Als Mutter eines vier Wochen alten Sohnes stand Petersen vor der Entscheidung, ob sie ihr Kind in die Kindertagesstätte schicken solle. Denn dies machten schließlich fast alle: „Wer sein Kind nicht in die Kita gab, hieß entweder Eva Herman oder war in der CSU“, schreibt sie in ihrem Beitrag. Gegen diesen gesellschaftlichen Konsens sprach ihr Gefühl, dass es nicht gut sei, sich so früh von ihrem Kind zu trennen und es dem „Erziehungssystem“ unterzuordnen.
Zweifel kamen der 35-Jährigen auch durch Berichte über qualitativ schlechte Betreuungsplätze. Nur drei Prozent seien von guter Qualität, heißt es in der Nubbek-Studie der Bundesregierung. Gute Qualität meint laut Experten unter anderem ein angemessener Personalschlüssel: Ein Erzieher für maximal drei Kinder. Das Kleinkind brauche eine zuverlässige Bezugsperson, andernfalls erhöhe sich das Risiko für spätere seelische und körperliche Gesundheitsstörungen.
Angesichts des qualitativ schlechten Kita-Angebots ist die von der Bundesregierung versprochene Wahlfreiheit zwischen Kita und Betreuungsgeld für Petersen blanker Hohn. Denn die meisten könnten nur zwischen schlechter Krippenbetreuung und geringer staatlicher Unterstützung wählen. Nur Bessergestellte könnten zuhause bleiben oder sich eine gute Erziehung einkaufen. „Ungerechter kann ich mir Familienpolitik kaum vorstellen“, resümiert Petersen.
Orientierung am Original
Die Journalistin spricht sich dafür aus, Erziehung wieder so zu gestalten, wie es historisch gesehen üblich gewesen sei: Frauen hätten immer schon gearbeitet, zugleich aber immer auch ein verlässliches Umfeld gehabt, das bei der Erziehung mithilft: der Stamm, das Dorf oder die Großfamilie. „Wenn ein Kleinkind in der Kopie einer Familie betreut wird, wie es unsere Zeit erfordert, dann sollte diese Kopie nah am Original sein.“
Der Politik schlägt sie daher vor, Familien 18 oder 20 Monate lang Elterngeld auszuzahlen und ein Qualitätsgesetz für Kitas umzusetzen, das Standards garantiert. Qualität dürfe nicht von den Finanzen abhängig sein, denn sie sei in diesem Fall nicht verhandelbar. Eine für 2020 von der Bundesregierung geplante Qualitätsüberprüfung komme zu spät. Außerdem ist Petersen für Unternehmenskrippen, so dass Mütter während ihrer Arbeitszeit ihr Kind besuchen und zum Beispiel stillen können. Für Freiberufler sei ein gemeinsamer Arbeitsort sinnvoll, in dem eine Kita integriert ist. (pro)