Franklin Graham: „Menschen sollen wissen, dass Gott sie liebt“

Franklin Graham will beim „Festival Of Hope“ zum Glauben an Jesus aufrufen. Im PRO-Interview spricht er über seinen Dienst, über Kritik an seinen politischen Äußerungen – und er lässt offen, ob er 2024 erneut Donald Trump unterstützen wird.
Von Nicolai Franz

PRO: Mr. Graham, Sie sind ein weltweit gefragter Evangelist und Leiter einer weltweiten Wohltätigkeitsorganisation, die armen Menschen Hoffnung bringt. Was macht Sie glücklicher? Anderen Menschen auf praktische Weise zu helfen oder das Evangelium zu predigen? 

Franklin Graham: Es erfüllt mich am meisten, wenn ich Menschen erzähle, wie sie durch den Glauben an seinen Sohn, Jesus Christus, eine Beziehung zu Gott haben können. Aber wenn wir Menschen in der Stunde der Not helfen können – im Krieg, in einer Hungersnot, in Krankheit – dann ist das für mich eine große Befriedigung. Aber dann wollen wir ihnen auch von unserer Hoffnung in Christus erzählen, was unser Hilfswerk „Samaritan’s Purse“ ausmacht. Wir wollen, dass die Menschen wissen, dass Gott sie liebt. Wenn Menschen durch eine Krise gehen, denken sie oft, dass Gott sie vielleicht verurteilt oder zornig auf sie ist. Ich möchte, dass sie wissen, dass das nicht wahr ist. Gott liebt uns und kümmert sich um uns und möchte, dass wir zu ihm kommen. Die Bibel sagt uns, dass Gott will, dass wir alle, jeder von uns, gerettet werden. 

Wenn man in Länder reist, in denen die meisten Menschen arm sind, wissen sie, dass sie Essen, Wasser und Unterkunft brauchen. Aber geistliche Armut ist für viele Menschen nicht so sichtbar. Ist es für Sie schwieriger, wohlhabenden Menschen von Jesus zu erzählen, zum Beispiel den Deutschen? 

Keine Frage. Und zwar weil Wohlstand zu geistlicher Armut führt. Wenn jemand alles hat, was er will, dann braucht er Gott nicht. Dann wird der Materialismus zu ihrem Gott. Aber die Bibel sagt, dass wir alle einmal dem Tod begegnen werden: Gott hat unsere Tage gezählt. Und an diesem Punkt fangen die Menschen an, Fragen zu stellen: Bin ich bereit, vor Gott zu stehen? Gibt es einen Gott? Gibt es einen Schöpfer? Alle Menschen in einer wohlhabenden Gesellschaft haben sich diese Frage irgendwann einmal gestellt. Sie haben Geld, ein Haus, ein Bankkonto. Aber sie spüren trotzdem eine innere Leere. Sie sind nicht erfüllt und suchen nach dem Sinn des Lebens. Wir sind nach Deutschland gekommen, um den Menschen zu sagen, wie sie eine Beziehung zu Gott, dem Schöpfer des Universums, haben können. Durch den Glauben an seinen Sohn, Jesus Christus. 

In Deutschland und in den USA klagen die Menschen über eine Spaltung der Gesellschaft. Vielleicht ist das ja eine Art spirituelle Armut. Welche Rolle sollten evangelikale Christen spielen, wenn sie diese Spaltung überwinden wollen?

Wir wissen, dass Gott uns liebt und dass Christus uns liebt, weil er sein Leben für unsere Sünden gegeben hat. Natürlich sind wir politisch gespalten. In Europa gibt es zum ersten Mal seit sieben Jahrzehnten einen Krieg. Es gibt Hass und Mord in der Welt. Wir als Christen müssen die Welt wissen lassen, dass dies nicht Gottes Plan ist. Gott will, dass wir einander lieben und uns umeinander kümmern, wie es in der Bibel heißt: „Tut Gutes denen, die euch verfolgen.“ Die Welt sagt: „Wenn dir jemand wehtut, dann schlag zurück.“ Jesus sagte hingegen: „Wenn dich jemand auf die rechte Wange schlägt, halte auch die linke hin.“ „Wenn dir jemand den Rock wegnimmt, gib ihm auch deinen Mantel.“ „Wenn ein römischer Soldat von dir verlangt, eine Meile zu laufen und seine Tasche zu tragen, dann geh zwei Meilen mit ihm.“ Das war die Art und Weise, wie Jesus lehrte. Und ich denke, wir sollten das auch tun. 

