Mit Ekkehart Vetter ist erstmals ein Vertreter der pfingstkirchlich-charismatischen Bewegung Vorsitzender der Deutschen Evangelischen Allianz. Der 60-Jährige ist Präses des Mülheimer Verbands Freikirchlich-Evangelischer Gemeinden und Pastor in der Christusgemeinde in Mülheim. Deutschlandradio-Kultur-Autorin Anne Françoise Weber fragte Vetter in einem Interview: „Definieren Sie sich eigentlich als evangelikaler Christ, als Pfingstler oder als Charismatiker?“ Vetter fragte zurück, was sie mit „evangelikal“ meine, und erklärte: „Wenn Sie einen stockkonservativen, politisch stockkonservativen Menschen meinen, dann würde ich sagen, nein, ich bin nicht evangelikal. Wenn Sie jemanden meinen, der sagt, ich nehme die Bibel als geschriebenes Wort Gottes ernst, dann bin ich gerne evangelikal.“
Er komme aber aus einer charismatisch-pfingstlichen Tradition, so Vetter. „Also, insofern: Ja, charismatisch-pfingstlich, aber das lässt sich alles nicht so eindeutig differenzieren, wie diese Schubladenbegriffe es zu erkennen meinen.“ Gefragt nach den bei Pfingstlern betonten Geistesgaben, sagte Vetter, das Zungenreden werde in seiner Mülheimer Gemeinde nicht öffentlich praktiziert. Wer diese Gabe jedoch bekommen habe, mache dies persönlich.
Das Heilungsgebet wiederum habe im Neuen Testament sowohl bei Jesus als auch bei den Aposteln „einen sehr zentralen Stellenwert“, und es gehöre „zur normalen Praxis, übrigens nicht nur bei pfingstlich-charismatischen Christen, sondern hoffentlich auch bei vielen anderen Christen“. Jedoch dürfe das Gebet zur Heilung nicht einer medizinischen Therapie vorgezogen werden, und es dürften keine falschen Versprechungen gemacht werden, betont Vetter.
Vetter will Freundschaft mit der EKD
Angesprochen auf die Haltung der Allianz zur EKD sagte Vetter: „Wir bemühen uns um Freundschaft und Nähe und da, wo es inhaltliche Spannungen in diversen einzelnen Fragen gibt, seien es dogmatische oder ethische Fragen, da müssen wir im Dialog bleiben und aufeinander hören und Argumente austauschen und zu hoffentlich gemeinsamen Linien kommen.“
Homosexualität sei „keine zentrale Frage für die Evangelische Allianz“. Die sei ja „keine Kirche, sondern ein Netzwerk und damit ein sehr lockerer Verbund“, daher wolle sich die Allianz „an dieser Stelle nicht zu weit aus dem Fenster lehnen“. Er persönlich stelle fest, dass es „nicht allzu viele“ Bibelstellen zum Thema Homosexualität gebe. „Aber die, die es gibt, setzen Homosexualität nicht in eine positive Beziehung zum Willen Gottes.“
Vetter fügt hinzu, die Erfahrung der vergangenen Jahrzehnte habe gezeigt, „dass vonseiten christlicher Kirchen Homosexuellen gegenüber viel Unrecht geschehen ist, viel Verurteilungen, viel Unangemessenes, Abwatschen und all diese Dinge“. Deshalb brauche es dies: „Liebe deinen Nächsten wie dich selbst.“
Angesprochen auf seine Aussage, ein Evangelikaler könne unmöglich rechts sein, und zur Frage, wie sich die Evangelikalen zur AfD verhalten, erklärte Vetter, das sei eine Frage, wie man „rechts“ definiere. Im Sinne einer Partei wie der CSU sei das „natürlich möglich“. „Ich meine eben einen Rechtspopulismus und alles, was im Sinne einer tendenziell rechtsradikalen Position ist, ist aus meiner Sicht für einen Christen nicht möglich“. In der AfD seien seiner Auffassung nach viele Kräfte, „die an dieser Stelle völlig in die falsche Richtung gehen“. (pro)
von: js