Der Nobelpreis für Chemie wird in diesem Jahr an die Genforscherinnen Emmanuelle Charpentier und Jennifer Doudna verliehen. Das hat die Königlich-Schwedische Akademie der Wissenschaften am Mittwoch in Stockholm mitgeteilt. Die Französin Charpentier und die US-Amerikanerin Doudna waren maßgeblich beteiligt an der Entwicklung der sogenannten Genschere Crispr/Cas9, mit der die DNA von Menschen, Tieren und Pflanzen verändert werden kann.
Nach Ansicht der Akademie habe diese Technologie „einen revolutionären Einfluss auf die Biowissenschaften gehabt“ und trage unter anderem zu neuen Krebstherapien bei. Das Verfahren sei zudem geeignet, „den Traum von der Heilung vererbter Krankheiten wahr werden zu lassen“.
Die Hoffnung auf die Heilung von Erbkrankheiten ist mit tiefgreifenden ethischen Fragen verbunden. Etwa, ob das Verfahren eingesetzt werden darf, um beim Menschen Nachkommen mit bestimmten, gewünschten genetischen Eigenschaften zu gestalten. Wissenschaftler haben die Crispr-Methode bereits bei menschlichen Embryonen angewandt. Allerdings sind die Embryonen nicht geboren worden. Der Vorsitzende des Deutschen Ethikrates, der Theologe und Ethiker Peter Dabrock, hatte einen Versuch chinesischer Wissenschaftler 2018 als „unverantwortliche Menschenversuche“ bezeichnet.
Mit der Crispr/Cas9-Technologie lassen sich defekte Genabschnitte auf der menschlichen DNA reparieren. So könnten etwa Erbkrankheiten vor der Geburt genetisch ausgeschaltet werden. Die genauen Folgen eines solchen Eingriffs sind jedoch bislang noch nicht kontrollierbar. Auch weil Veränderungen am Erbgut an nachfolgende Generationen weitergeben werden, sind die Folgen bislang kaum abschätzbar.
Von: Norbert Schäfer
In der Ausgabe 2/2016 unserer Medienzeitschrift pro waren das Verfahren Crispr/Cas9 und die damit verbundenen ethischen Fragen Titelthema