Film über katholischen Missbrauch darf auf DVD erscheinen

Ein Priester hat versucht, den Vertrieb des Films „Grâce à Dieu“ zu stoppen und ist damit vor Gericht gescheitert. François Ozons preisgekrönter Film dokumentiert Missbrauchsfälle in der katholischen Kirche.
Von Anna Lutz
„Grâce à Dieu“ zeigt den Kampf von Missbrauchsopfern gegen die Katholische Kirche

Der französische Berlinale-Spielfilm „Grâce à Dieu“ („Gelobt sei Gott“) darf auf DVD erscheinen. Dagegen hatte ein katholischer Priester geklagt, der die für ihn geltende Unschuldsvermutung gefährdet sah. Ein Pariser Gericht lehnte seinen Berufunfsantrag laut Informationen der Deutschen Presse-Agentur (dpa) am Mittwoch ab.

Regisseur François Ozon zeigt in seinem Film, der bei der Berlinale einen Silbernen Bären gewann, schmerzhaft detailliert, wie zermürbend der Kampf gegen die Institution Kirche für die Betroffenen ist – und das anhand einer wahren Geschichte: Der Protagonist Alexandre (Melvil Poupaud) lebt mit fünf Kindern und seiner Ehefrau ein glückliches Familienleben in Lyon und besucht regelmäßig katholische Messen. Jüngst hat er seine beiden ältesten Söhne firmen lassen. François (Denis Ménochet) und Emmanuel (Swann Arlaud) hingegen sind überzeugte Atheisten. François hat ein schwieriges Verhältnis zu seinem Bruder, ansonsten lebt er glücklich mit Frau und Kindern auf dem Land. Ganz anders Emmanuel. Er hasst seinen Vater, leidet unter psychischen und gesundheitlichen Problemen. Die Beziehung zu seiner Freundin ist wenig liebevoll und geprägt von Eifersucht und Wut.

Auf den ersten Blick scheinen diese Männer, deren Geschichten „Grace á Dieu“ erzählt, kaum etwas gemeinsam zu haben. Und doch teilen sie ein schreckliches Schicksal: Alle drei sind als Kinder von dem pädophilen Priester Bernard Preynat missbraucht worden. Er verging sich nicht nur an ihnen, sondern auch an mindestens 67 weiteren Jungen.

„Die Wunde wird Gott heilen, wenn wir nicht daran kratzen“

Regisseur François Ozon zeigt in seinem Film, wie der Missbrauch sich einem Krebsgeschwür gleich durch die Leben der Protagonisten frisst. Denn die Demütigungen enden nicht mit der Versetzung des Geistlichen in die Seniorenarbeit, als die Kirche von seinen Taten erfährt: Als Alexandre als Erwachsener den Mut findet, offen über den Missbrauch zu sprechen und sich bei der Kirche darum bemüht, dass Preynat zur Verantwortung gezogen wird, findet er zwar viel Verständnis und auch offene Ohren. Doch der zuständige Kardinal verweigert Konsequenzen für den pädophilen Priester.

„Die Wunde wird Gott heilen, wenn wir nicht daran kratzen“, lässt er Alexandre in einer E-Mail wissen. Die Botschaft ist klar: Von der inzwischen verjährten Tat soll die Öffentlichkeit nichts erfahren. Stattdessen bemüht sich die Diözese um Versöhnung und Vergebung, organisiert ein Treffen zwischen dem Schuldigen und dem Opfer, das mit einem gemeinsamen Gebet endet, nicht aber mit der Einsicht des Pfarrers. Mehr noch: Alexandre findet heraus, dass Preynats Neigungen bekannt waren. Er selbst gab sie gegenüber seinen Vorgesetzten offen zu. „Jeder hat es gewusst“, sagte eine Kirchenmitarbeiterin einmal gegenüber Alexandre.

So entschließt sich Alexandre, trotz der Verjährung Anzeige zu erstatten. Die Polizei ist gezwungen, Ermittlungen aufzunehmen und so finden die drei Opfer schließlich zusammen und nehmen den Kampf gegen Preynat, vor allem aber gegen die Kirche auf.

Barbarin verurteilt

Die Geschichte der drei Männer und der insgesamt 70 Opfer Preynats ist wahr. Regisseur Ozon erzählt deren Geschichte vom Kampf Davids gegen Goliath. David, das sind die Missbrauchsopfer, Goliath die Kirche. Zur Steinschleuder wird ein selbstgegründeter Opferverein, der mithilfe der Medien eine Öffentlichkeit herzustellen vermag, vor der sich die Kirche mehr als alles andere fürchtet. „Grâce à Dieu“ läuft am 26. September in den deutschen Kinos an.

Der Erzbischof von Lyon, Kardinal Philippe Barbarin, wurde im März zu sechs Monaten Haft auf Bewährung verurteilt. Weitere Verfahren stehen aus. Das Strafgericht von Lyon sprach Barbarin schuldig, den sexuellen Missbrauch an einem Minderjährigen durch einen Priester seiner Diözese nicht angezeigt zu haben. Barbarin selbst sagte dazu Medienberichten zufolge: „Ich weiß nicht, wofür ich schuldig gesprochen bin.“

Von: Anna Lutz

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