Julia Klöckner, Claudia Roth und die muslimische Autorin Khola Maryam Hübsch haben bei „hart aber fair“ bekannte Argumente zum Burka-Verbot ausgetauscht. Mit dabei: Eine vollverschleierte Muslima und ein Kulturjournalist, der für heitere Einlagen sorgte. Eine TV-Kritik von Moritz Breckner
Frank Plasberg und Monika B. (rechts), die vor sieben Jahren vom Katholizismus zum Islam konvertierte
Alle Argumente für und gegen ein Verbot der islamischen Vollverschleierungen Burka und Nikab in Deutschland wurden schon mehrfach gehört – trotzdem eignete sich das Thema für eine hitzige und emotionale Debatte im ARD-Talk „hart aber fair“. Grünen-Politikerin Claudia Roth hat, wenig überraschend, nichts gegen die Vollverschleierung einzuwenden. Von der rheinland-pfälzischen CDU-Vorsitzenden Julia Klöckner musste sie sich deshalb die Frage gefallen lassen, wie dies mit dem Kampf der Grünen für die Rechte der Frauen, und sei es mit Symbolpolitik wie dem Binnen-I etwa in „PolitikerInnen“, zusammenpasse. Klöckner erklärte: „Sich zu entscheiden, das Gesicht nicht zu zeigen, ist ein Akt der Unhöflichkeit, und das gehört sich nicht in Deutschland.“ Roth entgegnete, Islam-Hass und das Verbot von Minaretten finde sie sehr viel unhöflicher.
Die Journalistin Khola Maryam Hübsch, bekannt für zahlreiche Talkshow-Auftritte mit Hidschab, dem Kopftuch, platzierte ihre üblichen Stichworte: Wer die Vollverschleierung verbiete, weil diese die Frau zum Objekt degradiere, der müsse auch die Sendung „Germany‘s Next Topmodel“ verbieten. „Verschleierungsverbote kosten den Westen internationales Ansehen“, behauptete sie und erwähnte noch, dass ja schon die US-Gefängnisse Guantanamo und Abu Ghraib keinen guten Eindruck hinterlassen hätte. Zusammenhang unklar. In Frankreich jedenfalls sei der Nikab ein „neuer Punk“, ein subversiver Akt des Widerstandes gegen die staatlichen Kleidungsvorschriften, und somit ein Ausdruck von Selbstbewusstsein. Klöckner erklärte, Vollverschleierte würden für einen fundamentalistischen Islam werben. „Die Toleranz von Intoleranz führt nicht zu mehr Toleranz“, erklärte Klöckner, als Hübsch sagte, man verteidige keine freiheitlichen Werte, indem man denen ähnlicher werde, die sie angreifen.
Ein Kulturjournalist macht Theater
Wirklich sehenswert war die Sendung vor allem wegen des Kulturjournalisten Dirk Schümer. Wenn er eine vollverschleierte Frau sehe, seien ihm deren Motive egal, er frage stattdessen nach der eigenen Kultur, die sich im Abendland auf die Kommunikation zwischen zwei Gesichtern gründe. „Und wenn mir jemand diese Kommunikation komplett verweigert, dann fühle ich mich im Abendland aus der Zivilisation ausgeschlossen“, sagte Schümer. „Ich fühle mich hinter einer Mauer, die nicht ich errichtet habe, sondern der Mensch mir gegenüber.“ Dies verängstige und erzürne ihn. Schümer berichtete von einem Optiker aus Garmisch, der einen eigenen Raum für muslimische Frauen habe, wo diese ohne Kopfbedeckung Brillen anprobieren können. „Das ist Apartheid, was kommt als nächstes?“, fragte der Journalist der Tageszeitung Die Welt.
Seiner Überzeugung verlieh Schümer Ausdruck, indem er eine graue Kappe über das Gesicht zog und rief: „Wenn wir jetzt alle so hier säßen, den ganzen Abend, das wäre doch nicht lustig!“ Auch später am Abend unterstrich der Autor seine Überzeugung durch Körpersprache: Während Frank Plasberg eine vollverschleierte Konvertitin aus Bayern interviewte, putzte Schümer lässig seine Brille.
Verschleierte Muslima: Trage Nikab freiwillig
Die Konvertitin Monika B., die außer ihrem Gesicht auch ihren Nachnamen verheimlichte, erklärte indes, es gehöre zur islamischen Ethik, mit Männern, mit denen man nicht verwandt sei, einen neutralen Umgang zu pflegen. Dabei helfe der Nikab, den sie gegen den Willen ihres Mannes trage. Für sie persönlich sei der Nikab keine Pflicht, erleichtere aber das Ausüben ihres Glaubens. Allerdings werde sie zur Zielscheibe gesellschaftlichen Drucks. „Der größte Unterschied zwischen Mann und Frau liegt im Gehirn“, sagte sie, um auf visuell orientierte Denkweise der Männer anzuspielen. „Es gibt auch noch andere Unterschiede“, rief Schümer, und Julia Klöckner warf ein: „Aber ich sehe auch gern schöne Männer.“ Plasberg witterte Sexismus und lenkte mit der Frage ab, ob Monika B. auswandern würde, sollte die Verschleierung verboten werden. „Nein, weil ich hier meine Familie habe“, sagte sie, aber frei fühle sie sich dann nicht mehr. Deutschland entwickele sich in eine Diktaur. „So wie Saudi-Arabien?“, fragte Schümer, und das Publikum hatte einmal mehr etwas zu lachen.
Am Ende der Sendung wurde jenes berühmte Pressefoto aus Nizza gezeigt, auf dem eine Muslima vor bewaffneten Polizisten einen Teil ihres Burkinis ablegt. Das Bild sorgte einmal mehr für Empörung und Ablehnung. Schade, dass die „hart aber fair“-Redaktion nicht erwähnte, dass es mittlerweile Zweifel in der Aussage des Bildes gibt. Das Narrativ, die Muslima sei zum Ablegen des Burkinis aufgefodert worden, sei mehr als fraglich, berichtete bereits Ende August der Branchendienst Meedia.
Bei Stichproben haben die Redakteure der Sendung in Berlin zwei, in München und Bonn je 20 Frauen in Nikab gesichtet. Dass die islamische Vollverschleierung im Deutschland des 21. Jahrhunderts eine so große Rolle spielt, finden Gegner wie Befürworter alles andere als amüsant. Plasbergs Sendung immerhin sorgte für Heiterkeit. (pro)
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