Vor 13 Jahren beschloss Stefan Bosch, sein bisheriges Leben radikal zu ändern und in ein Kloster der Benediktiner einzutreten. Der Teilchenphysiker wurde zu Bruder Timotheus. Im Magazin Geo sagt er: „Natürlich, ich habe Selbstbestimmung aufgegeben – aber zu mir selbst gefunden.“
Schon als Kind habe er Priester werden wollen, berichtet Bosch. „Ich liebte den Kirchgang und die Heiligengeschichten. Irgendwie beneidete ich deren Figuren darum, so viel Trost und Schutz bei Gott zu finden.“ In der Schule interessierte er sich für Naturwissenschaften, später promovierte er in Teilchenphysik und forschte in den USA. Bosch sagt: „Mein Leben ging einen Weg; aber irgendwann sah ich nicht mehr, wohin der führte.“ Sein Vater wurde schwer krank, seine Freundin verließ ihn, und in der Physik sah er „keine Perspektive mehr“.
In den USA war er regelmäßig in katholische Messen gegangen, berichtet Bosch. „Glaube und Wissenschaft – das stand für mich nie im Widerspruch“, sagt der Physiker, „weil unser Wissen allein am Ende doch nicht reicht, das Universum zu erklären.“ Er lernte Exerzitien kennen, also die Versenkung in Gebet und Meditation, „um sich selbst und Gott zu begegnen“.
Er verspürte einen Wunsch nach einem geistlichen Leben, „nach Sinn und Gemeinschaft“. Zurück in Deutschland beschloss er, Novize in der Erzabtei Sankt Ottilien im oberbayerischen Landkreis Landsberg am Lech zu werden. Diese Entscheidung half ihm, seine Talente zu entfalten, sagt Bosch. Im Kloster unterrichtet er als Lehrer Religion und Physik. Er singt im Chor, spielt Tuba und bietet Fahrradtouren für die Klostergäste an. Mittlerweile ist er auch als Abt-Prior tätig. „Mich macht es glücklich, hier als Mensch in Gänze geschätzt und gebraucht zu werden und in der Gemeinschaft bei Gott geborgen zu sein. Natürlich, ich habe Selbstbestimmung aufgegeben – aber zu mir selbst gefunden.“
Von: Jörn Schumacher