Würdevolles Sterben ermöglichen

Die Gesellschaft diskutiert offen darüber, was es heißt in Würde zu sterben. Viele fürchten dabei nicht den Tod, sondern das Sterben. Wie eine „spirituelle Patientenverfügung“ dabei helfen kann, darüber macht sich Markus Günther in einem Artikel der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung Gedanken.
Von PRO
Ist der selbstbestimmte Tod das würdevolle Sterben? Diese Frage stellt sich Markus Günther in der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung
Viele Menschen schreckt die Vorstellung vor dem Sterben mehr als der Tod selbst. Sie fürchten sinnloses Leid am Lebensende. Was im Umgang mit dem Sterben helfen kann, darüber hat sich Journalist Markus Günther in einem Leitartikel der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung Gedanken gemacht. Viele Menschen müssten damit rechnen, Leid und Schmerzen zu erleben.

Kritik an „neuen Wanderpredigern“

Kritisch sieht Günther die „neuen Wanderprediger, die lautstark ein Recht auf den selbstbestimmten Tod fordern“. Für ihn ist damit ein tiefgreifender Wertewandel verknüpft. Das gesellschaftliche Klima verändere sich. Leid werde vermieden und der frei gewählte Tod als „Akt gelungener Selbstbehauptung“ bezeichnet. Die Suizide vieler – auch prominenter – Todkranker würden als klug und konsequent bezeichnet. Statt deren Hilflosigkeit zu beklagen, werde der Mut eines Menschen gerühmt, „der sich nicht anders zu helfen wusste“. Selbstmord hinterließen aber auch häufig bei den Hinterbliebenen die Frage, wie sie hätten helfen können. Wenn Pflegebedürftige gefragt würden, ob sie sich das noch länger antun wollten, träfe dies hilflose Menschen ins Herz und signalisiere ihnen, „ob es wohl doch besser wäre, endlich Schluss zu machen“.

Gewissenhaft abwägen

Patientenverfügungen sollen dabei helfen, sinnloses Leid am Lebensende zu verhindern und ratlose Angehörige zu hinterlassen. Der verbriefte Patientenwille helfe, aber „überraschend selten“ ließe er sich auf das konkrete Dilemma der Entscheidung hilfreich anwenden: „Wo es um Leben und Tod geht, führt jede Entscheidung die Beteiligten in innere Konflikte und oft auch an die Grenzen ihrer mentalen Kraft. Es hilft nur, gewissenhaft abzuwägen und die Last der Verantwortung gemeinsam zu tragen“, bilanziert Günther. Der Journalist unterstützt die Philosophie des Dortmunder Sozialphilosophen Franco Rest. Dieser macht sich für eine „spirituelle Patientenverfügung“ stark, die auf die geistige Dimension des Menschen verweist. Am Lebensende müssten Menschen klären, mit wem sie sich versöhnen und aussprechen wollen. Dies führe den Sterbenden gedanklich nicht ans Lebensende, sondern ins Hier und Jetzt: „Patientenverfügung und Palliativmedizin allein werden dieser Not am Lebensende nicht gerecht; es braucht ebenso menschliche Nähe, Zuwendung und Fürsorge“, schreibt Günther. In Würde zu sterben, heiße nicht unbedingt, Herr des Geschehens sein zu wollen und sich bis zum letzten Atemzug vorzumachen, man habe sein Geschick in der eingenen Hand: „Die viel beschworene Würde liegt am Ende vielleicht sogar eher darin, das Unabwendbare anzunehmen, sich zu fügen in das, was unverfügbar ist, alle Masken und allen Stolz fallen zu lasen und sich gerade in dieser Schwachheit und Brüchigkeit den Menschen anzuvertrauen, die die letzte Wegstrecke mitgehen“, findet Günther. (pro)
https://www.pro-medienmagazin.de/politik/detailansicht/aktuell/bundestag-regelt-sterbehilfe-neu-93967/
https://www.pro-medienmagazin.de/gesellschaft/detailansicht/aktuell/gesetz-zur-sterbehilfe-spaltet-bundestag-und-gesellschaft-93892/
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