In der Vergangenheit haben Sie Donald Trump als Präsident unterstützt, obwohl Sie mit ihm in einigen Dingen, die er gesagt oder getan hat, nicht übereinstimmten. Für die meisten Menschen in Deutschland ist Trump geradezu ein Synonym für Spaltung, Bigotterie und den Missbrauch des Christentums für seine eigenen Ziele. Werden Sie Donald Trump bei der nächsten Wahl erneut unterstützen? 

Ich weiß es nicht, weil ich nicht weiß, ob er der Kandidat sein wird. 

Es sieht so aus, als ob er es wird. 

Nun, ich meine, er hat einige rechtliche Probleme. (lacht)

Das kann man wohl sagen.

Ich weiß wirklich nicht, wer der nächste Kandidat sein wird. Die Republikanische Partei hat einige sehr gute Leute. Und bei den Demokraten weiß ich nicht, ob es Präsident Biden oder jemand anderes sein wird. Ich werde also einfach abwarten müssen. Ich werde mich nicht einmischen. 

Aber es sieht ziemlich danach aus, dass es Trump gegen Biden sein wird, wenn sich nichts Gravierendes ändert. Wenn Mr. Trump im Gefängnis landet, wäre das wohl eine Herausforderung für ihn.

Aus dem Gefängnis heraus für das Präsidentenamt zu kandidieren, wäre eine Herausforderung, ja. (lacht)

Aber es könnte ihn wohl trotzdem nicht davon abhalten, das zu wollen. Angenommen, es käme zum Zweikampf der beiden: Würden Sie Biden oder Trump unterstützen? 

Das ist eine hypothetische Frage. Ich glaube nicht, dass Biden kandidieren wird, und ich bin mir nicht sicher, ob Trump es tun wird. Biden hat mit einigen sehr schweren gesundheitlichen Problemen zu kämpfen, und Präsident Trump hat mit einigen sehr ernsten rechtlichen Problemen zu kämpfen.

Etwa 80 Prozent der weißen Evangelikalen haben bei der letzten Präsidentschaftswahl für Donald Trump gestimmt. Sehen Sie die Gefahr, dass evangelikale Christen sich von bestimmten politischen Gruppen vereinnahmen lassen, zum Beispiel, dass Menschen meinen, dass ein guter Christ die Republikaner wählen sollte?

Keine Frage. Es gibt diese Gefahr, weil Politiker dazu neigen, alles Mögliche zu sagen, um zu versuchen, deine Unterstützung zu bekommen, um zu versuchen, dich hinter sie zu bringen. In der westlichen Welt haben wir die Freiheit, zu wählen, anders als zur Zeit Christi. Deshalb denke ich, dass es wichtig ist, zu wählen und zu versuchen, für Kandidaten zu stimmen, die zumindest für unsere christlichen Werte stehen. Das heißt nicht, dass sie selbst Christen sein müssen, aber sie sollten mit christlichen Positionen und Werten sympathisieren.

Es gibt viele christliche Werte, die Jesus hervorhebt: Einsatz für arme Menschen, soziale Gerechtigkeit, Respekt und Nächstenliebe. Aus europäischer Sicht scheint es so, als würden konservative amerikanische Christen jedoch einige wenige Themen überbetonen, für die sich auch Donald Trump einsetzt: Abtreibung, persönliche Freiheit, Religionsfreiheit. Sollten sich evangelikale Christen nicht mehr auf tätige Nächstenliebe konzentrieren, so wie Sie es mit „Samaritan’s Purse“ tun? 

