„Gebet hat mein Leben gerettet“

Im Alter von 14 Jahren wurde Benjamin Wussow zum Vollwaise – und stand wegen seines bekannten Vaters, des Schauspielers Klausjürgen Wussow, im Rampenlicht der Medien. Was ihm in dieser Zeit Halt gab und wie Gebet sein Leben veränderte, erzählt er im Gespräch mit pro.
Von PRO
Benjamin Wussow lebt mit seiner Frau Ale in Madrid

pro: Herr Wussow, in deutschen Medien taucht Ihr Name fast ausschließlich im Kontext Ihres verstorbenen Vaters Klausjürgen auf. Was löst das in Ihnen aus?

Benjamin Wussow: Aus meiner Erfahrung ist es immer so gewesen, dass gerade die Boulevardpresse meinen Namen genutzt hat, um etwas dramatischer zu machen, als es ist. Als ich nach Spanien gezogen bin, titelten die Medien: „Wussow-Sohn wird Missionar in Afrika“. Es verkauft sich einfach besser, auch wenn es nicht stimmt. Mich nervt das. Ich verstehe es zwar, dass mein Vater eine Menge Leute berührt hat und noch heute berührt. Aber es fühlt sich, mehr als ein Jahrzehnt nach seinem Tod, nicht ehrlich an.

Lehnen Sie deswegen Anfragen von entsprechenden Blättern ab?

Ja. Gerade Magazine, mit denen ich negative Erfahrungen gemacht habe, will ich nicht wieder den Fuß in die Tür setzen lassen. Für mich geht es nicht darum, meinen Namen ins Rampenlicht zu stellen. Wenn ich aber eine Möglichkeit sehe, das Evangelium zu verkünden und den Namen Jesus groß zu machen, ist das etwas anderes.

Sie sind im Alter von 14 Jahren Vollwaise geworden. Wie haben Sie das verkraftet?

Als ich meine Mutter 2006 verloren habe, war das der größte Schock in meinem Leben. Sie war meine Welt. Ich habe sie unheimlich geliebt. Weil Gott uns geschaffen hat, können wir Dinge verkraften, die wir erleben. Wenn wir allerdings versuchen, solche Erlebnisse auf eigene Faust auszukämpfen, wird es sich immer negativ auswirken. Hier hilft nur der Kontakt zu dem, der uns erschaffen hat und uns wirklich kennt. Er weiß alles von uns, kennt unsere Gedanken und kann uns wiederherstellen. Ich persönlich habe eine Erneuerung erlebt, als ich Christ geworden bin.

Haben Sie damals schon Kontakt zu Gott gehabt?

Damals gab es eine Geschichte über uns in einem Magazin. Dort wurde ich mit dem wunderbar dramatischen Satz zitiert: „Manchmal schreie ich Gott vor Wut an.“ Das stimmte. Ich war hin- und hergerissen zwischen dem Glauben an Gott und dem Unverständnis darüber, warum ein liebender Gott so etwas zulässt. Als ich mich Gott angenähert habe, beziehungsweise mich zu ihm hingezogen fühlte, habe ich erfahren, wie Gott mir in vielen Bereichen Antworten gegeben hat. Es waren nicht immer die Antworten, die ich hören wollte. Aber viel wichtiger als das war Gottes Gegenwart.

Das Gebet war für Sie eher ein Ventil, um der Trauer und den Fragen einen Raum zu geben?

Zunächst einmal war das Gebet eher Tradition. Ich bin in dem Glauben aufgewachsen, dass ich Christ bin. Einfach nur, weil wir ein-, zweimal im Jahr in die Kirche gingen. Das hatte herzlich wenig mit dem biblischen Vorbild von Christsein zu tun. Das habe ich erst später gelernt. Meine Gebete waren eher egoistisch. Es ging mir zum Beispiel um gute Schulnoten. Gebet als Kommunikation mit Gott habe ich erst später kennengelernt.

Durch wen?

Vieles habe ich in einer christlichen Jugend- und Pfadfinder­arbeit gelernt. In dieser Zeit habe ich angefangen, mir und Gott existentielle Fragen zu stellen. Ich habe sie an ihn gestellt, nicht gegen ihn. Gott hat kein Problem damit, wenn wir unsere Schwierigkeiten und Zweifel vor ihn bringen. Dazu passt übrigens auch die diesjährige Jahreslosung: „Ich glaube; hilf meinem Unglauben!“ Auf dieses ‚Glauben‘ kommt es an. Das wurde mir in der Jugend- und Pfadfinderarbeit vorgelebt. Das Gebet hat später nicht nur meiner Trauer Ausdruck verliehen, sondern ich konnte so in Gottes Gegenwart Trost finden. Das hat mir das Leben gerettet.

