„Noch nie gab es so viele Sklaven wie heute“, teilte Menschenrechtsorganisation International Justice Mission IJM zum „Europäischen Tag gegen Menschenhandel“ am Donnerstag mit. Die Betroffenen würden in Fabriken, Bordellen, Haushalten und auf Booten festgehalten, ausgebeutet und missbraucht. „Die meisten Menschen in Sklaverei leben in Asien, doch auch in Deutschland werden Menschen versklavt“, heißt es weiter.
Menschen in der westlichen Welt seien durch den Konsum von importierten Produkten mit dem Thema verbunden. Besonders Computer, Smartphones und Kleidung, die es hier zu kaufen gebe, wie auch Kakao und Fisch aus bestimmten Regionen könnten durch Zwangsarbeit hergestellt oder bearbeitet worden sein.
Dem Büro der Vereinten Nationen für Drogen- und Verbrechensbekämpfung zufolge ist die häufigste Form des Menschenhandels die zum Zweck der sexuellen Ausbeutung. Frauen und Mädchen machen in Deutschland laut Bundeskriminalamt 96 Prozent dieser Gruppe aus. Auch weltweit bilden sie mit 71 Prozent die größte Betroffenengruppe von Menschenhandel.
Der Europäische Tag gegen Menschenhandel wurde 2007 von der Europäischen Kommission ins Leben gerufen. Er wird seitdem jährlich am 18. Oktober begangen, um die Öffentlichkeit auf das globale Problem des Menschenhandels aufmerksam zu machen. Menschenhandel ist eine Form der Sklaverei und stellt damit eine massive Menschenrechtsverletzung dar.
Besserer Schutz von Opfer gefordert
Anlässlich des Aktionstages organisiert der Verein IJM Deutschland die Aufklärungskampagne „#unfrei“. „Dass es heutzutage noch Sklaverei gibt, ist ein Skandal“, sagt Vorstandsvorsitzender Dietmar Roller. Die Kampagne mit dem Hashtag #unfrei informiert Politiker und Bürger über das Thema und lädt sie ein, mit einem blauen Armband mit der Aufschrift „#frei“ ein Zeichen gegen Sklaverei zu setzen. Am 13. Oktober 2018 wurden bereits in 18 Städten von ehrenamtlichen IJM-Aktivisten diese Armbänder verteilt. Laut IJM konnten seit 2016 über 30.000 Bändchen verteilt werden.
Viele andere Organisationen machen ebenfalls an diesem Tag auf die Problematik aufmerksam. So teilte die Bundesvorsitzende der Arbeitsgemeinschaft Sozialdemokratischer Frauen (ASF), Elke Ferner, mit: „Ob Zwangsprostitution, in der Landwirtschaft, der Gastronomie, auf dem Bau, in der fleischverarbeitenden Industrie, in privaten Haushalten oder in der häuslichen Pflege – mehr als 70 Prozent der Opfer von Menschenhandel sind Frauen und Mädchen.“ Mit dem Anfang Juli vom Bundestag beschlossenen Gesetz würden nun vor allem Frauen und Kinder besser vor Menschenhandel und Zwangsprostitution geschützt, heißt es weiter. Künftig machen sich auch Freier strafbar, wenn sie die Dienste einer Zwangsprostituierten in Anspruch nehmen. Sie ASF fordert einen Rechtsanspruch auf psychosoziale und rechtliche Beratung und Begleitung für alle Geschädigten von Menschenhandel und Ausbeutung.
Ebenso macht die Frauenrechtsorganisation Terre des Femmes besonders an diesem Tag auf die Problematik des Menschenhandels aufmerksam und fordert einen besseren Schutz von Opfern des Frauenhandels in der europäischen und deutschen Politik.
„Walk for Freedom“ auch in deutschen Städten
Die christliche Organisation A21 veranstaltet auch in diesem Jahr am 20. Oktober 2018 einen Marsch mit dem Namen „Walk for Freedom“ in Großstädten in 50 Ländern der Welt. Die Teilnehmer werden aufgerufen, in einer langen Reihe in schwarzer Kleidung an einem Trauermarsch durch die Stadt teilzunehmen. „Sklaverei gibt es noch immer“, sagen die Veranstalter. „Wenn wir gemeinsam gehen, Schilder hoch halten und Flyer verteilen, erreichen wir Menschen in der Stadt und machen sie auf den Menschenhandel aufmerksam. Unsere Gemeinden haben die Macht, Dinge zu verändern.“
Der Marsch wurde initiiert von der australischen Menschenrechtsorganisation „The A21 Campaign“, abgekürzt A21. Sie wurde 2008 von Christine Caine, einer Leiterin der Freikirche Hillsong, gegründet, um gegen Sklaverei zu kämpfen. Mittlerweile hat die Organisationen Büros in 14 Ländern, darunter in Großbritannien, Dänemark, Griechenland, Holland, Bulgarien und in den USA.
Von: Jörn Schumacher