Ferien von Gott: Atheisten betreiben Jugendcamp

Wer seinen Nachwuchs in garantiert religionsfreie Ferien schicken möchte, dem bieten atheistische Organisationen traumhafte Möglichkeiten. Jahr für Jahr laden sie in humanistische Camps ein - seit 2008 auch in Europa. Dort referieren sie über berühmte Atheisten und erklären, warum Moral nichts mit Glaube zu tun hat.
Von PRO

Lagerfeuer machen, bei einer Schnitzeljagd durch den Wald toben oder Kanufahren – bald beginnt die Ferienzeit, und für viele Kinder geht es dann ins Freizeitcamp, wo sie ihre Tage mit Aktivitäten rund um die Natur verbringen und vor allem die Gemeinschaft in der Gruppe pflegen. Das alles passiert auch im vor einem Jahr gegründeten „Camp Quest UK“. Doch wo andere Kinder Theaterstücke einüben oder Lieder singen, wird in dem britischen Ferienlager über die Evolution oder die Trennung von Staat und Kirche gesprochen. Denn „Camp Quest“ will nach eigenen Angaben eine „gottlose Alternative“ zu den überwiegend christlichen Sommercamps in Europa, Kanada und den USA sein. Seit 1996 gibt es den Heidenspaß, vorerst nur in den USA und Kanada. In diesem Jahr öffnet auch ein Camp in der englischen Grafschaft Somerset seine Tore, wie die „Süddeutsche Zeitung“ berichtet.

„Frei von religiösen Dogmen“

Die Veranstalter garantieren, dass ihr Camp „frei von religiösen Dogmen“ ist. So erfahren die Teilnehmer etwa, dass es ethische Moralvorstellungen auch unabhängig von Religion gibt. In Veranstaltungen und Referaten lernen die Kinder und Jugendlichen berühmte Atheisten der Weltgeschichte kennen, etwa beim nach jeder Mahlzeit stattfindenden Spiel „Famous Freethinkers“ (bekannte Freidenker). Dabei referieren einige Camper die Lebensgeschichten verschiedener Philosophen oder Wissenschaftler.

Damit der Nachwuchs das unabhängige Denken auch selbst praktiziert, gibt es in jedem Jahr das Spiel der „unsichtbaren Einhörner“. Den Teilnehmern wird die Geschichte zweier Fabelwesen erzählt, die in dem Camp leben. Niemand kann sie sehen, hören oder fühlen, aber sie sind da. Eine geheime Schrift berichtet von ihnen, aber auch diese darf niemand sehen. Wer beweisen kann, dass es die beiden Einhörner nicht gibt, dem winkt ein wahrhaft atheistischer Preis: In den USA bekommt der Sieger einen Hundert-Dollar-Schein, der vor 1957 gedruckt wurde und deshalb nicht den amerikanischen Grundsatz „In God We Trust“ trägt. In Großbritannien ist der Hauptpreis ein Zehn-Pfund-Schein mit einem aufgedruckten Darwin-Portrait. Dass der Beweis wohl nicht ganz so leicht zu erbringen ist, zeigt die geringe Erfolgsquote der Nachwuchs-Freidenker: Bisher wurden die Scheine noch nie vergeben.

Zum Darwin-Jahr: Extrastunden über Evolution

Passend zum Darwin-Geburtstag beschäftigen sich die 8 bis 17-jährigen Besucher des Camps in diesem Jahr überwiegend mit dem Thema „Evolution“. Auf der Homepage der atheistischen Veranstalter ist etwa das Video „Die Theorie der Evolution leicht gemacht“ zu sehen, das eine Antwort auf die christliche Lehre der Schöpfung geben soll. Neben Schwimmausflügen und Grillsessions suchen die Kinder und Jugendlichen Fossilien.

Antireligiös wollen sich die Veranstalter nicht nennen. Sie förderten Toleranz und Verständnis, heißt es auf der Homepage von „Camp Quest“. Letztendlich sei es egal, woran man glaube, das Camp stehe auch religiösen Menschen offen. Dennoch, wenn in Großbritannien ein atheistisches Sommercamp öffnet, kann einer mit Sicherheit nicht weit sein: der Religionskritiker Richard Dawkins. Wie die Zeitung „Sunday Times“ berichtet, unterstützt der „Gotteswahn“-Autor das Ferienlager finanziell durch seine Stiftung. Zudem können sich die potenziellen Sieger des „Einhorn-Spiels“ über ein Autogramm des Atheisten freuen.

Parallelen zur Buskampagne

An der amerikanischen „Camp Quest“-Ausgabe ist auch die „American Humanist Association“ beteiligt, jene Gruppierung, die bereits die atheistische Buskampagne in den USA vertrieben hatte. Auch die Entstehungsgeschichte des atheistischen Ferienlagers erinnert ein wenig an die der Busplakate, die auch in Europa durch Hauptstädte rollen. Während letztere ein Aufbäumen gegen christliche Plakatierungen in öffentlichen Verkehrsmitteln war, wurde die Idee von „Camp Quest“ geboren, weil dem heutigen „Council of Secular Humanism“, einer Vereinigung zur Förderung der Säkularisierung, zu Ohren gekommen war, dass nichtreligiöse Teilnehmer aus dem Jugendverband der „Boy Scouts of America“, den amerikanischen Pfadfindern, ausgeschlossen worden waren. Um dieser vermeintlich christlichen Dominanz zu begegnen, wurde 1995 die Entscheidung zur Gründung des atheistischen Ferienlagers getroffen. Ein wohl erfolgreiches Konzept: Das Ferienlager in Großbritannien ist für dieses Jahr mit 24 Teilnehmern bereits ausgebucht. (PRO)

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