War die Jugend- und Pfadfinderarbeit eine Antwort Gottes auf Ihre Gebete nach dem Tod Ihrer Eltern?

Ja, definitiv. Ich war bereits ungefähr ein Jahr vor dem Tod meiner Mutter bei der Jugend- und Pfadfinderarbeit. Trotzdem hatte ich in dieser Zeit noch nicht unbedingt viel mit dem Glauben zu tun. Auch nach dem Tod meiner Mutter hat es seine Zeit gebraucht. Aber Gott hat mir dort die richtigen Personen zur Seite gestellt, um ihn richtig kennenlernen zu können.

Wann haben Sie sich konkret entschieden, Christ zu werden?

Ich unterscheide immer zwischen zwei Zeiten. Ein bis zwei Jahre nach dem Tod meiner Mutter habe ich tatsächlich angefangen zu glauben. Ich habe ein Übergabegebet gesprochen und Jesus als meinen Erlöser angenommen. Ich habe in dieser Zeit seine Gegenwart erlebt und viele Antworten erhalten. Ich habe ihn aber nicht zum Herrn, also zum Eigentümer meines Lebens gemacht. Es gab einfach noch eine Menge Schwachsinn in meinem Leben. Ich hatte beispielsweise Probleme mit Pornographie.

Wann hat sich das geändert?

Das hat sich im Sommer 2010 geändert. Einige Tage nach starken Erfahrungen mit Christen aus den USA habe ich mich auf einem Camp in einen Raum zurückgezogen. Dort bin ich auf die Knie gegangen und zusammengebrochen. In dem Moment habe ich Jesus alles hingegeben und mich seinem Willen unterstellt. Ich habe die Entscheidung getroffen, nie wieder zu meinem vor­herigen Leben zurückzukehren. Ich wollte dem Gott, der willens ist, die Scherben meines Lebens zu einem wunderschönen Mosaik zusammenzusetzen, ohne Kompromisse folgen.

Was raten Sie Christen, die vor schwierigen Herausforderungen stehen?

Beten und die Bibel mit dem Fokus der Gemeinschaft zu Gott lesen. Die Bibel ist klar genug, um aufzuzeigen, wie wir handeln sollen. Das sehen wir vor allem im Neuen Testament. Ein Leben im Übernatürlichen, in Liebe, in Wundern und in Heilung ist nicht nur möglich, es ist gottgewollt.

Die Zeitung Die Welt schrieb 2013, dass Sie Priester werden möchten. War an dieser Behauptung etwas dran?

Nein. Ich glaube an die Priesterschaft der Gläubigen im biblischen Sinne. Also dahingehend stimmt die Aussage, ansonsten nicht.

Jetzt arbeiten Sie als Missionar bei „Jugend mit einer Mission“ in Spanien. Das ist ein sehr ‚christlicher‘ Beruf.

Das stimmt. Ich wollte vor einigen Jahren an einer Missions­reise einer amerikanischen Gemeinde teilnehmen. Da diese aber grundsätzlich nach Afrika oder Lateinamerika gingen, war es für mich finanziell nicht möglich. Ein Ehepaar erzählte mir, dass es eine Missionsreise nach Spanien machet. Ihm habe ich mich angeschlossen. In dieser Zeit hat Gott angefangen, zu mir zu sprechen. Daraufhin habe ich in den folgenden Jahren immer wieder Missionsreisen nach Spanien unternommen. Nach einer Zeit im Fasten und Gebet und nach Gesprächen mit Menschen, bei denen ich wusste, dass sie fest im Glauben und verrückt genug für Jesus sind, habe ich mich für den Schritt nach Spanien entschieden.

Muss man als Christ verrückt sein?

Ich bin davon überzeugt, dass wir bereit sein sollten alles stehen und liegen zu lassen, wenn Jesus uns dazu aufruft. Ich glaube nicht, dass jeder Christ Missionar im Ausland sein muss. Ein Christ sollte in dem Sinne verrückt sein, dass er außerhalb von dem ist, was in der Welt als normal gilt. Dazu gehört die Bereitschaft, alles für Jesus aufzugeben.

Können Sie sich vorstellen, nach Deutschland zurückzukehren?

Wenn Gott mich zurückruft? Absolut. Momentan scheint aber mein Platz hier in Spanien zu sein.

Vielen Dank für das Gespräch.

Benjamin Wussow, Jahrgang 1993, arbeitet für die christlich-missionarische Organisation „Jugend mit einer Mission“ in Spanien. Der Sohn des verstorbenen Schauspielers Klausjürgen Wussow lebt seit einigen Jahren in Madrid.

Die Fragen stellte Martin Schlorke

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