Viele Christen engagieren sich in Fragen der sozialen Gerechtigkeit. Und es ist einfach nicht wahr, dass die christliche Community zu 100 Prozent republikanisch ist, auch wenn die Medien das so darstellen. Viele Christen sind geteilter Meinung über Präsident Trump und darüber, ob er dieses Mal den gleichen Grad an Unterstützung haben wird, wenn er kandidieren sollte – ich weiß es wirklich nicht. Er ist eine kontroverse Person, aber gleichzeitig ist unser Land aufgeblüht, als er Präsident war. Seine Präsidentschaft war gut für die amerikanische Wirtschaft und Industrie. Er hat sich um die Sicherung der Südgrenze gekümmert. Er hat also eine Menge Dinge getan, die gut für unser Land waren. Als er in diesen Teil der Welt kam, warnte er die europäischen Nationen davor, dass sie ihren NATO-Verpflichtungen nicht nachkommen und dass sie nicht vorbereitet sind. Und er hatte in diesen Punkten recht. Aber die Leute wollten es nicht hören. 

Korrekt.

Ich denke also, wir müssen ihm Anerkennung zollen, wenn er es verdient. Ja, er ist eine sehr kontroverse Person. Er sagt und tut Dinge, mit denen ich nicht einverstanden bin. Er beleidigt Menschen. Er beleidigt sie ohne jeden Grund. (lacht) Und das verstehe ich auch nicht. 

2019 haben Sie mit dem Autor Eric Metaxas über die Kritik an Trump gesprochen. Sie haben diese „fast dämonisch genannt“. Haben Sie sich jemals gefragt, ob Sie mit solchen Äußerungen vielleicht selbst zur Spaltung der Gesellschaft beitragen?

Damals hatte sich die gesamte Medienlandschaft gegen ihn verbündet haben, er wurde von links und rechts angegriffen. Sogar die Republikaner waren 2016 gegen ihn. 

Vielleicht aus gutem Grund. 

Er hatte nicht die Unterstützung der Bush-Fraktion der Republikanischen Partei. Alle Medien, mit Ausnahme vielleicht eines einzigen, waren gegen ihn. Das war also fast schon dämonisch, diese ganze Negativität. So etwas hat es in der Geschichte unseres Landes noch nie gegeben. Kein Politiker wurde je so behandelt wie Donald Trump. 

Weil es noch nie einen Politiker wie Donald Trump gegeben hat. 

Ich will ihn nicht verteidigen. Es ist nur eine Feststellung. Es ist einfach eine Tatsache. Also es ist einfach so ungewöhnlich. 

„Als Christen glauben wir, dass Abtreibung Mord ist.“

Viele Gemeinden in Deutschland beteiligen sich an der Aktion „Weihnachten im Schuhkarton“. Dadurch bekommen arme Kinder jedes Jahr Weihnachtsgeschenke. Es gibt Gemeinden, denen Ihre politischen Äußerungen Bauchschmerzen bereiten und die sich gezwungen fühlen, sich dafür rechtfertigen zu müssen. Was sagen Sie dazu? 

Ich bin kein Politiker. Manchmal nehmen Politiker moralische Positionen ein und dann versuchen sie, sie zu politischen Positionen zu machen. Ich finde es wichtig, dass ich mich als christlicher Prediger zu moralischen Fragen äußere. Das ist nicht das alleinige Recht der Politiker. Eines der großen Themen in unserem Land ist natürlich Mord. Und als Christen glauben wir, dass Abtreibung Mord ist. Ich weiß, dass Abtreibung in fast allen westlichen Ländern der Welt legal ist, aber nur weil die Politiker sagen, dass sie legal ist, heißt das nicht, dass sie richtig ist. Deshalb äußere ich mich jetzt auch nur zu Fragen der Moral. Ich äußere mich nicht dazu, ob die Steuern erhöht werden sollten, ob wir eine Straße bauen oder Geld ausgeben sollten, um Menschen ins All zu schicken. Das sind keine moralischen Fragen. Aber jedes Mal, wenn es um eine moralische Frage geht, halte ich es für wichtig, zu sagen, was Gott zu dieser Frage zu sagen hat. 

Vielen Dank für das Gespräch.

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