Geldgierige „Freikirche“ läuft katholischer Kirche den Rang ab

Freikirchen machen den etablierten Kirchen Konkurrenz – nicht nur in Deutschland. Die Zeitung Die Welt berichtete, wie die katholische Kirche in Brasilien Mitglieder an eine der größten Freikirchen verliert. Die verspricht den Menschen ein schönes Leben und kassiert kräftig. Ist das überhaupt noch eine Kirche?
Von PRO
Immer mehr Katholiken in Brasilien wechseln zur sogenannten Universalkirche. Ihr Logo ist eine weiße Taube in rotem Herz
Die brasilianische Universalkirche des Reiches Gottes (Igreja Universal do Reino de Deus) hat mehr als zwei Millionen Mitglieder im Land. Damit ist sie laut einem Bericht der Tageszeitung Die Welt eine der größten und einflussreichsten Freikirchen Brasiliens. Weltweit gehören der Universalkirche rund acht Millionen Menschen an. Das Konzept ist es, den Menschen „auf Augenhöhe zu begegnen“: keine komplizierten und theologisch ausgefeilten Predigten, sondern ein pragmatischer Umgang mit Alltagsproblemen. „Bei uns geht es ganz praktisch um Familienstreit, finanzielle Krisen, Lebenssorgen“, zitiert die Welt den Pastor Thiago aus dem Gemeinde-Ableger im Armenviertel Rocinha in Rio de Janeiro. Jeden Tag macht die Kirche Angebote zu verschiedenen Themen. Sonntags ist die Hauptversammlung mit Wunderheilung. Die Veranstaltungen laufen in allen Filialen der Universalkirche im ganzen Land gleich und nach demselben Konzept ab. „Es wird gesungen, geschluchzt, der Teufel ausgetrieben. Eine emotionale Show“ – die vor allem bei hilfesuchenden Menschen auf Interesse stößt, wie die Welt schreibt. Doch wer in die Universalkirche geht, muss zahlen: „Spenden, die dem Gläubigen die Freiheit versprechen“, gehören ebenfalls zum Konzept. Der Gründer und selbsternannte Bischof der Universalkirche, Edir Macedo, saß 1992 wegen Scharlatanismus, Geldwäsche und Teufelsaustreibung im Gefängnis. Auch stand er wegen dubioser Finanzgeschäfte mehrfach im Fokus der Staatsanwaltschaft. Sein Vermögen wird auf über 950 Millionen Dollar geschätzt. Er ist Eigentümer des Fernsehsenders Record. Bevor er die Universalkirche gründete, war Macedo Katholik.

Geld gegen Segen

Auch der ehemalige Drogengangster Isailton Nascimento, den der Welt-Beitrag vorstellt, war einst Katholik. Aber die Gottesdienstbesuche hätten sein Leben nicht verändert. Vor der Universalkirche habe er damals Angst gehabt. Erst als seine Tochter mehr als drei Wochen im Krankenhaus lag und die Ärzte sie bereits aufgegeben hatten, ging er dorthin. Dass sie überlebte, ist für ihn ein Verdienst der Universalkirche. Jetzt ist er Bauarbeiter und geht jeden Abend in die Kirche – „ohne Waffen, ohne Drogen“. Hier müssten die Besucher anders als in seiner früheren Kirche nicht über Bibelverse sprechen, die viele nicht verstünden, sagt er der Zeitung. „Die Predigten der katholischen Kirche haben mir nichts gegeben.“ Viele Katholiken wechseln in eine Freikirche, „weil ihnen die Form der Ansprache zu fremd ist“, schreibt die Welt. Vor allem aber erscheine die Erlösung von Problemen bei den Freikirchen sehr einfach. Die katholische Kirche ihrerseits kritisiert die „Universalkirche“ – nicht nur wegen der Konkurrenz. Wie ein Pfarrer in der Favela Rocinha sagt, verlange die Universalkirche von ihren Anhängern viel Geld unter dem Vorwand, ihnen das Leben zu erleichtern. Der lutherische Pfarrer und Dozent für Altes Testament an der Fakultät für Lutherische Theologie im südbrasilianischen São Bento do Sul sieht in der Universalkirche keine Gemeinde nach neutestamentlichem Vorbild. „Sie geht davon aus, dass man niemals leiden darf. Wenn jemand leidet oder Probleme hat, dann bedeutet das, dass er schwach im Glauben oder von Dämonen besessen ist“, sagte er gegenüber pro. Die Universalkirche wisse sehr gut, was die Menschen in Brasilien brauchen, und kenne ihre Nöte. „Deswegen versprechen sie den Brasilianern, dass sie reich und finanziell gesegnet oder von ihren Krankheiten geheilt werden.“ Zwar wachse die Kirche stark, aber die Menschen blieben nicht lange dort, weil sie oft enttäuscht seien. Für Wanke ist die Universalkirche keine Freikirche, sondern eine Sekte. Das sage man aus Respekt nur nicht. In Brasilien gehören knapp 65 Prozent der Bevölkerung zur katholischen Kirche, mit abnehmender Tendenz. 22 Prozent sind evangelisch, unter ihnen vor allem zunehmend Freikirchen und rund 700.000 Mitglieder der evangelisch-lutherischen Kirche. (pro)
https://www.pro-medienmagazin.de/nachrichten/detailansicht/aktuell/brasilien-empfingstlerem-draengen-katholiken-zurueck/
https://www.pro-medienmagazin.de/kommentar/detailansicht/aktuell/herausforderung-emevangelikaleem/
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