Im mittelhessischen Herborn haben mehr als 250 Christen mit einem Gebetsmarsch auf das Schicksal einer von Abschiebung bedrohten jungen Christin aus dem Iran und von Verfolgung bedrohter Glaubensgeschwister weltweit aufmerksam gemacht. Am Samstag versammelten sich Christen aus Landes- und Freikirchen der Region zunächst vor der Stadtkirche am Kirchberg zum Gebet und zum Singen von Chorälen, um dann nach einem Zwischenstopp auf dem Kornmarkt auf den Marktplatz vor dem historischen Rathaus der Stadt zu ziehen.
„Wir wollen uns als Christen mit Mahsa solidarisch erklären“, erklärte der Sprecher der Initiative Georg Müller, Ärztlicher Direktor und Beiratsvorsitzender der Hilfsorganisation humedica. Weil sie konvertierte Christin sei, schwebe sie in ihrer Heimat in „höchster Gefahr, weil man sofort nach ihrer Ankunft im Iran versuchen wird, ihr den Glauben an Gott und Jesus Christus gewaltsam zu nehmen“.
Rechtsmittel ausgeschöpft
Die junge Iranerin Mahsa (Name geändert) musste aus ihrer Heimat nach Deutschland fliehen, weil sie zum Christentum übergetreten war. Im Iran sollte sie sich dafür vor dem Islamischen Revolutionsgericht verantworten. Noch vor ihrer Verhaftung konnte die junge Frau nach Deutschland fliehen. Obwohl ihr wegen ihres christlichen Glaubens im Iran die Verfolgung droht, wurde ihr Antrag auf Asyl vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) abgelehnt. Einen Antrag auf Berufung lehnte der Hessische Verwaltungsgerichtshof im März 2019 ab. Auch der Versuch, durch eine Verfassungsbeschwerde der Verfolgung im Iran zu entgehen, blieb erfolglos. Die Beschwerde wurde vom Gericht nicht angenommen. Nach dem Ausschöpfen sämtlicher Rechtsmittel droht der jungen Christin nun die Abschiebung in den Iran und damit Verfolgung und Tod wegen ihres christlichen Glaubens.
Nach Müllers Einschätzung muss die junge Frau im Iran wegen ihres christlichen Glaubens mit dem Tod rechnen. Seinen Angaben zufolge würde die junge Frau wegen der drohenden Gewalt im Iran lieber in Deutschland sterben. „Wegen der drohenden Folter in ihrer Heimat sind wir als Christen hier auf der Straße und wollen für sie beten – wir wollen Gott ansprechen – weil alle anderen Möglichkeiten sich erschöpft haben“, sagt Müller. „Es kann nicht sein, dass in Herborn eine junge Frau lebt, die in den Tod abgeschoben werden soll und dass Richter das veranlasst haben“, erklärt Müller auf Anfrage von pro. Das widerspreche nicht nur dem christlichen Glauben, sondern auch dem Grundgesetz. „Menschen, die wegen ihrer Weltanschauung oder Religion vom Tod bedroht sind, gewährt unsere Verfassung Schutz.“ Den Anspruch auf staatlichen Schutz wollen die Initiatoren des Gebetsmarsches mit einer Petition an den Hessischen Landtag unterstreichen. Die Initiative fordert das Bleiberecht für die junge Frau, weil ihr bei der Rückkehr in die Heimat „Gefahr für Leib und Leben“ droht.
Politiker sollen sich mit Situation im Iran befassen
„Es liegt vielfach an der Unkenntnis der Entscheider“, bemängelt Müller die derzeitige Asyl- und Abschiebepraxis. „Ich will keine Absicht unterstellen“, erklärt der Arzt, der Tausende Flüchtlinge medizinisch betreut hat. „Zu denken, die junge Frau geht nach Teheran zurück und kann dort friedlich ihr Christsein leben, fußt auf Unkenntnis. Sie wird dort ziemlich sicher gefoltert und umkommen.“ Müller erwartet von den Politikern, dass sie sich mit der Situation im Iran wirklich auseinandersetzen. „Der Iran hat eine islamische Verfassung, ist ein islamischer Staat, eine islamische Republik. Dort wurden Konvertiten schon immer bedroht, gefoltert und getötet.“
Müller führt eine Aussage von Jesus Christus aus der Bibel an. „Im Matthäus-Evangelium steht: ‚Was ihr für einen meiner geringsten Brüder getan habt, das habt ihr mir getan.‘ Das steht nicht Hunderten. Da steht nicht Tausenden“, sagt Müller. Für die junge Christin aus dem Iran auf die Straße zu gehen, sei ein Akt der Nächstenliebe.
Von: Norbert Schäfer