Gedanken an Gott begünstigen Akzeptanz von KI

Offenbar sind gläubige Menschen zugänglicher für die Empfehlungen von „Künstlicher Intelligenz“ als glaubensferne Menschen. Das geht aus einer Studie hervor.
Von Jörn Schumacher
Die Künstliche Intelligenz wird sich auf viele Lebensbereiche auswirken

„Künstliche Intelligenz“-Systeme (KI) können Menschen Ratschläge geben. Sie reichen über die Empfehlung für den nächsten Spielfilm, über die Wahl eines Partners bis hin zu einer medizinischen Maßnahme. Viele Menschen sind demgegenüber allerdings misstrauisch.

Forscher um Mustafa Karataş von der „Nazarbayev University“ in Kasachstan und Keisha M. Cutright von der „Duke University’s Fuqua School of Business“ in Durham im US-Bundesstaat North Carolina haben in acht Experimenten auf die Religiosität der Probanden als Einflussgröße für die Akzeptanz von KI-Ratschlägen geachtet. Sie haben dabei offenbar ein Mittel gefunden, um Aversionen gegenüber KI-Systemen abzuschwächen.

Die Forscher kommen zu dem Fazit: „In mehreren Studien zeigt unsere Forschung, dass der Gedanke an Gott dazu führt, dass Menschen eher bereit sind, Empfehlungen von KI-Systemen anzunehmen, als sie es sonst tun würden.“ Gedanken an Gott führten dazu, dass sich Menschen kleiner fühlen, was die Wahrscheinlichkeit erhöhe, dass sie die Fehlbarkeit des Menschen erkennen. Daher sei es für sie weniger wichtig, sich bei Entscheidungen auf Menschen zu verlassen, und sie akzeptierten eher KI-basierte Empfehlungen.

Religion durchdringe seit jeher fast alle Gesellschaften, und sie habe einen starken Einfluss auf das Leben von Milliarden Menschen, stellen die Wissenschaftler fest. Das Ausmaß, in dem Menschen KI akzeptieren, hänge von einer Reihe von Faktoren ab, erklären die Forscher, doch Religion sei hierbei besonders interessant. „Solche Technologien werfen grundlegende Fragen über den Wert und die Rolle des Menschen auf“, schreiben die Forscher in ihrer Studie, die sie in der Fachzeitschrift „PNAS“ veröffentlicht haben. Ihre Ergebnisse legen den Schluss nahe: „Das Nachdenken über Gott fördert eine größere Akzeptanz von Empfehlungen, die auf künstlicher Intelligenz (KI) basieren.“

Bewusstsein von menschlicher Fehlbarkeit stärkt Vertrauen in KI

In den Studien wurden die Versuchspersonen zunächst danach eingeteilt, wie stark die Rolle war, die Gott in ihrem Leben spielte. Anschließend gaben die Teilnehmer für 24 verschiedene Kontexte ihre Präferenz an, ob sie sich auf eine menschliche Empfehlung oder auf die Empfehlung eines Algorithmus verlassen würden – etwa bei der Auswahl eines Essens, eines Investmentfonds oder bei der Entscheidung für oder gegen eine Zahnbehandlung. Die Teilnehmer sollten dabei angeben, inwieweit sie während der Studie über Gott nachgedacht hatten. Das Ergebnis: Die Akzeptanz gegenüber KI war bei denjenigen stärker, die nach eigener Aussage mehr an Gott dachten. Ihre Präferenz, Empfehlungen von Menschen zu erhalten, war hingegen deutlich geringer.

Offenbar habe dieser Effekt mit dem religiösen Gefühl zu tun, im Vergleich zu Gott klein und fehlbar zu sein. Das legten zwei weitere Studien der Forscher nahe. In einem Experiment sollten die Teilnehmer über ein zahnärztliches Behandlungsszenario entscheiden: Entweder die Behandlung eines Wurzelkanals durchführen, oder ein Implantat einsetzen. Die Forscher schreiben: „33,5 Prozent der Teilnehmer mit geringer Gott-Ausprägung bevorzugten die Empfehlung der KI, während 44,3 Prozent der Teilnehmer in der Bedingung mit hoher Gott-Ausprägung die Empfehlung der KI bevorzugten.“

Die Wissenschaftler vermuten, dass der Glaube an Gott möglicherweise als ähnlich mysteriös empfunden wird wie eine KI. „Da die meisten KI-Systeme als ‚Black Box‘ funktionieren und die Verbraucher nicht ganz sicher sind, wie KI-Systeme Entscheidungen treffen, ist es möglich, dass sie KI-Entscheidungen als der Entscheidungsfindung Gottes ähnlich wahrnehmen“, schreiben die Forscher.

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Schließlich haben die Experten anhand einer zwischen Juli 2021 und Juni 2022 durchgeführten
weltweiten Verbraucherumfrage den Zusammenhang zwischen Religion und KI-Aversion in 21 Ländern bewertet. Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass eine hohe Bedeutung von Gott mit einer höheren Wahrscheinlichkeit der Verwendung eines „Robo-Advisors“ verbunden war.

Die Ergebnisse hätten sie selbst so nicht erwartet, schreiben die Forscher. „Basierend auf weit verbreiteten Annahmen könnte man annehmen, dass die Hervorhebung Gottes zu größerem Konservatismus und weniger Offenheit für neue Erfahrungen und geringerer Risikobereitschaft führt“, sagen die Wissenschaftler. Das deute erst einmal darauf hin, dass die Menschen möglicherweise weniger offen für die neuartige Technologie sind, die die KI antreibt, wenn Gott im Vordergrund steht. „Empirische Belege liefern jedoch ein komplexeres Bild.“

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