Friedenstaube oder Falke – oder beides?

Wenn ein Pazifist und ein hochrangiger Militär diskutieren, müsste es kontrovers werden. Dass es auch anders geht, zeigten Generalmajor von Butler und der EKD-Friedensbeauftragte Kramer auf dem KcF in Karlsruhe. Denn beide eint ein Ziel.
Von Nicolai Franz
Generalmajor Ruprecht von Butler sitzt links neben idea-Leiter Dennis Pfeifer und Bischof Friedrich Kramer auf der Bühne des Kongresses christlicher Führungskräfte 2025

„Für oder gegen Waffenlieferungen?“ „Für Krieg oder für Frieden?“ „Für Abschreckung oder für Diplomatie?“ Wer über die Sicherheitslage in Europa und den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine diskutiert, sieht sich oft mit solchen Dualismen konfrontiert. Entweder oder – mehr gibt es nicht.

Doch es geht auch anders. Das wurde deutlich, als am Samstag auf dem Kongress christlicher Führungskräfte (KcF) in Karlsruhe zwei sehr ungleiche Männer miteinander über Krieg und Frieden diskutierten: Friedrich Kramer, EKD-Friedensbeauftragter und mitteldeutscher Landesbischof, ist ausgesprochener Pazifist, während Ruprecht von Butler als Generalmajor der Bundeswehr schon qua Amt für Waffen und – im äußersten Fall – deren Einsatz sein muss.

Schon am Anfang machte von Butler deutlich, dass er Kramer („mein Landesbischof“) sehr schätzt. „Wir können abends auch gut ein Bier zusammen trinken“, sagte der Soldat, um dann darüber zu referieren, wie Russlands Präsident Wladimir Putin von seinen Angriffsplänen gegen die Ukraine hätte abgeschreckt werden können.

5.000 Helme schrecken nicht ab

Das „politische Signal“ in Richtung Russland sei von Butler zufolge zu schwach gewesen. Damit meinte er vor allem die 5.000 Helme, die Deutschland zunächst an die Ukraine geliefert hatte. Danach hatten westliche Staaten sich zu immer stärkeren Waffenlieferungen entschieden. „Wenn Putin das gesehen hätte, wie entschlossen der Westen reagiert Mitte 22, hätte er vermutlich nicht angegriffen.“

Kramer hingegen verteidigte seine kritischen Aussagen gegenüber Waffenlieferungen und mahnte zu Vorsicht bei der Sprache. „Die Aussage von Pistorius, kriegstüchtig zu sagen, ist desaströs“, sagte der Friedensbeauftragte über den Bundesverteidigungsminister. Deutschland müsse stattdessen „friedenstüchtig“ werden. Schließlich wisse man bei „kriegstüchtig“ nicht einmal, ob damit ein Verteidigungs- oder ein Angriffskrieg gemeint sei.

Er plädierte für Abrüstung statt Aufrüstung, auch wenn ihm klar sei, dass Landesverteidigung nötig sei. „Für uns Christen gibt es nur eine Zeitenwende, das ist die Geburt und das Kommen unseres Herrn Jesus Christus. Und von daher ist die Welt neu gestaltet.“

Immer wieder gab es für solche Statements zustimmendes Nicken des Generalmajors. Er sei dankbar für jede Rüstungsausgabe, die man nicht tätigen müsse. Aber: „Ohne eine Verteidigungsbereitschaft, ohne diese Waffen, bin ich der festen Überzeugung, werden wir keinen Frieden haben.“

Fragen nach Leben und Tod

Auch auf seinen Glauben ging von Butler, der auch EKD-Synodaler ist, ein: „Ich könnte kein Soldat sein, wenn ich kein Christ wäre.“ Sein Ziel sei, dass am Ende nicht auf Menschen geschossen werde, „sondern dass ich mich schützend vor den Schwächeren stelle“. Er sei bereit, für die Verteidigung der Freiheit zu kämpfen – und am Ende sogar zu sterben. Sein Glaube helfe ihm dabei, schwierige Entscheidungen ethisch abzuwägen. 

Zehn Jahre hatte der Generalmajor in Afghanistan in verschiedenen Funktionen gedient. In dieser Zeit hatte es auch einen Anschlag auf einen Bundeswehr-Konvoi mit mehreren Toten gegeben, von Butler war für die „Kabul multinational Brigade“ zuständig. „Was glauben sie, wie oft ich mich gefragt habe, warum ich nicht verhindert habe, dass der Bus an diesem Morgen losgefahren ist? Das ist eine Verantwortung, die müssen Sie mit sich selber ausmachen, die müssen Sie vor Gott ausmachen.“

Zwei Sichtweisen, ein Ziel

Anders als man vermuten könnte, hat Bischof Kramer zur Bundeswehr nach eigener Aussage ein gutes Verhältnis, auch wenn dazu eine kritische Begleitung. Vor allem die Militärseelsorge und das Gebet seien ihm wichtig. Das stärkste sei, „dass wir eben auch für den Frieden beten. Wir wissen nicht, wie es werden kann, aber der Herr wird es wissen und der Herr wird es machen.“ Christen würden auf das Reich Gottes zugehen, in dem es keine Waffen, sondern nur noch die reine Liebe gebe. 

Was ihn, Kramer, von Generalmajor von Butler unterscheide, sei die Perspektive: „Ich lebe stärker von dieser Vision her und mache die stark. Und der hochgeschätzte Generalmajor muss die Realitäten mehr wahrnehmen.“

Von Butler sekundierte: „Wir setzen uns beide für Frieden ein.“ Wenn auch aus unterschiedlichen Perspektiven. 

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