Gesellschaft nicht mit der Debatte spalten

Deutschlands Politiker debattieren darüber, Paragraf 218 abzuschaffen. Die Zahl derjenigen, die deswegen vor Gericht landen, ist äußerst gering. Das hat eine PRO-Recherche beim Statistischen Bundesamt ergeben.
Von Johannes Blöcher-Weil
Schwangerschaftsabbrüche sind nach Paragraf 218 Strafgesetzbuch in Deutschland verboten, aber unter bestimmten Voraussetzungen bleiben sie straffrei

Am Wochenende hat sich Sophie Garbe in einem Spiegel-Leitartikel klar positioniert. Die Ampel-Koalition möchte den Paragrafen 218 abschaffen, unternehme dafür aber politisch wenig. Aus Sicht von Garbe handelt es sich deswegen um ein „durchsichtiges wie armseliges Spiel“. Obwohl es klare politische Aussagen in dieser Sache gebe, bleibe die Koalition untätig und vermeide die offene politische Debatte, schreibt Garbe.

Politisch geht es der Ampel-Koalition darum, die Abtreibung zu entkriminalisieren und das erste Schwangerschafts-Drittel außerhalb des Strafgesetzbuches zu regeln. Abtreibungen gelten bisher bis auf wenige Ausnahmen als rechtswidrig, bleiben aber unter bestimmten Voraussetzungen straffrei. Diese Regelung ist ein hart errungener Kompromiss der vergangenen Jahrzehnte.

Die Koalition hatte eine unabhängige Experten-Kommission eingesetzt. Sie kam im April zu dem Schluss, dass die „grundsätzliche Rechtswidrigkeit des Schwangerschaftsabbruchs in der Frühphase der Schwangerschaft nicht haltbar“ ist. Garbe vermutet, dass die Debatte der Koalition zu heikel und unbequem sei. FDP-Justizminister Marco Buschmann hatte damals gesagt, dass er Debatten vermeiden wolle, „die die Gesellschaft in Flammen setzen oder gar spalten“.

„Bisher nur ein Thema der Frauen in der Koalition“

Bisher sei es vor allem ein Thema, dass die Frauen in der Koalition gesetzt hätten. Dabei müssten die damit verbundenen Fragen eigentlich alle angehen. Wenn immer weniger Stellen einen Schwangerschaftsabbruch anbieten, erhöhe das die Hürden für Betroffene. Dafür brauche es eine politische Auseinandersetzung mit dem Thema. Garbe vermutet, dass die Koalition genau darauf keine Lust habe. Wenn dem so sei, sollte sie das aber auch klar und ehrlich sagen.

PRO hat beim Statistischen Bundesamt nachgefragt, wie häufig es in der Vergangenheit zu Verurteilungen von Schwangerschaftsabbrüchen kam. Demzufolge gab es 2021 sieben solcher Fälle, davon einer nach Jugendstrafrecht. Zu den sieben Verurteilten kommen noch sieben Abgeurteilte hinzu, bei denen das Verfahren ohne Strafe eingestellt wurde.

Bei einem Abbruch wurden jeweils drei Freiheitsstrafen und drei Geldstrafen ausgesprochen. Allerdings wurden 2021 alle drei Freiheitsstrafen ausgesetzt. Nötigungen zum Schwangerschaftsabbruch gab es 14. Acht weitere Fälle wurden abgeurteilt, somit lag die Gesamtzahl der Fälle bei 22.

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