Die Synodalen der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) haben sich am Sonntag und Montag mit dem Glauben junger Menschen beschäftigt. Das ist das Schwerpunktthema der diesjährigen Synode in Würzburg. In wissenschaftlichen Vorträgen dazu wurde deutlich, was eigentlich schon bekannt ist: Die Lebenswelt junger Erwachsener kommt in der Kirche kaum vor. Gleichzeitig ist die Generation zwischen 18 und 26 Jahren auch weniger traditionell an Kirche gebunden.
„Es gibt keine Defizite, die die Kirche füllen, oder Fragen, die sie beantworten müsste. Der Bezug zur Kirche ist überhaupt nicht selbstverständlich gegeben“, sagte Gerhard Wegner, der Direktor des Sozialwissenschaftlichen Instituts der EKD, über diese Generation. Er stellte auf der Synode eine Studie seines Instituts zur „Lebens- und Glaubenswelt junger Menschen heute“ vor. Die zeigt, dass sich junge Menschen dafür verantwortlich sehen, ihre Lebenswünsche zu erfüllen. „Junge Menschen empfinden sich als selbstbestimmt und erwarten keine konkrete Unterstützung von Institutionen“ – wie etwa der Kirche. Der Glaube an sich selbst sei stark. Zwar sei auch „eine transzendente Basis vorhanden“, aber wie die genau aussieht, bleibe oft unklar, erklärte Wegner. Persönlicher Glaube werde oft losgelöst von Kirche oder Religion gesehen.
Deshalb müsste die Kirche ihrem eigentlichen Auftrag wieder stärker nachkommen und mehr „Zeugnis von einem Leben mit Christus geben“. Es brauche Geschichten von Menschen, „die ihr Leben als Abenteuer mit Gott erlebt haben“.
Mehr neue Musik, mehr digitales Evangelium
Ähnliche Befunde präsentierte Ulrich Schneekloth von der Shell-Jugendstudie. Für immer weniger junge Menschen habe der Glaube an Gott wesentliche Bedeutung für ihr Leben und ihr Handeln. Der Wissenschaftler empfahl den Synodalen, das aber „nicht als Absage Jugendlicher an Gottesglaube zu interpretieren, sondern als Aufgabe, Gottesglaube jugendkonformer zu kommunizieren“.
Die Präses der EKD, Irmgard Schwaetzer, räumte ein, dass der Kontakt der Kirche zu Jugendlichen nach der Konfirmation oft verlorengehe. „Das ist nicht neu, aber wir haben keine Konsequenzen gezogen. Diese Zeit ist definitiv vorbei.“ Grundlage für neue Schritte sollen zehn Thesen sein, die ein Vorbereitungsausschuss zu dem Thema entwickelt hat und über die die Synodalen am Montag in Arbeitsgruppen berieten. Die leitende Frage dabei war: Was brauchen junge Menschen, um sich mit ihrem Glauben und Engagement in der Evangelischen Kirche zu Hause fühlen zu können?
In den Thesen empfiehlt der Ausschuss zum Beispiel verständliche Bibelübersetzungen wie auch eine größere Vielfalt in der Kirchenmusik. „Das Gesangbuch ist eine Sammlung von Popmusik von über tausend Jahren. Aber Musikgeschichte endet nicht 1950. Bis in 15 Jahren sollten noch mehr Pastoren aus Textverliebtheit herauskommen und sich trauen, Zeugnis abzulegen vor der Gemeinde mit ihrer ganzen Person“, sagte ein Ausschussmitglied. Auch neue Formen für Gottesdienste und Gemeinschaft regte der Ausschuss an. Kirche sollte das Evangelium stärker auf digitalen Kanälen verbreiten. Diese digitale Kompetenz bräuchten auch Mitarbeiter im kirchlichen Dienst. Darüber hinaus sollten junge Menschen mehr Möglichkeiten bekommen, Kirche und Gemeindeleben aktiv mitzugestalten.
Die Synode, das Kirchenparlament der EKD, tagt noch bis Mittwoch. Thematisch geht es am Dienstag unter anderem um die Aufarbeitung sexualisierter Gewalt in der Kirche und den digitalen Wandel.
Von: Jonathan Steinert