Der katholische Theologe und ehemalige Chefredakteur des Schwulen-Magazins Männer, David Berger, hat bei einer Veranstaltung von Lebensschützern die Gender-Theorie kritisiert. Er sieht darin eine Gefahr für die Meinungsfreiheit und die Menschenwürde.
Von PRO
Foto: pro/Norbert Schäfer
Der katholische Theologe und Journalist David Berger sieht in der Gender-Ideologie eine Gefahr für die Meinungsfreiheit
Der katholische Theologe und Kirchenkritiker David Berger, der sich offen zu seiner Homosexualität bekennt, sieht in der Gender-Theorie die Gefahr einer „Dekonstruktion der Menschenwürde“, indem das biologische Geschlecht in Abrede gestellt werde. Unter dem Titel „Freiheit statt Gender-Gedöns und virtueller Bürgerkrieg“ hat der ehemalige Chefredakteur des Schwulen-Magazins Männer am Mittwoch in Berlin im Rahmen einer Vortragsveranstaltung der Christdemokraten für das Leben (CDL) referiert. „Dass der Vortrag an sich stattfindet, ist ein Plädoyer für die Meinungsfreiheit, für die Freiheit, sich zu äußern und für einen offenen Diskurs“, sagte Berger. Seiner Meinung nach sind Gender-Mainstreaming und die Aushöhlung der Meinungsfreiheit auf das engste miteinander verbunden. Seit der Jahrtausendwende sei Gender-Mainstreaming ein Ziel der Europäischen Union (EU). Damit sei festgelegt, dass das Konzept in öffentlichen Betrieben und der Politik umgesetzt wird. Durch die Verfügung der EU sei ein riesiger „Gender-Apparat“ entstanden. Derzeit gebe es an deutschen Universitäten rund 200 Professuren, die sich mit Gender-Studien beschäftigten, und rund 2.000 Gender-Beauftragte sowie rund 40 Institute an Universitäten.
Über die Gleichberechtigung von Mann und Frau bestehe gesellschaftlich weitgehend Konsens. „Das Problem beginnt dort, wo die Gender-Theorie die Unterscheidung von biologischem und soziologischem Geschlechtsbegriff zur Trennung extremisiert“. Gender-Ideologen erklärten, man müsse sich „aus den Fesseln der Biologie“ befreien. Für sie sei das Gender, das soziologische Geschlecht, entscheidend. Damit sind die Eigenschaften und Rollen in Bezug auf die Geschlechtlichkeit gemeint, die ein Mensch aufgrund seiner kulturellen und sozialen Prägung erlernt.
Demzufolge bestimme laut der Gender-Theorie die Gesellschaft letztlich, wie die Geschlechterrollen ausgefüllt würden. Das wiederum sei von sozialen Machtstrukturen abhängig. Berger macht in der Gender-Theorie auch Überschneidungen mit dem radikalen Feminismus aus, der davon ausgeht, dass er „ein Befreiungskampf ist gegen die Übergewalt des Männlichen“. Nach der Gender-Theorie solle jeder selbst bestimmen, „was er sein möchte“ – Mann, Frau oder etwas dazwischen. Dies klinge nach Freiheit, sei aber das Gegenteil.
Instrumentalisierung von Homosexuellen
Denn letztlich gehe es darum, diese Kategorien und Machtstrukturen zwischen den Geschlechtern durch gesetzliche Bestimmungen aufzulösen. Das sei auch der Sinn hinter der Einführung der Homo-Ehe, sagte Berger. Bei der „bürgerlichen Homosexuellenbewegung“ stehe die Frage nach der Gerechtigkeit im Vordergrund. Daran sei die Gender-Bewegung nicht interessiert. „Homosexuelle werden instrumentalisiert, um eine geschlechtslose Gesellschaft herzustellen“, sagte Berger. Vornamen, die eindeutig einem Geschlecht zuzuordnen sind oder auch die Angabe des Geschlechts im Ausweis sollen Bergers Angaben zufolge abgeschafft und sogenannte Unisex-Toiletten eingeführt werden.
