Die Evangelische Brüdergemeinde Korntal will dafür sorgen, dass die in ihren Einrichtungen begangenen Missbrauchsfälle in den 50er bis 80er Jahren nicht in Vergessenheit geraten. Das teilte die Gemeinde am Mittwoch mit und bat erneut um Entschuldigung für die Grausamkeiten, die nachweislich in ihren Heimen begangen wurden.
„Das große Ausmaß an Gewalt in seinen unterschiedlichen Formen hätten wir so nicht erwartet“, heißt es in einer schriftlichen Stellungnahme der Gemeindevorsteher Klaus Andersen und Jochen Hägele sowie des Geschäftsführers der angeschlossenen Diakonie, Veit-Michael Glatzle. Die Bürgergemeinde sei „tief erschüttert“. Zugleich verwahrten sich die Leiter dagegen, ihre Gemeinde sei „streng gläubig“ und geprägt von einem „strafenden Gottesbild“: „Grundlegend für unseren Glauben und unser Handeln ist die Liebe zu Gott und die Liebe zu den Menschen.“
So soll es weitergehen
Die Verantwortlichen wollen nun auch unter Beteiligung Betroffener eine Erinnerungskultur etablieren. Um Straftaten künftig zu verhindern, habe die Gemeinde ein bereits bestehendes Präventions- und Schutzkonzept mit Hilfe externer Expertise grundlegend überarbeitet und erweitert. Nicht nur die Jugendhilfe, sondern auch alle anderen Arbeitsfelder von Diakonie und Brüdergemeinde seien darin nun einbezogen. Noch bis zum Juni 2020 sollen sich Betroffene an eine entstprechende Stelle wenden können, die die einzelnen Fälle dokumentiert und aufarbeitet. Ob es danach einen weiteren Aufklärungsbericht geben soll, entscheide sich anhand der dann vorliegenden Informationen.
Im Juni hatte eine Aufklärungsgruppe der Brüdergemeinde ihren Abschlussbericht zu Missbrauchsfällen in den evangelischen Heimen vorgelegt. In 105 Gesprächen schilderten Betroffene physische, psychische und sexualisierte Gewalt bis hin zu Vergewaltigungen. Im Zuge der Recherchen sind 81 Täter identifiziert worden, darunter acht Intensivtäter.
Von: Anna Lutz