Der Staatssekretär gilt in politischen Kreisen nicht nur als derjenige, der dem Bundespräsidenten den Rücken freihält, sondern ist im Idealfall auch Impuls- und Ideengeber für das Staatsoberhaupt. Wie die Nachrichtenagentur dpa meldet, folgt Gill auf Lothar Hagebölling. Dieser war mit Gaucks Vorgänger Christian Wulff aus Hannover nach Berlin gekommen.
Heftigen Repressalien ausgesetzt
Wie die "Financial Times Deutschland" berichtet, war Gill als Sohn eines Pfarrers heftigen Repressalien durch das DDR-Regime ausgesetzt. Vater Theodor Gill war Bischof der Herrnhuter Brüdergemeine. Für Gill bedeutete dies, dass er nach der zehnten Klasse zunächst eine Lehre als Klempner machen musste. Mit seinem Abitur am Kirchlichen Oberseminar in Potsdam konnte er später nur Theologie an kirchlichen Hochschulen studieren, weil die DDR seinen Schulabschluss nicht anerkannte.
Gill und der neue Bundespräsident sind schon seit zwei Jahrzehnten enge Weggefährten: Als Joachim Gauck 1990 bei den einzigen freien DDR-Wahlen in die Volkskammer einzog, hatte Gill sein Theologiestudium nach drei Semestern abgebrochen. Nach dem Ende des DDR-Regimes avancierte Gill zu einem der führenden Köpfe des Berliner Bürgerkomitees zur Aufarbeitung der Stasi-Verbrechen. Gauck machte ihn zum Sekretär des Ausschusses der Volkskammer, der die Auflösung der Stasi überwachte.
In der im Volksmund "Gauck-Behörde" genannten Einrichtung machte Gill Aktenrecherchen und vermittelte zwischen den Vertretern des Bürgerkomitees und den Beamten der Behörde. Gill studierte anschließend unter anderem in Philadelphia (USA) Jura. Zunächst wechselte er ins Bundesinnenministerium und dann zum Berliner Datenschutz-Beauftragten. Bei der EKD war Oberkirchenrat Gill seit 2004 als Stellvertreter des Bevollmächtigten des Rates der Evangelischen Kirche beschäftigt.
Erster Ostdeutscher in diesem Amt
Bereits bei der Wahl vor zwei Jahren, bei der Gauck gegen seinen Vorgänger Wulff unterlag, zählte der Jurist zu Gaucks engsten Vertrauten. Gill ist SPD-Mitglied. Als Staatssekretär kann er künftig an allen Sitzungen des Regierungskabinetts von Kanzlerin Angela Merkel teilnehmen. Laut dpa hat er bereits in den vergangenen Wochen zahlreiche Termine Gaucks koordiniert. Gill ist der erste Ostdeutsche im Amt des Staatssekretärs.
Langjährige Weggefährten können sich Gill gut als Chef des Bundespräsidialamtes vorstellen. Der Historiker Helmut Müller-Enbergs verteilt im Gespräch mit dpa Vorschusslorbeeren: "Gauck hat mit ihm einen Volltreffer." Ulrike Poppe, Beauftragte für die Diktatur-Aufarbeitung in Brandenburg, kennt Gill ebenfalls seit 1989. "Er passt gut zu Gauck, aber ein Vater-Sohn-Verhältnis ist das nicht." (pro)