Fragwürdige Internetseelsorge

N e w Y o r k (PRO) - Viele Menschen suchen Hilfe für ihre Probleme und Fragen im Internet. Dieses Phänomen macht sich in den USA nun eine neue Internet-Plattform zu Nutze. Unter dem Motto "Trusted Advice from Real People" stellt der Internetanbieter BitWine den Kontakt zwischen Hilfesuchenden und freiwilligen Beratern her. Das Problem daran: es gibt keine Standards für die Qualifikation der Berater.
Von PRO

Sowohl Experten als auch Hobbyberater stellen ihre Hilfe auf dem Portal zur Verfügung. Thematisch reicht das Spektrum von technischen Problemen mit Computern oder Autos bis hin zur Beziehungsberatung oder Traumdeutung. Die meisten Kontakte kommen über die Internet-Telefonie über die Software Skype zum Einsatz. Die Berater legen ihre Honorare selbst fest. Das Spektrum reicht von der kostenlosen Beratung bis hin zu einem Minutenpreis von 1,99 US-Dollar. Zutrittsbarrieren für Berater gibt es keine – jeder der möchte, kann seine Hilfe in einem bestimmten Bereich anbieten. Auf bitwine.com bewerten die Nutzer ihre Berater. Diese Bewertungen dienen als Orientierungshilfe für andere.

Esoteriker und Astrologen bieten Dienste gegen Honorar an

Auf ihrer Internetseite beschreiben die Betreiber BitWine sich als private Organisation eine Gemeinschaft von Ratsuchenden und Wissensvermittlern. „Jeder von uns glaubt, dass er Talente besitzt, die er über die eigenen Grenzen hinaus teilen möchte“. Heißt es auf der Internetseite. „Wenn wir unsere Fähigkeiten, Erfahrungen und unser Wissen anbieten, spielt jeder eine Rolle innerhalb der Gemeinschaft von Gleichgesinnten, die einander bereichern können.“

In der Rubrik „Religion und Spirituelles“ werden Ratsuchende „bereichert“ durch ein breit gefächertes Angebot so genannter Lebenshilfe: Ein jüdischer Rabbi bietet seine Dienste ebenso an wie etliche amerikanische Pfarrer. Daneben gibt es Beratung mittels Tarotkarten oder Astrologie, Traumdeutungen sind ebenso zu finden wie esoterische „Energiearbeit“. Ein Medium bietet Hilfe an beim Kontakt mit Verstorbenen.

In Deutschland war Onlineseelsorge bisher überwiegend eine Domäne der Kirchen und christlichen Werke sowie der Telefonseelsorge. Sowohl Katholische als auch Evangelische Kirche aber auch freikirchliche Institutionen wie die Biblisch-Therapeutische Seelsorge (BTS) bieten Seelsorge per Email oder im Chat an. BTS- Mitarbeiter durchlaufen nach der Beratungsausbildung noch eine Spezialausbildung „Onlineseelsorge“.

„Die Onlineseelsorge ist ein Angebot, über das in einem geschützten Raum unproblematisch ein erster Kontakt zu einem Berater aufgenommen werden könne,“ erklärt Florian Mehring, BTS-Studienleiter. „In der Onlineberatung kommen die Menschen gleich auf den Punkt. Sie schreiben, was sie wirklich bewegt.“

Das Ziel der Onlineberatung sei, nach dem Erstkontakt alsbald die Vermittlung in eine „reale“ Beratung anzubahnen, da „die persönliche Beratung Vorteile bietet, an die die virtuelle Beratung nicht heranreicht“, so Mehring. Denn in der Praxis sage eine Anfrage auf dem Bildschirm noch nicht viel über die Persönlichkeit aus, die dahinter stecke. Umso mehr müsse der Berater in seiner Antwort abwägen, wie er „Erste Hilfe“ leisten könne. Dazu bedürfe es aber geschulter Mitarbeiter für die Onlineseelsorge.

Beratung durch Laien ist Risiko

„Wenn jemand nicht zur Beratung ausgebildet ist, besteht die Gefahr, dass er zu wenig reflektiert und dem Gegenüber seine eigene Biografie aufdrängt“, sagt auch Marlies Matejka von der Telefonseelsorge Wien. Gerade im Bereich von psychischen Problemen sei die Beratung durch Laien ein gewisses Risiko. Wenn man diesen Service als Gewerbe anmelde, müsse man zumindest belegen, dass man entsprechende Kenntnisse besitze, sagt Metejka.

Wer qualifizierte Hilfe im Internet sucht, sollte sich also Klarheit verschaffen über die Ausbildung der Berater. Angebote der evangelischen und katholischen Kirche findet man unter www.seelsorge.net Auch die Telefonseelsorge bietet kostenlose Internetseelsorge an. Das Institut BTS bietet unter www.bts-onlineseelsorge.de eine Kontaktmöglichkeit zu einem Berater. Weitere Angebote gibt es regional bei Landeskirchen und christlichen Werken. Angebote für Kinder und Jugendlich gibt es bei den Jugendberatungsstellen oder unter www.kummernetz.de

Lesen Sie mehr zum Thema Lebenshilfe und Beratung im Fernsehen in dem Artikel „Die neue Flut der Pseudo-Sender“ in der aktuellen Ausgabe des Christlichen Medienmagazins pro. Bestellen Sie pro kostenlos unter office@kep.de oder per Telefon unter 06441-915151.

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