Kirchenhistoriker für Abschaffung des Zölibats

Der Kirchenhistoriker Hubert Wolf stellt das Zölibat von Priestern in Frage. Er argumentiert mit der Geschichte der Katholischen Kirche, dem Gebot Jesu und dem Schutz von Kindern und Jugendlichen.
Von PRO
Priesterweihe in der Schweizer Stadt Schwyz

Der Kirchenhistoriker Hubert Wolf von der Universität Münster argumentiert in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung, dass es in den vergangenen 2.000 Jahren Kirchengeschichte keine durchgängige Begründung für das Zölibat von Priestern gibt. Dagegen gebe es heute plausible Gründe, das Zölibat abzuschaffen.

Er führt das Gebot Jesu an, so oft wie möglich das Abendmahl zu feiern. Das werde durch das Zölibat erschwert, weil es heute einer der Hauptgründe für Männer sei, nicht Priester zu werden. Außerdem sei der Schutz von Kindern und Jugendlichen in der Gesellschaft enorm wichtig. Für Wolf ist das Zölibat zwar nicht die Ursache für Missbrauchsfälle, aber doch ein „entscheidender Risikofaktor“.

Die Verbindung von Zölibat und priesterlichem Amt sei weder eine Vorschrift göttlichen Rechts noch ein Gebot Christi oder eine apostolische Anordnung. Der Historiker Wolf sieht in der Geschichte der Katholischen Kirche kein Dogma für eine zölibatäre Lebensform, die lediglich als dem Priestertum „angemessen“ bezeichnet worden ist. Dazu zitiert er auch aus dem Zweiten Vatikanischen Konzil der 1960er-Jahre, dass „die vollkommene und ständige Enthaltsamkeit um des Himmelsreich willen […] nicht vom Wesen des Priestertums selbst gefordert“ ist.

Argumente für Zölibat haben „begrenzte Halbwertszeit“

Die wechselnden Argumente für das Zölibat hatten in der Kirchengeschichte laut Wolf nur eine „begrenzte Halbwertszeit“. Er zählt auf: die kultische Reinheit des Priesters bei der Darbringung von Opfern; das Ideal des asketischen Priesters, das nicht auf Jesus, sondern die spätantike Philosophie zurückgehe; die ökonomischen Wurzeln, die sicherstellen sollten, dass Geistliche ihre Kirchengüter nicht an ihre Kinder vererben können; sowie das theologisch veraltete negative Bild menschlicher Sexualität, in dem sogar die Ehe als etwas Verwerfliches angesehen wurde.

Mit Blick auf die Kirchengeschichte sei die Entscheidung für oder gegen das Zölibat nie absolut gewesen. Sie sei das Resultat von Güterabwägungen. „Wenn in der Katholischen Kirche nach einer gründlichen Güterabwägung die Weihe verheirateter Männer zu Priestern vorgeschlagen würde, dann stünde man damit durchaus auf dem Boden der Tradition“, sagt Wolf. Er hat zum Thema das Buch „Zölibat. 16 Thesen“ geschrieben, das am 16. Juli erscheint.

Von: Michael Müller

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