Missbrauchsvorwürfe gegen Priester nicht rückläufig

Die Vorwürfe des sexuellen Missbrauchs an Minderjährigen gegen Kleriker waren in den Jahren 2009 bis 2015 nicht rückläufig. Das hat der Psychiater Harald Dreßing in einer Studie belegt.
Von Norbert Schäfer
Sexualisierte Gewalt gegen Minderjährige ist eine besonders erschreckende und perfide Gestalt der menschlichen Bosheit

Der sexuelle Missbrauch von Kindern und Jugendlichen durch Kleriker hat die Katholische Kirche in Deutschland schwer erschüttert. Trotz Bemühungen der Kirche waren die Vorwürfe des sexuellen Missbrauchs an Minderjährigen gegen Kleriker in den Jahren 2009 bis 2015 offenbar nicht rückläufig. Das zeigt eine Untersuchung einer Forschergruppe um den Mannheimer Psychiater Harald Dreßing.

In der am Mittwoch veröffentlichten Studie des forensischen Psychiaters aus Mannheim ist auch erkennbar, dass die Zahl der Strafanzeigen gegen Priester und Ordensleute in dem Zeitraum nicht zurückgegangen ist. Gegenüber der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (FAZ) erklärte Dreßing am Freitag: „Die Ergebnisse zeigen, dass die von der Kirche selbst so gelobte Präventionsarbeit in Hinblick auf die Zielgruppe der Kleriker offensichtlich weitgehend wirkungslos ist.“

Prävention stößt auf Granit

Laut FAZ vom Mittwoch sei dies „im Blick auf die seit 2010 ausgeweiteten Präventionsbemühungen der Kirche ‚bemerkenswert‘“. Die Vorbeugungs-Maßnahmen in der Kirche stießen „bei einigen Priestern ‚auf Granit‘, solange ‚strukturelle Risikofaktoren‘ wie klerikale Macht, Zölibat oder kirchliche Sexualmoral unverändert bleiben“, erklärte Dreßing gegenüber der FAZ. Das katholische Online-Magazin Kirche und Leben berichtete am Mittwoch, dass nach Ansicht Dreßings sexueller Missbrauch von Minderjährigen durch katholische Priester ein anhaltendes Problem sei, kein historisches. Dem Bericht zufolge fordern die Autoren der Studie von der Kirche, besonders bei der Präventionsarbeit von Priestern zu intensivieren.

Nach Angaben der FAZ vom Freitag zeigt die Studie auch: Im Vergleich zu Männern in der gesamten Bevölkerung ist sexualisierte Gewalt durch Priester und Ordensleute nicht zurückgegangen.

Der Missbrauchsbeauftragte der Deutschen Bischofskonferenz, Bischof Stephan Ackermann, hat in der Auseinandersetzung zu Besonnenheit aufgerufen. Er wolle sich nicht an „Mutmaßungen über Zahlen“ oder „Spekulationen“ über deren Deutung beteiligen. Seiner Meinung nach fehle es an einer „seriösen Wirkungsforschung für den Bereich der Prävention“, berichtet Kirche und Leben am Freitag.

Hintergrund

Der Psychiater Harald Dreßing leitete Forschungsgruppe, die im September 2018 die Studie „Sexueller Missbrauch an Minderjährigen durch katholische Priester, Diakone und männliche Ordensangehörige im Bereich der Deutschen Bischofskonferenz“ vorgelegt hatte, die den Missbrauch an 3.677 Minderjährigen offenlegte. Die jüngste Untersuchung ist am Mittwoch in der Fachzeitschrift Psychiatrische Praxis erschienen.

Von: Norbert Schäfer

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