In Pakistan häufen sich Vorfälle, bei denen Christen und andere religiöse Minderheiten in der Coronakrise diskriminiert werden. Die Hilfsorganisation „Kirche in Not“ beruft sich dabei auf Angaben des Direktors der Nationalen Kommission für Gerechtigkeit und Frieden (NCJP), Cecil Shane Chaudhry. Ihm zufolge würden die Minderheiten bei der Verteilung von Schutzausrüstungen und humanitären Hilfen während der Corona-Pandemie benachteiligt.
Islamische Organisationen und Moscheegemeinden hätten Christen in einem Dorf in der Nähe von Lahore bei der Verteilung von Lebensmitteln und anderen Nothilfen ausdrücklich zurückgewiesen. In einem anderen Dorf in der Provinz Punjab seien 100 christliche Familien von der Lebensmittelverteilung ausgeschlossen worden.
Christen besonders von Ansteckung gefährdet
Es gebe auch Meldungen über Hilfspersonal, das Nichtmuslimen die Unterstützung verweigert habe. Die Begründung lautete, dass es sich um Spenden aus der „Zakat“, der islamischen Armensteuer, handle. Chaudhry zitierte einen Imam aus Lahore, der bei einer Predigt angekündigt habe: „Morgen früh werden Hilfsgüter an Notleidende verteilt, aber nur an Muslime.“
Dabei gehörten Christen und andere religiöse Minderheiten zu den besonders hilfsbedürftigen Gruppen der pakistanischen Gesellschaft. Viele von ihnen seien Tagelöhner und lebten unter der Armutsgrenze. Seit die Krise ausgebrochen ist, hätten sie kaum noch Einkünfte. Auch seien sie besonders ansteckungsgefährdet, weil sie zum Beispiel als Hausangestellte, in Ziegeleien oder bei der Müll- und Abwasserbeseitigung arbeiteten.
Religiöse Minderheiten einbeziehen
Aus Sicht von Chaudhry könne es nicht sein, dass Christen und anderen religiösen Minderheiten die Nothilfe verweigert werde. Der NCJP-Leiter rief die pakistanische Regierung auf, Schutzmaterialien für besonders gefährdete Berufsgruppen zur Verfügung zu stellen, unter denen auch viele Christen seien. Außerdem sollten die religiösen Minderheiten bei den Initiativen zur Pandemie-Bekämpfung hinzugezogen werden. Bisher sei dies seiner Kenntnis nach nicht der Fall. „Ihre Bedürfnisse dürfen nicht ignoriert werden.“
In Pakistan gehören etwa 96 Prozent der Bevölkerung dem Islam an, der auch Staatsreligion ist. Die Christen, die rund zwei Prozent der Bevölkerung ausmachen, unterliegen laut „Kirche in Not“ starken Einschränkungen oder seien Opfer gewalttätiger Übergriffen. Damit Priester, Ordensleute und Gemeinden die Folgen der Corona-Pandemie schultern können, hat „Kirche in Not“ ein Nothilfeprogramm aufgelegt.
Der Geschäftsführer des deutschen Zweiges, Florian Ripka, erklärte auf pro-Anfrage: „Es ist wichtig, dass diese Vorfälle weltweit bekannt gemacht werden. Ich sehe jetzt die Medien und Politik in unserem Land in der Pflicht. Sie müssen ihren Einfluss auf die Verantwortlichen in Pakistan mit allen Mitteln nutzen, um die Situation der Christen und anderen Minderheiten in Pakistan zu verbessern. Zudem dürfen wir alle jetzt nicht nachlassen, den Christen in Pakistan finanziell beizustehen, damit ihr Überleben gesichert ist.“
Von: Johannes Blöcher-Weil