Bei der Umsetzung ihrer Ziele bedienten sich die Gender-Aktivisten gezielt der Sprache. „Sprache ist ein wichtiges Einfallstor, um seine gendertheoretischen Überlegungen durchzusetzen.“ Zum Post-Gender-Phänomen gehöre etwa, dass sich Justizminister Heiko Maas gegen Sexismus in der Werbung einsetzte unter dem Motto: „Wir wollen nicht ständig nackte Männer und nackte Frauen sehen.“
Das Ende von Hetero- und Homosexualität
Die Autorin und Journalistin Birgit Kelle habe erkannt, was Maas eigentlich störe: „Männer die wie Männer aussehen und Frauen, die wie Frauen aussehen mit den entsprechenden Merkmalen“. Stattdessen möchte man den „genderfluiden Menschen haben“, zunehmend auch in der Werbung – also einen, dessen Geschlecht nicht festgelegt, sondern variabel ist. Die Tendenz dazu ist nach Ansicht Bergers auch in der Kunstszene der Travestiekünstler erkennbar, die in Frauenkleidern und mit Vollbart auftreten. „Es wird bewusst beides vermischt, um das Genderfluide zum Ausdruck zu bringen.“
Langsam bekämen sogar hartgesottene Feministinnen „Zahnschmerzen“ angesichts der Gender-Theorie. Wenn die Geschlechter unwichtig würden, verliert auch die Rolle der Frau an Bedeutung und damit werde auch der Feminismus hinfällig. Die Gender-Theorie verwehre es Berger, ein schwuler Mann zu sein, weil es in Weltbild Männer und Frauen an und für sich nicht mehr gebe. „Die Gender-Theorie bedeutet das Ende von Heterosexualität und Homosexualität“, sagte Berger. Die Gender-Theorie ist nach Auffassung Bergers eine „Verhöhnung der Naturwissenschaften“.
Gender widerspricht der Menschenwürde
„Es gibt eine Natur des Menschen, die unverlierbar ist, vor aller gesellschaftlichen Determinierung“, sagte Berger. Diese Natur dürfe dem Menschen nicht entzogen werden. Auf dieser Basis fuße die Idee der Menschenrechte. Der Mensch bringe etwas aus seiner Natur heraus mit, das ihm gehöre und das ihm nicht genommen werden könne, unabhängig von der Hautfarbe, der sozialen Herkunft und der politischen Gesinnung. „Mit zu dieser Natur gehört die Geschlechtlichkeit des Menschen, die er frei entfalten soll.“
Die Souveränität einer Wissenschaft zeige sich immer auch im Umgang mit ihren Kritikern. Die Gender-Doktrin lasse keine Kritik an sich zu. In der öffentlichen Wahrnehmung würden Kritiker der Gender-Theorie „abgestraft mit Totschlagargumenten“. Berger nannte eine Studie der Heinrich-Böll-Stiftung, die den Spiegel-Redakteur Jan Fleischhauer „in die Nähe der NPD verortet“, weil er nach der Wissenschaftlichkeit der gendertheoretischen Lehrsätze gefragt habe. „Das ist leider typisch“, erklärte Berger aus eigener Erfahrung. „Alle Kritiker der Gender-Lehre sind automatisch rechtspopulistisch bis rechtsradikal, frauenfeindlich und homophob.“ Gender-Kritker wie die Autorin Kelle würden „sofort in die homophobe Kiste gesteckt“, um sie bloßzustellen und „Leute gegen sie zu mobilisieren.“ Berger stehe selbst in der Kritik der schwulen Community, weil er sich gegen die Gender-Theorie ausspricht. Deren Auffassung nach sei er ein „Rechtspopulist“.
Zensur gefährdet Meinungsfreiheit
Die Auseinandersetzungen zu diesem Thema verlagern sich nach Ansicht Bergers immer mehr auf das Internet. „Die Empörungserektionen, die Shitstorms, die Organisation von Gegendemos leben ganz zentral von der virtuellen Welt und dem Internet.“ Seit der Flüchtlingskrise hat Berger eine Verstärkung des „virtuellen Bürgerkriegs“ beobachtet, gerade nach der Kölner Silvesternacht. „Die Grenzen verschwimmen zwischen politisch gewollter, veröffentlichter und öffentlicher Meinung zunehmend.“
Ein Klima der Gewalt und des Hasses im Internet und den sozialen Medien sei grundsätzlich abzulehnen. Als gefährlich bewertet Berger die Bemühungen, die Meinungsfreiheit im Internet einzuschränken. „Es wird versucht, zu regeln, dass kein rechtsfreier Raum entsteht, aber auch Zensur auszuüben und das Internet unter Kontrolle zu bekommen, weil die veröffentlichte Meinung nicht mehr kontrolliert werden kann.“
Justizminister Maas sei darum bemüht, Facebook mit „bestimmten Meinungen“ gleichzuschalten, oder Meinungen „dort zu verdrängen, die nicht in sein Konzept passen“. Da werde Kritik schnell zur Hetze, sagte Berger. „Angst vor Islamisierung wird als Panikmache verstanden, wer den Papst kritisiert, ist mutiger Religionskritiker, wer den Islam kritisiert, ist islamophob und Rassist.“ Berger sieht in einem „willkürlichen Löschen“ von Kommentaren einen Rückfall hinter rechtsstaatliche Prinzipien und die „Inquisition der katholischen Kirche“. (pro)
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