„Sie sind Teilnehmer am politischen Prozess, Sie nehmen in der Meinungs- und Willensbildung eine wichtige Stellung ein – und zugleich auch eine sehr große Verantwortung. Wir erwarten von Ihnen, dass Sie dieser Verantwortung gerecht werden.“ Mit diesen Worten appellierte Bundespräsident Joachim Gauck im Rahmen einer Festveranstaltung zum 60-jährigen Bestehen des Deutschen Presseclubs an die Medienverantwortung von Journalisten.
Kontrolle und Wahrhaftigkeit
Die hohe Verantwortung von Medienschaffenden ergebe sich aus der Pressefreiheit in Deutschland. „Staat und Bürgergesellschaft wollen die offene Diskussion, wollen Argumente für und wider. Und um sich ein Urteil bilden zu können, braucht es auch Erklärungen und Hintergründe“, sagte Gauck. Genau diese Aufgabe komme Journalisten zu. Eine freie und unabhängige Presse schaffe die Möglichkeit, die politische Landschaft zu analysieren und Bürgern die Hintergründe offen zu legen.
Wichtig sei deshalb auch die Kontrollfunktion der Medien. Medienschaffende hätten die Aufgabe, politische und gesellschaftliche Vorgänge kritisch zu beleuchten und Gegenpositionen öffentliches Gehör zu verschaffen. Derartige Darstellungen könnten zu Verhaltensänderungen führen. Gauck bezeichnete die Medien deshalb als die „vierte Gewalt im Staat“.
Im Zusammenhang mit dieser verantwortungsvollen Aufgabe wies er auf den Pressecodex und die Pressegesetze hin. Deutsche Journalisten würden sich damit zur „Achtung vor der Wahrheit, zur Wahrung der Menschenwürde und zur wahrhaftigen Unterrichtung der Öffentlichkeit“ verpflichten. „Sie geben den Bürgerinnen und Bürgern die Zusicherung, dass Sie sich Ihrer Verantwortung als vierter Gewalt im Staat sehr wohl bewusst sind und danach arbeiten“, wandte sich Gauck direkt an die Anwesenden. Trotz der angestrebten Unabhängigkeit seien Journalisten damit ein Teil des politischen Gesamtsystems. Selbstkontrolle und Selbstkritik sind nach Ansicht des Bundespräsidenten deshalb wichtige Instrumente bei der täglichen journalistischen Arbeit.
Wichtiger Beitrag zur Demokratie
Gauck wies außerdem auf Missstände hin, die journalistische Arbeit behinderten. Er sprach die Monopolstellung einzelner Medien, ökonomische Zwänge und ein falsches Selbstbild mancher Journalisten an. „Jeder von uns kennt Journalisten, die wie Kumpane agieren, sich zuweilen mit Politikberatern verwechseln und damit alles andere als unabhängig sind.“ Trotzdem sei er überzeugt, dass die meisten Journalisten ihre Aufgabe ernst nähmen und auch vor unangenehmen Recherchen und Kommentaren nicht zurückschreckten.
Abschließend würdigte Gauck noch einmal die Leistungen des Deutschen Presseclubs. Da es bei der Arbeit des Clubs nicht um Berichterstattung gehe, schaffe er einen Ort der Vertraulichkeit. Das ermögliche offene Gespräche über Politik und ihre Hintergründe und bringe mehr Transparenz in politische Abläufe. Bürger erhielten so eine Erklärung der Politik und deren Auswirkungen. Mit solchen Analysen, Debatten und Argumentationen trage die Presse „ganz selbstverständlich und in gewichtiger Weise bei zum Funktionieren unserer Demokratie“, schloss Gauck seine Rede.
Der Deutsche Presseclub wurde 1952 in Bonn gegründet, seit dem Jahr 2000 sitzt er in Berlin. Einmal pro Monat treffen sich Hauptstadt-Journalisten mit Politikern und Vertretern des öffentlichen Lebens zu Hintergrundgesprächen, zu denen die 250 Mitglieder des Clubs eingeladen werden. (pro)