichtungen und ordnungspolitischen Maßnahmen‘ zu verabschieden“. Rezo lobt die Klarheit, mit der Gremien der Katholischen Kirche das Klimapaket der Bundesregierung „detailliert zerpflückt“ haben.
In den Medien habe er darüber aber wenig gefunden, schreibt Rezo. In den Sozialen Medien verbreiteten sich die schlechten Nachrichten der Kirche, etwa zum Kindesmissbrauch, deutlich schneller als die guten. Aufgrund der klaren Positionen, die Kirche in Bezug auf das Klima vertrete, appelliert Rezo: „Legt doch mal los, liebe Christen! Handelt klar, werdet laut, lasst eure Kirchenoberen nicht allein mit ihren rechteckigen Statements!“
Mit Jesus fürs Klima
Zum Auftrag der Kirche gehöre es, alle Menschen willkommen zu heißen und die Türen vor niemandem zu verschließen. Darin sieht Rezo eine mögliche Stärke der Christen, „eine richtige Ansprache zu finden, sich durch Handeln Glaubwürdigkeit zu verdienen und an der Kirchentür, wo der Grat zwischen klaren Ansagen und allgemeiner Offenheit besonders schmal ist, mit Menschen zu sprechen, die für andere lange verloren sind und vom Fridays-for-Future-Demoflyer nicht abgeholt werden“.
Klare Positionierungen seien nicht immer angenehm. In Zeiten, in denen die Menschheit kurz davor sei, „die Schöpfung in großen Teilen zu vernichten und große Teile der Welt unbewohnbar zu machen“, sei es wichtig, auf christliche Art sichtbarer zu kämpfen. Rezo meint, Jesus würde es gutheißen, „wenn Christen ihre Kritik an der Politik und den Feinden der Schöpfung lauter äußern, auf mehr Demos gehen und vehement an die christlichen Standpunkte erinnern, bis wir es alle mitbekommen haben, und die Politik, besonders die vermeintlich christliche, danach handelt“.
Von: Johannes Blöcher-Weil/Jörn Schumacher