„Ich hab mir heute meine Zahnbürste hier eingesteckt. Das habe ich von Martin Luther King gelernt. Das ist das Zeichen, bereit zu sein, falls wir mal kurz verreisen müssen.“ Das sagte Theo Lehmann, als er am 8. Oktober 1989 vor rund 3.000 jungen Menschen in der damaligen Karl-Marx-Stadt predigte. „Wir sind in großer Not“, hieß es im Predigttext aus dem Propheten Nehemia, über den Lehmann an dem Tag sprach. „Große Not“ sah der Evangelist auch in der DDR – und er benannte sie. Die Zahnbürste signalisierte: „Ich bin bereit, für das, was ich sage, in den Knast zu gehen“, erklärte Lehmann in einem Interview. „So habe ich immer gelebt und gepredigt.“
Weil Lehmann in dem sozialistischen Staat für Freiheit und für die Wahrheit des Evangeliums kämpfte, hatte ihn die Staatssicherheit ganz besonders im Blick und versuchte, ihn mundtot zu machen. Bis hinein in sein engstes berufliches und privates Umfeld hatte die Stasi Spitzel auf ihn angesetzt – Pfarrer, Diakone, Kantoren. Sogar zwei seiner besten Freunde haben ihn ausspioniert, erfuhr Lehmann nach der Wiedervereinigung aus seinen Stasi-Akten. „Ich habe Jahre gebraucht, um wieder ein normales Verhältnis mit ihnen aufzubauen“, sagte Lehmann.