Im Juni ist in Mainz ein 1.000 Jahre alter Sarkophag geöffnet worden. Seitdem hatten die Wissenschaftler ihre Ausgrabungen durchgeführt (pro berichtete). Jetzt steht das Ergebnis fest. Es handelt tatsächlich um Erzbischof Erkanbald. Damit ist laut einer Pressemitteilung der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau (EKHN) eine über 100-jährige Forschungsdebatte beendet.
„Er ist es“, sagte Forschungsleiter Guido Faccani am Donnerstag in Mainz. Bei dem Toten handle es sich „mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit“ um Erzbischof Erkanbald, der im Jahr 1021 starb. Die Untersuchung von Textilresten, die bei der Öffnung des Sarkophags gefunden wurden, lasse keinen anderen Schluss zu, erklärte Faccani.
Stadtgeschichte muss neu geschrieben werden
Damit ist für die Wissenschaftler auch erwiesen, dass die heute evangelische Johanniskirche die erste Kathedrale der Bischofsstadt war, vor dem später erbauten heutigen Dom, der seit 1036 Bischofssitz ist. Mit den Ergebnissen werde auch ein Teil der Mainzer Stadtgeschichte neu geschrieben. Es sei etwas Besonderes, dass in Mainz der Alte Dom nicht abgerissen und an gleicher Stelle neu gebaut wurde, sondern, dass der Neubau einen Steinwurf entfernt errichtet wurde.
Aus Sicht der Textil-Restauratorin Anja Bayer liefere das Material „unzählige Erkenntnisse und Teile für das große Geschichtspuzzle“. Die Forscher konnten rekonstruieren, dass der Tote zwischen 40 und 60 Jahre alt war. Der Leichnam war 1,82 Meter groß und hat etwa 70 Kilogramm gewogen. Die Konstanzer Anthropologin Carola Berszin hat zudem herausgefunden, dass der Tote an der Krankheit Morbus Bechterew litt. Die DNA-Analysen seien noch nicht abgeschlossen.
Erkanbalds Geburtsdatum ist ungewiss. Er soll einer Grafenfamilie aus der Region Hildesheim/ Braunschweig/ Hannover entstammen. Zunächst war er Abt des Klosters in Fulda. Erkanbald bestieg am 1. April 1011 nach einmonatiger Vakanz den Bischofsthron und verstarb am 17. August 1021. Ungewöhnlich ist, dass er sich für seine Bestattung seine Amtskirche wählte. Dies widersprach der bisherigen Bestattungstradition der Mainzer Bischöfe und Erzbischöfe, die sich bis dahin alle außerhalb der von Mauern umringten Stadt bestatten ließen. Zu den Forschungsergebnissen ist für Juni kommenden Jahres ein Symposium in Mainz geplant.
Von: Johannes Blöcher-Weil