Gaming ist Bestandteil der Jugendkultur

Am Wochenende ist die Gamescom in Köln zu Ende gegangen. Beim Besuch wurde deutlich, welch großen Stellenwert Gaming in der Jugendkultur einnimmt. Für Christen kann das eine Chance sein.
Von PRO
Über 300.000 Besucher waren am Wochenende bei der Gamescom zu Gast

Die weltweit größte Messe für Computer- und Videospiele sowie Unterhaltungselektronik „Gamescom“ hat am Wochenende mehr als 300.000 Menschen nach Köln gelockt. Während viele Erwachsene „zocken“, identifiziert ein großer Teil der Besucher unter 30 Jahre einmal mehr ein jugendpolitisches Thema, das oft vernachlässigt wird: Gaming.

Bei der JIM-Studie 2023, die den Medienumgang junger Menschen erforscht, gaben rund 72 Prozent der befragten Jugendlichen zwischen zwölf und 19 Jahren an, täglich oder mehrmals pro Woche Videospiele zu spielen. Acht Prozent der Befragten spielen durchschnittlich mehr als vier Stunden Computer-, Konsolen-, Tablet- oder Smartphonespiele pro Tag.

Computer- und Videospiele sind ein relevanter Teil der Lebenswelt junger Menschen und damit auch ihrer Jugendkultur. Aber noch immer halten sich viele Vorurteile, besonders gegenüber jungen Menschen, hartnäckig: LAN-Parties mit Energydrinks und fehlende Freundschaften sind nur zwei davon.

Die 22-jährige Annika aus Köln ist davon mittlerweile genervt: „Ich habe durch Videospiele im Online-Raum neue Freunde gefunden und neue Stärken entdeckt.“ Mittlerweile ist es wissenschaftlich belegt: Wer digitale Spiele spielt, kann von vielen Vorteilen profitieren, etwa soziale Kontakte knüpfen, fördern und ausbauen. Gaming fördert die Kreativität (z.B. bei Minecraft), fordert kognitiv heraus und verbessert möglicherweise sogar das visuell-räumliche Denken.

Gamer für Ausbildungen gewinnen

Zudem fördert Gaming die Kooperationsfähigkeit, da die meisten Spiele gemeinsam gespielt werden. Ein stetig wachsender Bereich auf der „Gamescom“ sind Serious Games, die Zugang zu Sach- und Fachthemen bieten. Auf dem begleitenden „Gamescom“-Kongress wurde unter anderem darüber diskutiert, wie eine Ausbildung durch digitale Spiele gestaltet werden kann und wie Gamer für Ausbildungen gewonnen werden können.

Nach wie vor noch hoch im Kurs ist Pokemon (Foto: Jendrik Peters/CVJM-Westbund)

Dabei nehmen bekannter Gamer einen immer größeren Raum ein und bestimmen auch auf der „Gamescom“ an vielen Stellen das Geschehen: Große Menschenmengen sind an den Ständen, an denen berühmte Gamer live spielen und Fragen beantworten. Es ist ein Personenkult mit Idolen und Stars, der die „Gamescom“ in diesem Jahr nochmal auf eine andere Art besonders macht. Dass Menschen ihr Gaming über Plattformen wie Twitch live streamen, ist längst kein Trend mehr, sondern Normalität in der Lebenswelt junger Menschen.

Einen spannenden Kontrast setzt seit 2012 die evangelische Jugend in Köln und der Region: Der Jugendverband ist mit einem völlig analogen Stand auf der „Gamescom“ vertreten und ermöglicht neben den digitalen Spielen auch eine kleine Abwechslung zwischendurch. „Wir haben Balanceboards, einen Fotoautomaten, sowie einen Bungee-Run“, erläutert Daniel Drewes, Geschäftsführer der Evangelischen Jugend. Die Messe freue sich jedes Jahr, den Verband auf der Messe zu haben und so die Möglichkeit zur körperlichen Bewegung zu schaffen. „Die ‚Gamescom‘ ist ein fester Bestandteil unseres Jahresprogramms“, ergänzt Drewes.

Neben den klassischen Videospielen, die sich besonders durch einen Fantasie-Charakter auszeichnen, bekam das Thema E-Sports viel Raum auf der Gamescom. In einem Panel wurde die Entscheidung des Internationalen Olympischen Committees (IOC) diskutiert, 2025 olympische E-Sport-Spiele in Saudi-Arabien zu veranstalten. Besonders spannend war dabei die Frage, welche Titel (so nennen Experten die Spiele) in den olympischen Kanon aufgenommen werden.

Während Klassiker wie Fußball, Basketball oder Autorennen wohl wenig Raum für Diskussionen bieten, scheiden sich bei den sogenannten Shootern die Geister. „Die Titel müssen zu den olympischen Werten passen“, sagte dazu Torsten Burmester, Vorstandsvorsitzender des Deutschen Olympischen Sportbunds (DOSB). Bei Shootern habe er da große Zweifel. Ganz anders Anika Wolters, bekannte E-Sport-Kommentatorin: „Wenn wir E-Sport schon olympisch machen, dann müssen wir auch der E-Sport-Welt überlassen, welche Titel sie bespielen möchte.“

Jugendarbeit darf die Shooter nicht verteufeln

Die Debatte über Shooter und Werte ist auch in christlichen Kreisen immer wieder Thema. Zentral dabei ist die Frage, ob christliche Jugendverbände in einer christlichen E-Sport-Liga aktiv sind, die auch Shooter beinhaltet? In Gesprächen mit den dort aktiven Gamern selbst wird schnell deutlich: Auch diese Spiele sind Teil der Lebenswelt junger Menschen und dürfen von der Jugendarbeit nicht ignoriert und verteufelt werden. Es wird deutlich, dass bei Online-Spielen auch der Glaube eine Rolle spielt und Begegnungen stattfinden. „Ich war Jesus noch nie so nah, wie in diesen Spielen mit meinen Freunden“, äußert sich ein junger Gamer.

Jendrik Peters und Anna Grebe gestalten gemeinsam den Podcast „Berufsjugendlich“ (Foto: privat)

Junge Menschen sollten daher auch bei Entscheidungen im Kontext von Gaming aktiv mit einbezogen werden. Es gibt in Reihen der Jugendverbände sehr gute Beispiele: Der Jugendring Bielefeld veranstaltet die „Urban Games Days“ und hat dafür 2023 den Dieter-Baacke-Preis erhalten, den renommiertesten Preis für Medienpädagogik.

Es scheint daher nur folgerichtig, dass auch christliche Jugendverbände das Thema Gaming und E-Sport
zunehmend auf der Agenda haben. „Dafür bietet die christliche E-Sport Liga (CEL) eine gute Chance“, sagt Martin Schott, Hauptamtlicher im CVJM-Westbund und Mitinitiator der CEL, die in den vergangenen zwei Jahren schon erste Turniere angeboten hat, an denen jeweils über 120 Menschen aus ganz Deutschland teilgenommen haben.

Von: Jendrik Peters

Jendrik Peters arbeitet als Bundessekretär für Bildung und Außenvertretungen im CVJM-Westbund, sowie als stellvertretende Vorsitzender der evangelischen Jugend in Nordrhein-Westfalen. Außerdem ist er Co-Host des Podcasts „Berufsjugendlich“. Der Podcast richtet sich an alle, die jugendpolitisch aktiv sind, mit jungen Menschen arbeiten und an junge Menschen glauben. Alle zwei Wochen geht es dabei im Gespräch mit verschiedenen Gästen um aktuelle jugendpolitische Themen.

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