Der Rat der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) hat entschieden: Die Kirche wird gemeinsam mit anderen zivilgesellschaftlichen Akteuren ein Schiff zur Seenotrettung ins Mittelmeer entsenden. Der Vorsitzende Heinrich Bedford-Strohm erklärte dazu am Donnerstag in der Bundespressekonferenz: Für Kirche und Diakonie sei das Thema der Seenotrettung von zentraler Bedeutung. Menschen, die sich dem christlichen Glauben verpflichteten, könne es nie kalt lassen, wenn Geflüchtete ums Leben kommen. „Jeder Mensch ist geschaffen zum Bilde Gottes, deshalb hat die Not keine Nationalität“, sagte Bedford-Strohm. Daraus ergebe sich eine christliche Pflicht zur Unterstützung und zur Hilfe.
Nachdem der Deutsche Evangelische Kirchentag zuletzt eine Resolution zur Entsendung eines „Kirchenschiffs“ verabschiedete, habe er „so viele Zuschriften wie noch nie“ erhalten – mit der Bitte, das Vorhaben zu realisieren. Nach gründlicher Prüfung habe sich der Rat der Evangelischen Kirche nun in „großer Einigkeit“ dazu entschieden. Die Protestanten wollen in den kommenden Wochen einen Verein gründen und gemeinsam mit einem breiten gesellschaftlichen Bündnis ein Seenotrettungsschiff kaufen. Dieses Bündnis soll aus verschiedenen Akteuren wie Kirchengemeinden, Kultureinrichtungen, Schulen, Unternehmen oder Vereinen bestehen. Auch eine ökumenische Zusammenarbeit hält Bedford-Strohm für möglich. Er zeigte sich optimistisch, dass dieses Bündnis die notwendigen Spenden für den Kauf eines Schiffes generieren kann. Dafür sei ein „hoher sechsstelliger oder niedriger siebenstelliger Betrag“ notwendig.
„Gibt auch Menschen, die das kritisch sehen“
Der Ratsvorsitzende zeigte sich hoffnungsvoll, dass das entsendete Schiff auch in europäischen Häfen werde anlegen können. Er hoffe zum einen darauf, dass die EU entsprechende Verteilmechanismen initiieren könne. Andererseits zeige sich, dass sich eine „Koalition der Willigen“ aus sieben bis 15 europäischen Ländern formiere, die bereit sei, Geflüchtete aufzunehmen.
„Wir wissen, dass es auch in unserer Kirche Menschen gibt, die das kritisch sehen“, räumte Bedford-Strohm zum Vorhaben der Kirche ein. Zusätzlich zu der Entsendung will sich die Kirche für Aufklärung über die Gefahr der Flucht in den Ursprungsländern einsetzen und für bessere Verteilmechanismen und politische Lösungen in Europa eintreten. „Wir werden uns nicht mit den jetzigen Zuständen abfinden“, sagte Bedford-Strohm.
Von: Anna Lutz