Die Kirchen müssen sich wieder mehr auf ihre Grundlagen besinnen und darauf, wofür sie wirklich stehen, um weiterhin für die Gesellschaft relevant zu sein. Das erklärte der Markensoziologe Oliver Errichiello im Interview des Senders Deutschlandfunk. Errichiello betrachtet die Kirche als eine Art Werbemarke, auf die sich die klassischen Konzepte des Marketings anwenden lassen.
Er beobachtet, dass sich die katholische und die evangelische Kirche aufgrund ihres Mitgliederschwundes immer mehr anpassen. „Vielleicht machen wir den Gottesdienst ein bisschen kürzer. Vielleicht machen wir den Gottesdienst ein bisschen später. Vielleicht sorgen wir dafür, dass junge Menschen angesprochen werden“, beschreibt Errichiello seinen Eindruck von der evangelischen Kirche. Die katholische Kirche arbeite neuerdings zum Beispiel mit renommierten Werbeagenturen zusammen, um ihren Auftritt in der Öffentlichkeit zu optimieren. Diese Ansätze seien zwar erst einmal nichts Schlechtes, würfen aber die Fragen auf: „Ist das eigentlich das, was ihr macht oder baut dort eine Marke in einer gewissen Weise – ja – eine Scheinwelt auf, eine Werbewelt?“
„Stütze sein durch das Wort Gottes“
Errichiello rät den Kirchen stattdessen dazu, sich zu fragen: „Was ist denn heute, im Jahre 2017, typisch katholisch, typisch evangelisch?“ Als Antwort dürfen nicht „irgendwelche abstrakten Begriffe“ genannt werden, sondern ein „klares Handeln und Tun“. Es gehe um die Frage: „Wie erlebe ich denn heutzutage die evangelische Kirche? Was bietet sie mir?“
Für Errichiello sind die Kernaufgaben der Kirche „ein Beim-Menschen-Sein, mit den Menschen arbeiten, den Menschen eine Hilfe, eine Stütze sein durch das Wort Gottes.“ Die Botschaft der Kirchen müsse sein: „Wenn du ein Problem hast, ein persönliches Problem, dann gibt es jemanden, der für dich da ist. Und der ist ein Vertreter von Gottes Wort. Und er ist da.“ Errichiello ergänzt: „Einen Latte Macchiato kriege ich normalerweise in jedem Coffeeshop leckerer und besser. Da muss ich nicht unbedingt zur Kirche gehen.“
Von: Swanhild Zacharias