Flüchtlingspolitik: Soziale Einrichtungen am Limit

Die Belastungsgrenzen sozialer Einrichtungen in Deutschland sind erreicht, sagt „Arche“-Gründer Bernd Siggelkow. In einer Video-Botschaft fordert er entschlossene Maßnahmen – auch im Blick auf die aktuelle Flüchtlingspolitik.
Von Norbert Schäfer
Der Gründer und Leiter der Arche-Arbeit Bernd Siggelkow

„Die Arche“ und andere soziale Organisationen sehen sich zunehmend als Auffangbecken für die Probleme der Flüchtlingsintegration. „Arche“-Gründer Bernd Siggelkow hat in einer Video-Botschaft von der Überlastung sozialer Einrichtungen durch die Flüchtlingspolitik in Deutschland gewarnt. Das Jugendamt verweise geflüchtete Familien häufig an solche Einrichtungen, da weder ausreichend Kitaplätze noch Deutschkurse verfügbar seien. Auch die steigenden Lebenshaltungskosten und Lohnproteste in der Bevölkerung verschärften die Lage.

„Manchmal frage ich mich, ob unsere Politiker wirklich schon Flüchtlingseinrichtungen besucht haben oder an den deutschen Außengrenzen waren oder an Organisationen teilgenommen haben, die sich um Geflüchtete kümmern“, sagt der Gründer des Kinder- und Jugendhilfswerks auf Youtube. Er finde es „schade, enttäuschend und außerordentlich peinlich“, dass die Parteien der bürgerlichen Mitte die Asylproblematik zu ihren Wahlkampfzwecken nutzten und „sich gegenseitig bekriegen, anstatt einen einheitlichen Konsens zu finden“, erklärte Siggelkow auf Rückfrage.

Zustromsbegrenzungsgesetz „erforderlich und nötig“

Besonders die Forderung der Grünen nach einem erweiterten Familiennachzug für Geflüchtete, auch für jene ohne legalen Aufenthaltsstatus, hält Siggelkow für riskant und warnt, dass jede zusätzliche Aufnahme weiterer Familienangehöriger die Gefahr von Obdachlosigkeit verschärfen könnte. „Wir geben 1,6 Milliarden Euro aus im Jahr für die 40.000 Menschen, die wir nicht abschieben. Wo soll das noch hingehen?“, sagt der „Arche“-Gründer. Einrichtungen wie das ehemalige Flughafengebäude Tegel seien bereits überfüllt. Zudem fehle es an Lehrpersonal, wodurch hunderte Kinder keinen Schulzugang hätten.

Ein Zustrombegrenzungsgesetz hält Siggelkow für „erforderlich und nötig, da es weder für Kommunen, Länder, Behörden, Polizei noch unserer Gesellschaft möglich ist, den Geflüchteten eine menschenwürdige Infrastruktur zu bieten“. Tausende Geflüchtete blieben über Jahre in Flüchtlingsunterkunften ohne Aussicht auf Wohnraum noch hätten die Schulen und Kitas Kapazitäten, um die vielen Kinder aufzunehmen. Siggelkow sieht „selbst die Polizei nicht mehr in der Lage für Sicherheit und Kontrollen zu sorgen“, da es am Personal mangele. „In der Vergangenheit haben wir die nötige und wichtige humanitäre Hilfe geleistet, dennoch haben wir die Kontrolle verloren und nicht entsprechend nachgebessert“, erklärte Siggelkow gegenüber PRO und forderte Infrastrukturmaßnahmen.

Siggelkow möchte, dass die Politik die Verantwortung für die Menschen übernimmt, die hier Hilfe gesucht haben, Wohnraum schafft, Schul- und Kitaplätze sowie Deutschkurse und „eine lebenswerte Infrastruktur für die Menschen, für die wir derzeit die Verantwortung übernommen haben“. Seine Forderung: „Derzeit kein Familiennachzug derer, die illegal zu uns kamen. Ich kann nur davor warnen, dass wir einer Obdachlosigkeit verfallen, die unserem Land sicher nicht guttut.“

Drohende „Explosion in der Bevölkerung“

Das Gesetzesvorhaben der Union am Freitag ist seiner Ansicht nach nur deshalb gescheitert, „weil Friedrich Merz am vergangenen Mittwoch mit den Stimmen der AfD sein Vorhaben (einen rechtlich nicht bindenden Entschließungsantrag, d. Red.) durchgebracht hat, ohne intensiv mit den bürgerlichen Parteien zu sprechen“. Anstatt einen gemeinsamen Weg zu finden, über den man sich im Grunde einig sei, versuchten sich die Parteien zu profilieren und trieben damit den extremen Parteien noch mehr Wähler zu.

„Gesetze können geändert werden, wenn man nicht mehr in der Lage ist, diese zum Schutz der Demokratie und für die Sicherheit der Menschen, die bei uns Hilfe suchen, zu garantieren“, erklärt Siggelkow gegenüber PRO. Die erheblichen Kosten, die mit der derzeitigen Flüchtlingssituation verbunden seien, könnten kaum noch getragen werden. Das sei in allen Bereichen zu merken. Am Ende des Tages hätten „die Bürger die Zeche zu zahlen“.

Wenn Kommunen und Länder weiterhin in der Luft hängen gelassen würden, führe das dauerhaft „zu einer Explosion in der Bevölkerung“. Ohne die notwendige Infrastruktur werde die derzeitige Situation „den Boden für noch mehr Hassprediger, Extremisten und die falschen Parteien nähren, auf dem so viele Dornen wachsen, dass aus einem Land der Demokratie und gelebter Nächstenliebe Zerrissenheit und Hass entsteht“.

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