Der Kölner Erzbischof, Kardinal Rainer Maria Woelki, spricht in einem Gastbeitrag in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (FAZ) vom Donnerstag im Zusammenhang mit der Corona-Krise von einer „apokalyptischen Zeit“, die das gesellschaftliche Leben weltweit zum Stillstand gebracht habe, was sich bis vor Kurzem kaum jemand habe vorstellen können. „Die biblischen Bilder der Apokalypse wirkten auf manche damals noch irgendwie märchenartig, jedenfalls ganz irreal“, schreibt Woelki. Doch die Apokalypse des Johannes sei „keine Sciencefiction, kein Horrorfilm und kein Drehbuch für den jüngsten Tag“.
Der Erzbischof erkennt in dem biblischen Bericht das Eingreifen und Halten der liebenden Hände Gottes, wenn die Kräfte der Welt versagt hätten. Er sei auch eine Mahnung an die Menschen, „Verantwortung zu übernehmen und nicht bloß oberflächlich vor uns hin zu leben“. Gott selbst schaue die Menschen aus dem letzten Buch der Bibel an. Woelki: „Alles was wir in den nächsten Wochen und Monaten tun werden, tun wir im Angesicht Gottes.“
„In der Stimme des Gewissens hören wir die Stimme Gottes“
Der Kardinal erinnert daran, dass für Gerechtigkeit nicht allein der Staat zuständig sei. In dem FAZ-Gastbeitrag geht Woelki davon aus, dass die Corona-Krise für viele Menschen in Deutschland zu einer wirtschaftlichen Tragödie mit katastrophalen Auswirkungen werde. Er fordert deshalb alle 83 Millionen Deutschen dazu auf, in der Not zu helfen. Nach Woelkis Auffassung fehlten dem Staat die Möglichkeiten, alle Ungerechtigkeiten und sämtliche unverschuldeten Verluste der Krise auszugleichen.
„Damit diese Krise menschlich anständig bewältigt wird, müssen wir alle so handeln, jeder da wo er kann, so viel wie er kann“, schreibt Woelki. Der Kardinal führt als Beispiel den biblischen Bericht an, in dem Jesus das Opfer der armen Witwe preist. Jesus warne zudem „den herzlosen reichen Prasser vor dem ewigen Verderben“, erklärte der Erzbischof. „Jeder Mensch hat ein Gewissen, und in der Stimme des Gewissens, so glauben wir Christen, hören wir die Stimme Gottes.“
Der Erzbischof führt in dem Beitrag das Prinzip der Subsidiarität aus der christlichen Soziallehre an. Das besage, dass die Menschen das Entscheidende tun sollten und der Staat da helfen soll, wo der Einzelne überfordert sei. „Nächstenliebe, die Sorge um die Schwachen, ist vor allem durch das Christentum zu einem zentralen Begriff unserer Gesellschaft geworden“, schreibt der Kardinal. Heute werde das meist als Solidarität bezeichnet. „Für uns Christen ist die Corona-Krise eine Stunde der Bewährung“, schreibt Woelki. Das christliche Leben müsse sich nun zeigen im christlichen Handeln. Dies gelte auch für die Bischöfe und die gesamte Kirche. „Wir werden in nächster Zeit mit offenen Herzen prüfen müssen, wie wir in den zahllosen Notlagen helfen können.“
Von: Norbert Schäfer