Der Mensch hat schon vor seiner Geburt eine unverfügbare Würde. Das betonte Heinrich Bedford-Strohm anlässlich der „Woche für das Leben“. „Auch vorgeburtliches Leben ist einbezogen in den Schutzraum, der durch die Menschenwürde gegeben ist“, sagte der bayerische Landesbischof und Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) am Samstag in Trier. Er beobachte, dass Eltern sich heute zum Teil rechtfertigen müssten, wenn sie ein behindertes Kind zur Welt bringen wollten. Sie seien zunehmend mit einer Mentalität konfrontiert, die nur gesunden Embryonen das Recht auf Leben zugestehe. Das widerspreche der biblischen Botschaft: „Jeder Mensch besitzt vor Gott einen eigenen Wert.“ In Jesus Christus gründe die Gewissheit, dass die Menschenwürde unverletzlich sei.
Bedford-Strohm hob hervor, dass vorgeburtliche Untersuchungen zur Gesundheit des werdenden Kindes dem Leben verpflichtet seien. Wenn ein Embryo Anzeichen für eine Krankheit trage, könne das die Eltern in eine schwierige Situation bringen. Niemand dürfe „von einem moralischen Hochpodest“ über solche Konfliktsituationen hinweggehen, sagte Bedford-Strohm. Weiter machte der Bischof deutlich: „Unsere Gesellschaft ist geprägt von vielfältigen Optionen, unter denen wir diejenige auszusuchen gewohnt sind, die uns am ehesten entspricht. Es muss klar sein, dass beim Umgang mit menschlichem Leben etwas anderes gilt.“ Die Achtung vor der unverfügbaren Würde menschlichen Lebens müsse „die Grundlage und Grenze“ für Entscheidungen in diesen Fragen sein.
Gefahr, Kinder mit Behinderung abzulehnen
Der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland eröffnete am Samstag gemeinsam mit Kardinal Reinhard Marx, dem Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz, in einem Gottesdienst die bundesweite ökumenische „Woche für das Leben“. Bis zum 21. April geht es in diesem Jahr um pränatale Diagnostik, ihre Aufgaben, Folgen und wie sie ethisch, medizinisch und sozial einzuordnen sind.
Vor allem die Frage nach dem Wert des Lebens mit Behinderung steht in dieser Woche im Fokus. Zwar seien die medizinischen Fortschritte hilfreich für die Gesundheit von Mutter und Kind. Aber Evangelische und Katholische Kirche sehen darin auch eine Gefahr, Kinder mit Behinderung abzulehnen und nach einem vermeintlich perfekten Menschen zu streben, heißt es in einer gemeinsamen Mitteilung.
Marx: „Ganze Gesellschaft ist beim Ja zum Leben gefragt“
Kardinal Marx sagte in seiner Predigt, eine Grundhaltung von Zuversicht, Hoffnung und Liebe sei in jeder Schwangerschaft nötig. „Als Christen können wir darauf hoffen und vertrauen, dass Gott das Leben schützt und liebt. Denn Gott sagt bedingungslos Ja zum Menschen.“ Bei Gott seien alle Menschen gleichermaßen wertvoll.
Die Kirche habe dabei mitzuhelfen, „dass das Jawort Gottes zum Leben auch von uns angenommen wird“. Er bezog sich dabei nicht nur auf werdende Eltern, sondern auf die Haltung der Gesellschaft insgesamt. „Wenn das Jawort zum Leben nicht mehr gilt als Respekt vor allen Menschen, geht es an die Fundamente unserer Gesellschaft.“ Er sei dankbar für Eltern, „denen das Ja zum Leben ihres Kindes einiges abverlangt und die dennoch versuchen, mutig und zuversichtlich in die Zukunft zu gehen“, sagte er.
Die „Woche für das Leben“ ist seit 1994 eine ökumenische Aktion für den Schutz und die Würde des Menschen vom Anfang bis zum Ende des Lebens. In diesem Jahr steht sie unter dem Motto „Kinderwunsch. Wunschkind. Unser Kind!“. Zahlreiche Gemeinden in ganz Deutschland beteiligen sich mit eigenen Veranstaltungen und Projekten daran.
Von: Jonathan Steinert